Auf dem Weg zur Arbeit stapelt Toni Canoves Paletten auf den Anhänger seines Fahrrads. Er kreuzt dabei den Polígono Son Castelló, wo er regelmäßig fündig wird. Seine Transporte stapelt der Schreiner am Rande des 3.000 Quadratmeter großen Ökogartens von NaturalMent - ein Wortspiel im Katalanischen aus „naturalment" (natürlich) und „Ment" (Geist oder Intellekt). Die Vereinigung entwickelte sich aus der Protestbewegung der indignados, die im Mai 2011 mit landesweiten Massendemonstrationen und Camps gegen die etablierten Parteien, Finanzwirtschaft und Kapitalismus protestierte.

Zum Konzept der 70 Mitglieder gehört neben dem ökologischem Anbau, das Zubehör im Garten aus recyceltem Material herzustellen. „Auf 24 Millionen Paletten unterschiedlicher Bauart wird in Spanien Ware transportiert", berichtet Canoves. Nur die Europaletten wären mehrwegfähig, alle anderen Modelle landeten auf dem Müll oder eben im Garten von Son Sardina. Dort hat der carpintero mit 35 Jahren Berufserfahrung eine Werkstatt eingerichtet mit allen Werkzeugen, die er für die Holzbearbeitung braucht.

Kürzlich leitete er einen Workshop - die Teilnehmer bauten aus vier gleich großen Paletten vertikale Mini-Beete. „Sie könnten leere Terrassen und langweilige Mauern in blühende Gärten verwandeln", sagt er.

Die Holzbearbeitung

„Die Hauptarbeit ist die Oberflächenbehandlung des Holzes", sagt der Mallorquiner. Die Palettenbretter sind in ihrem Urzustand rau und rissig, unbehandelt könnte man sich später beim Gärtnern an dem groben Holz verletzen. Deshalb zeigte er den Teilnehmern, wie man mit dem Hobel die groben Holzfasern abnimmt und danach mit dem Schwingschleifer die feinen Fasern glättet. Die Ecken und Kanten wurden mit grob- und feinkörnigen Feilen bearbeitet.

Die sorgfältige Oberflächenbehandlung hat aber auch den Zweck, die Flächen für Anstriche vorzubereiten, die das Holz witterungsbeständig machen und auch vor überschüssigen Gießwasser schützen sollen. Weil im Biogarten absolut giftfrei gearbeitet werden muss, beschäftigt sich Canoves schon lange mit umweltfreundlichen Anstrichen. „Sie wurden auf der Insel eingesetzt, bevor die chemischen Mittel mit toxischen Zusätzen den Markt beherrschten", berichtet er. Eines der klassischen Holzschutzmittel der Insel ist Leinöl. Diesem setzt er, wie auch gelöschtem Kalk, natürliche Farbpigmente zu. Der Nachteil der Bio-Anstriche: Man muss sie jedes Jahr neu auftragen.

Den Holzanstrich konnten die Workshop-Teilnehmer nicht ausführen, für den Einsatz mit Pinsel und Farbe muss es wärmer sein.

Nach dem Schleifen und Feilen stellten sie jeweils zwei Paletten aufeinander und schraubten an den Seitenwänden Bretter an, die ebenfalls von Paletten stammen und für Stabilität sorgen. Mit einem Werkzeug, das im deutschen „Kuhfuß" genannt wird und im Spanischen pata de cabra, entfernte der Schreiner vor Kursbeginn die Nägel aus einer seiner Paletten.

Deren ehemaligen Fußleisten nebst Blöcken lassen in der Vertikalen Platz für Erde und Wurzeln. Doch zuvor werden sie innen mit wasserdichter Unkrautfolie verkleidet, die mit einem Hand- oder Elektrotacker befestigt wird. Empfehlenswert ist weiterhin pro Pflanze ein Tröpfchenbewässerungsanschluss, damit sparsam und gezielt gegossen werden kann.

Die Bepflanzung

Nach Fertigstellung der Mini-Beete kam der Kälteeinbruch, und es war nicht ratsam, bei diesem Wetter zu pflanzen, auch wenn die Beete, die im vergangenen Jahr gefertigt wurden und mit Erdbeeren bepflanzt sind, jetzt im Januar schon die ersten Früchte zeigen. „Es ist besser zu warten, bis es wärmer wird", sagt Carlos Amengual. Er ist einer der Gründer von NaturalMent und kümmert sich um den ökologischen Anbau des Gemüses auf dem Anwesen.

Amengual empfiehlt als Subs­trat eine Mischung aus einer Hälfte pflanzlicher Erde und einer weiteren aus Kompost oder dem noch nährstoffreicheren Wurmkompost. Von der als ebenfalls umweltfreundlich geltenden Kokosfaser als Substrat rät er ab. „Der fibra de coco können Nährstoffe nur mit chemischen Düngemitteln zugeführt werden", sagt Amengual. Diese darf und will man im Bioanbau nicht einsetzen.

Zurück zu den Erdbeeren: Diese mehrjährige Pflanze eignet sich bestens für die Pflanzkästen aus Paletten. Sie bilden nur kleine Wurzelballen und lassen ihre Früchte über die Pflanzkästen nach außen hängen, sodass sie nicht mit der Erde in Berührung kommen. Züchter von Freilanderdbeeren verhindern den Erdkontakt der Früchte mit Stroh oder Holzwolle.

Für die schmalen Pflanzkästen eignen sich ebenso aromatische Pflanzen wie Thymian, Minze und Oregano, die es gewohnt sind, mit wenig Platz auszukommen. Oder aber Petersilie, Koriander, Dill und Schnittlauch. Aber auch Blühpflanzen, die im biologischen Anbau in die Nähe der Beete gepflanzt werden, damit sie mit ihren Blüten Bienen und andere Nektar­sucher anziehen: Ringelblumen und Kapuzinerkresse. Die Studentenblume (tagetes) sorgt dagegen dafür, dass Ungeziefer fernbleibt.

Ebenfalls geeignet sind - so Amengual - Hülsenfrüchte wie Erbsen oder Bohnen oder auch Schmetterlingsblütler wie Blattsalate, Spinat und Mangold, die jedoch viel Nährstoffe brauchen.

Wenig Nährstoffe und so gut wie kein Gießwasser benötigen in den Pflanzkästen hingegen Sukkulente und Kakteen, deren Wurzeln mit wenig Raum auskommen.

Toni Canoves hat noch viel vor mit den Paletten. In einem Ordner sammelt er Konstruktionszeichnungen für Pflanztische, Kompostbehälter, Zäune und Gartenwege aus Holzbrettern. Die Teilnehmer künftiger Workshops werden auch die etwas komplizierteren Schreiner­arbeiten bei ihm lernen können.

Paletten-Recycling: NaturalMent, C/. de Passatemps, 07120 Son Sardina, Palma, Tel.: Toni Canoves: 871-94 14 19, Carlos Amengual: 636-54 58 21