MARTINA ZENDER Das war mal wieder ein besonders interessantes kulinarisches Jahr mit vielen Neu­eröffnungen und zwei neuen Michelin-Ster­nen. Darunter auch das beim kulinarischen Rückblick des vergangenen Jahres als beste Neueröffnung beschriebene Restaurant Argos. Mehr und mehr entpuppt sich die Insel als Gourmet-Reiseziel. Wer hier wohnt, kann sich glücklich schätzen über das üppige und vielseitige Angebot. Wobei natürlich auch einige Lokale dabei sind, die - ein wenig böse formuliert - ihre Speise­karten mit Nullachtfünfzehn-Angeboten für Mainstream-Gelüste basteln und einen Mix aus Wok-Gerichten, Pasta, Pizza, Ceviche und Spareribs feilhalten. Unsere Empfehlungen aber gehören definitiv nicht dazu.

Zweitlokale von Meistern

Unbestritten ein spektakuläres Highlight ist das neue Lokal Baiben von Zwei-Sterne-Koch Fernando P. Arellano, der den früheren Räumlichkeiten des Tristán in Port Portals optisch wie kulinarisch einen frischen peppigen Wind eingehaucht hat. Entsprechend rasch ist das Baiben zum angesagten Treffpunkt avanciert. Seine Konkurrenten müssen sich wappnen, zumal Arellano auch preislich seine Hafen-Mitstreiter unterbietet. Geschmacklich werden vor allem im Bereich ­BrassBaiben kunstvoll arrangierte kleine Gerichte aus aller Welt geboten, die nur noch durch die außergewöhnlichen Cocktails von Barchef Rafa Martín (Brassclub) überboten werden. Aber auch das auf den Punkt gereifte Fleisch - etwa Simmentaler Fleckvieh -, die Reisgerichte oder die vielen anderen Köstlichkeiten überzeugen.

www.baibenrestaurants.com

Wer das neue Lokal Dins von Santi Taura besuchen will, muss durch die Küche seines „alten" Restaurants hindurch und kommt so in einen minimalistisch eingerichteten und von zwei großen von Santi Taura selbst gemalten Bildern dominierten Raum, der nur 16 Personen Platz bietet. Dort wartet ein exquisites, circa 13- bis

15-gängiges Menü. Taura bleibt dabei seinen balearischen Wurzeln treu, begeistert gleichzeitig aber durch spannende Varia­tionen. www.restaurantsantitaura.com

Miquel Calent, der schon seit rund 12 Jahren sein Restaurant Ca´n Calent in Campos erfolgreich führt und als Juror in Kochsendungen von IB3 zu Ruhm gekommen ist, hat nun auch in Palma sein Refugium: Cuit. Im achten Stock des Boutique­hotels Nakar sitzt es sich prächtig beim Blick über die Stadt und Calents neu interpretierten mallorquinischen Gerichten. Facebook: Cuit Restaurant

Und schließlich ist da noch unser MZ-Autor, der Sternekoch Marc Fosh. Er wechselte nicht nur den Namen seines Sterne-Restaurants von Simply Fosh auf Marc Fosh, sondern eröffnete gleich zwei neue Lokale in Palma: Im Fosh Kitchen wird unter Leitung von Miki Tsigaras mediterrane feine Küche serviert - vom Libanon bis Spanien. Und das Fosh Lab gilt als Experimentierstube der Fosh-Gruppe mit regelmäßig wechselndem Küchenstil. Zuletzt war Asien das Motto, das Küchenchef Raúl García perfekt umsetzte. Wie es nach der Winterpause (im Januar geschlossen) weitergeht, ist noch nicht ganz klar: Definitiv aber wird es exquisit. Dafür wird auch der neue Supervisor-Chefkoch Simon Petutschnig sorgen, den Marc Fosh gerade zusätzlich aus dem Quadrat (Hotel Sant Francesc) abgeworben und engagiert hat. www.marcfosh.com

Jung und kreativ

Neue Wege beschreiten und dabei Genussfreudigen ein fast schon intimes Erlebnis zu gönnen, ist die Devise im Clandestí, das Ende August von dem jungen Paar Pau Navarro (Chefkoch) und Ariadna Salvador (Desserts und Assistenz) mitten im Haushaltswarengeschäft Cocinaria in Palma eröffnet wurde. Die beiden kochen für eine überschaubare Gruppe von 12 Leuten(bei größeren Gruppen wird zusätzlicher Platz geschaffen) köstliche und kreative Menüs, wobei Pau Navarro stets seine mallorquinischen Wurzeln im Sinn behält. Seit Eröffnung steigt die Beliebtheit von Tag zu Tag, eine frühzeitige Reservierung ist daher unbedingt angeraten. Zudem haben die beiden die Zeiten geändert: Sie kochen jetzt Mi.-Sa. mittags und Do.-Sa. abends. Facebook: Clandestí taller gastronòmic

Ebenfalls freudig überrascht war man als in Llucmajor wohnende Schreiberin dieser Zeilen, dass in diesem Ort und sogar am zentralen Platz ein neues gutes Restaurant seine Pforten geöffnet hat. Das Tomates Verdes ist entgegen der ersten Assoziation kein vegetarisch-veganes Lokal, sondern serviert feine mediterrane Küche. Chefkoch Carlos Sierra konnte sogar dieses Jahr den Kochwettbewerb „Trofeo Homenaje a Mestre Tomeu Esteva" gewinnen und nahm am Halbfinale des spanien­weiten Wettbewerbs „Koch des Jahres" teil. Facebook: Tomates Verdes Restaurant & More

Auch im Südosten der Insel war ein jung-dynamischer Herr zugange, der Deutsch-Spanier Daniel Stankewicz González. Er brachte das Restaurant Es Clos mit dem neuen Namen Jade erneut zum Blühen und hat sich mit seiner Equipe schon eine treue Stammkundschaft erkocht. Dabei spielt neben den wohlschmeckenden Gerichten sicherlich das attraktive Ambiente mit einigen von Pflanzen umgebenen schönen Terrassen eine entscheidende Rolle. www.jadebyesclos.com

Klassisch mit Kick

Eine traditionell gute, vorrangig spanische Küche, aber mit dem gewissen Etwas bekommt man in den folgenden

Restaurants, die uns in diesem Jahr aufgefallen sind. Auf festem Kurs, was auf Spanisch Rumbo Fijo heißt, befindet sich das Betreiberpaar des gleichnamigen Restaurants in Can Pastilla, Begoña Arroyo und Jorge Fijo. Vorrangig spanische Spezialitäten, die modernisiert und variiert zubereitet werden - und das zu fairen Preisen. Gerade erst haben sie auch ihren Innenhof, mit seinen idyllischen Nischen das Highlight ihrer Genuss-Enklave, winterfest gemacht, so­dass man ihn auch bei kälteren Temperaturen nutzen kann. Facebook: Rumbo Fijo

Wer sein Ess-Erlebnis mit einem Höhlenbesuch kombinieren will, hat im Ses Coves de Génova auf Wunsch dazu Gelegenheit, denn zum Traditionslokal gehören auch die Genóva-Höhlen. Neu seit diesem Jahr ist der Betreiber Alfonso Robledo (gleichzeitig Präsident der Restaurant­vereinigung), der einige Klassiker beibehalten hat - wie das Calçots-Essen in den Wintermonaten -, aber ansonsten das Lokal nicht nur renoviert, sondern auch das Speise-

angebot modernisiert und qualitativ ange­hoben hat. Facebook: Ses Coves de Génova.

Der langjährige Wegbegleiter von Marc Fosh, Jaime Cáceres, hat sich gemeinsam mit einem anderen Fosh-Partner, Kevin Becker, Anfang des Jahres mit einem eigenen Lokal, dem Don de Gentes in Cala Major selbstständig gemacht. Das Lokal liegt jenseits aller „Lauflinien", hat aber wegen der guten Mundpropaganda regen Zulauf. Gekocht wird spanisch-international. Facebook: Don de Gentes

Michael „Miquel" Laudat kümmerte sich jahrelang fürsorglich um das Wohl der Gäste des Restaurants im Landhotel Reserva Rotana. Nun hat er sich selbstständig gemacht, sein Laudat eröffnet und dafür ein altes Arzthaus in Santanyí aufwendig renoviert. Vor allem auf der schönen hinteren Terrasse des Restaurants fühlt man sich wohl, zumal wenn man die gehobenen mediterranen Gerichte verspeist. Facebook: Laudat

Der wunderschöne Garten samt Brunnen, Pergola und Gemüsebeet des Restaurants Es Jardí de Can Costa ist in dieser Form einzigartig für Palma, auch wenn man dafür ein wenig an den Stadtrand nach Pont d´Inca fahren muss. Wobei man sagen muss, dass auch das geschmackvoll eingerichtete Innere mit viel Kunst und Stil überzeugen kann. Das Betreiberpaar Pilar Rodríguez und César Soto muss zwar seit Kurzem ohne ihren Chefkoch Marcos Presedo klarkommen, denn dieser hat ins Es Fetget nach Son Servera gewechselt, aber sein Nachfolger, der ehemalige Souschef, macht seine Sache gut. www.esjardidecancosta.com

Unbeschreiblich weiblich

Es ist erstaunlich, wie viele Frauen um die 50 ihrem alten Beruf Lebewohl sagen und voller Leidenschaft beginnen, die Kochlöffel zu schwingen. So legte eine Quizshow den Grundstein für das Restaurant Infineat im Santa-Catalina-Viertel von Cati und Neus Périkas. Die ehemaligen Bankangestellten betreiben das Lokal gemeinsam mit einem befreundeten Koch und bieten spanisch-internationale Gerichte, ohne sich auf Schubladen oder spezifische Länderküchen festzulegen. Facebook: Infineat

Die ehemalige Event- und Kulturmanagerin Pilar Aguiló wiederum kocht begeistert und erfolgreich in ihrem neuen Ca Sa Nina in Puigpunyent. Dort kommt traditionelle spanisch-mallorquinische Küche von Tapas über pa amb oli bis hin zu arròs brut auf den Tisch. Dazu gibt es ab und an Live-Musik - und zwar meist von der eigenen Familie, denn Aguiló ist mit einem bekannten Jazzmusiker verheiratet, hat zwei musizierende Söhne und drei nicht minder renommierte Profimusiker als Brüder. Facebook: Ca Sa Nina

Die Baskin Garbiñe Legarrete Olarra war Verwaltungsangestellte, bevor sie sich entschloss, ein Lokal mit Spezialitäten aus ihrer Heimat am Rand vom Santa-Catalina-Viertel zu starten. Sie nennt es Taberna Jai-Alai. Das ist zum einen ein Begriff aus dem baskischen Volkssport Pelota, zum anderen die baskische Bezeichnung für ein fröhliches Fest. Von pintxos bis Rinderbäckchen, Kalmar-Ringen (rabas de calamar) und Bacalao ist alles zu bekommen, authentisch gekocht und zu fairen Preisen. Ab und an treten auch baskische Musiker in ihrem Lokal auf. Facebook: Taberna Jai Alai Palma

Gerade erst berichteten wir über das La Fondue des Ehepaars Toni Bueno und Margo de Juan. Sie arbeitete ihr Leben lang als Pharmavertreterin, bis sie die Medikamenten-Blister mit dem Fonduetopf tauschte. Tipp: das Käsefondue im Brotlaib. Darüber hinaus gibt´s auch Tapas, Steak Tartar oder Entrecôte mit Foie. Facebook: La Fondue

Im Xolotl, dem neuen mexikanischen Restaurant an der Plaça del Progrès, wirbelt in der Küche die ehemalige Apothekerin Cecilia Gutiérrez, mit 55 die Älteste unserer Powerfrauen-Runde, und kocht Typisches aus ihrer Heimat wie tacos, tamales, tostaditos oder enchiladas. Tochter und Schwiegersohn sind an ihrer Seite, ein anderer Sohn steuerte das schöne Bild vom hundsköpfigen Gott Xolotl hinzu, eine weitere Tochter designte die Gastro-Uniformen -

ein sympathisches Familienunternehmen. Facebook: Xolotl

World Food

Von Mittel- nach Südamerika geht es mit dem nächsten Lokal, denn Venezuela ist die Heimat von Eloy Contreras, der sich mit dem Lokal Es Candela nahe der Plaça del Progrès einen Traum erfüllte. Authentische leckere Küche von arepas über die Meeresfrüchte-Fisch-Suppe fosforera, Ceviches und die Reis-Fleisch-Speise pabellón criollo sowie spannende Cocktails kommen zu günstigen Preisen auf den Tisch. Besonders schön ist auch die Dekoration mit den farbenfrohen Masken der Teufel von Yare. Und an gewissen Tagen gibt´s sogar Live-Musik on top. Facebook: Es Candela

Im neuen Kuroböta an der Plaça del Progrès degustiert vorzugsweise eine jüngere Klientel japanische und koreanische feine kleine kreative Speisen, zu denen ganz vorzüglich spezielle Cocktails passen, die Barchef Sergio Toffoli erfunden hat. www.kurobota.com

Ein Gastro-Neuling ist der Ex-Politiker Antoni Vera. Trotzdem wagte er den Start ins Restaurant-Business mit seinem Sumailla am Hafen von Port d´Andratx. Und weil es sonst dort wenige Asiaten gibt, holte er den Argentinier Mauricio Farinola an seine Seite, der die hohe Kunst der peruanisch-asia­tischen Küche sowie des Sushis von einem Meister gelernt hat. Facebook: Sumailla

Ein junger cleverer Chinese namens Fang Ji Zhao, dem glutenfreie Speisen, Frische und Authentizität wichtig sind, eröffnete nahe des Pere-Garau-Markts das chinesische Restaurant Bao Lai Ju mit der Mutter im Service, dem Vater in der Küche und lackierten Enten, die dekorativ im Fenster hängen, bevor sie den letzten Teil ihrer aufwendigen Zubereitungszeremonie absolvieren und auf den Tellern zufriedener Kunden landen. Tipp ist auch das dreigängige Mittagsmenü mit reichlich Wahlmöglichkeiten für 8 Euro. Facebook: Bao Lai Ju.

Auch an der Playa de Palma ist der Asien-Hype angekommen. Dort hat der Platzhirsch, die Ferrer Gruppe, aus ihrem Bierstraßen-Veteran Köpi in vorderster Linie der Promenade ein modernes, hippes Lifestyle-Lokal namens Bonito gezaubert -mit dem Fokus auf trendige Asienküche, was die früheren Bierfreunde ein wenig abschrecken­ wird, aber all jene, die auch an der Playa gerne stilvoll essen wollen, anzieht. www.enjoyinternational.es