Er hat so ein spitzbübisches Lachen. Es lässt ihn weitaus jünger wirken als 50. Im Privatleben sei er schüchtern und möge es, wenn alles in gelenkten Bahnen verläuft, sagt er. Nur bei der Arbeit, da sei es anders. Dem Fotografen sagt er: „Ich will kein langweiliges Bild machen." Dann klettert er in die Mülltonne im Café Simple im Viertel Santa Catalina in Palma und steckt den Kopf durch die Öffnung.

Antonio Fernández-Coca spricht schnell und voller Enthusiasmus. Über seine Arbeit als Dozent für technisches Zeichnen ebenso wie über seine Tätigkeit als Leiter der Kommunikationsabteilung der Balearen-Universität (UIB). Und auch über die Arbeit, die ihn auf Mallorca und darüber hinaus bekannt gemacht hat: die Illustration. Seine jüngstes Werk auf diesem Gebiet: das Plakat für die diesjährige Sant-Sebastià-Feier, dem Stadtfest von Palma am 19. Januar.

Fernández-Coca stammt aus Sevilla. Eigentlich wollte er Journalist werden, aber die Familie hatte kein Geld, damit er außerhalb der Heimat studieren konnte. Also schrieb er sich für Bildende Künste ein. Da er nicht wirklich zeichnen konnte, nahm er zuvor noch Kurse. „Im Sommer, bei 40 Grad, während meine Familie am Strand lag."

Später arbeitet er beim Fernsehen und absolviert einen Master-Studiengang, mit dem beim Abschluss 1991 viele noch nichts anfangen können: Multimedia und 3-D-Animation. An der UIB macht er 2003 seinen Doktor in Informatik. Und nebenbei zeichnet er seit dem Studium. Ab Ende der 90er-Jahre gestaltet er unter anderem Titelblätter und Seiten für spanische Zeitungen wie „El País" und „La Vanguardia".

Das alles wirkt zusammen­genommen vielleicht etwas diffus. Aber für Fernández-Coca macht das durchaus Sinn. Er will immer möglichst alle Aspekte umfassen. 360 Grad heißt seine Website. Ihm reicht es nicht, Webdesign zu beherrschen. Er will auch die technischen Grundlagen dafür kennen. „Meinen Studenten sage ich das immer: Um zu lernen, müsst ihr nicht nur üben. Schaut euch die Arbeiten von anderen Zeichnern an. Schaut euch Gemälde von den alten Meistern an. Lest."

Schlicht ist das „Sant Sebastià"-Plakat auf den ersten Blick. Wir sehen einen Pfeil, der ein Brot und eine Sobrassada durchsticht. Daneben den Namen des Festes. Doch dahinter verbirgt sich mehr. Der Heilige Sebastian wurde mit Pfeilen getötet. Das Fleisch, das zur Feier geröstet wird, spießt man auf. Dazu wird Brot gegessen. Der Name Sebastià ist auf dem Plakat aufgeteilt: in Sebas und Tià, die beiden Spitznamen, die auf der Insel für Sebastiàs am geläufigsten sind.

„Wenn ich etwas illustriere, möchte ich vorher alles wissen", sagt er. Ein paar Mal hat er große Wandbilder für die Kinderabteilungen in Krankenhäusern wie etwa in Son Espases gemacht. „Bevor ich überhaupt anfange, mir Gedanken zu machen, spreche ich mit den Ärzten und den Pflegern. Ich möchte wissen, warum die Kinder hier sind und wie lange sie bleiben werden. Wenn in einem Raum etwa Spritzen gegeben werden, muss ich wissen, auf welcher Höhe sie sitzen, was sie in dem Moment im Blickfeld haben."

Fernández-Coca will mit seinen Illustrationen Geschichten erzählen. Sie sollen auch nach mehrmaligem Hingucken immer noch etwas Neues erzählen können. In einer Bar hat er mal eine Wand bemalt. Sie erzählt die Geschichte von dem, was an einem Tag in der Bar passiert. „Letzten Endes ist es mir egal, ob ich eine Geschichte schreibe, mündlich erzähle oder zeichne."

Zeichnen, sagt er, kann jeder lernen. Das sei einfach eine Technik. Er habe es schließlich auch irgendwann beigebracht bekommen. „Das, was vielleicht schwieriger zu lernen ist, ist die Beobachtungs­gabe." Angstfrei sei er, das sei wichtig. „Ich fürchte mich höchstens vor einem Fallschirmsprung." Nur wenn man keine Angst habe, neue Sachen zu entdecken, könne man ein offenes Weltbild behalten.

Eine große Rolle spiele die Leidenschaft für das Projekt. Nicht nur bei ihm, sondern auch bei seinem Auftraggeber. „Wenn du mir ein Projekt verkaufst, muss ich sehen, dass du deine Seele hineingesteckt hast. Letztlich geht es darum, etwas zu verkaufen. Das kann ein Produkt sein, aber auch ein Gefühl."

Das Plakat zu Sant Sebastià ist in gewisser Hinsicht ungewöhnlich. Nicht nur, weil die großen Augen fehlen, die viele seiner Arbeiten schon seit Beginn seiner Zeichentätigkeit charakterisieren. Auch, weil er sonst nur als Illustrator arbeitet, wenn jemand an ihn herantritt. Für das Plakat aber hat er an einem Wettbewerb teilgenommen.

Anonym, versteht sich. „Als ich den Anruf bekam, habe ich vor Freude geschrien", sagt er. „Es ist für mich eine große Ehre, nicht nur, weil mein Plakat für so ein wichtiges Fest der Stadt ausgesucht wurde. Sondern auch, weil sie es nicht genommen haben, weil sie mich kannten. Es bedeutet mir deshalb viel mehr als andere Auszeichnungen."

Verführung ist ein Wort, das Fernández-Coca während des Interviews immer wieder benutzt. Liebe machen ein anderes. Etwa wenn er über den Prozess des Zeichnens spricht. „Wer schnell etwas aufs Papier bringt, wird nicht glücklich. Man muss sich in ein Projekt verlieben." Aber auch, wenn es darum geht, wie er seinen Studenten sein Konzept der 360-Grad-Weltsicht nahebringt. Verführung natürlich hier im übertragenen Sinne. „Es stimmt, dass die jungen Leute heute nicht mehr die Allgemeinbildung haben wie vor ein paar Jahren", sagt er. „Aber der Mensch ist faszinierend. Ich versuche, mit ihnen in einen Dialog zu treten, um zu sehen, wo ich sie abholen kann. Und dann zeige ich ihnen spielerisch Möglichkeiten auf, ihr Weltbild zu erweitern. Nach ein paar Wochen merkt man, dass sie anfangen, anders zu denken."