Wieder einmal folgen wir den Spuren eines Kochs, in diesem Fall einer Köchin, um zu erfahren, wo sie die Zutaten für ihr Restaurant bezieht. Diesmal begleiten wir Maria Solivellas vom bekannten Restaurant Ca na Toneta in Caimari. Obst und Gemüse baut sie in ihrem eigenen Biogarten an.Rote Schafe und weiser Mann

Doch wenn es um Käse geht, ist Llorenç Payeras ihr Ansprechpartner. „Ein weiser Mann. Er weiß einfach alles über Landwirtschaft und Produkte", so Maria Solivellas über den 56-Jährigen, der zwischen Inca und Binissalem seinen Hof Can Morey hat. Der studierte Agraringenieur hat 2007 angefangen, Schafe zu halten, und zwar von der hiesigen Rasse ovella roja mallorquina. Später kamen Ziegen hinzu. Doch „geistige und körperliche Aktivität müssen im Einklang sein", wie er sagt. Daher schreibt Payeras Bücher („veröffentlicht habe ich bislang 19, geschrieben noch einige mehr"). Zudem arbeitet er als Lehrer auf einer gemeinnützigen Finca, die Menschen mit unterschiedlichen Behinderungen eine landwirtschaftliche Ausbildung ermöglicht.

Sein Wecker klingelt morgens um fünf Uhr. Bevor er zu seinem Lehrerjob aufbricht, muss er alle seine Tiere füttern und pflegen. Wenn er dann gegen 15 Uhr wiederkommt, geht es weiter. Maria Solivellas und er kennen sich schon seit vielen Jahren. Beide sind engagierte Slow-Food-Aktivisten. Es war Maria, die seinen Käse 2008 als Erste in ihrem Restaurant nutzte. Bis heute kauft sie regelmäßig bei ihm Schafs-, Ziegen- und Frischkäse. Letzteres, den brossat, macht ­Payeras extra für sie. Auch andere ­Restaurants wie Son Brull, Santi Taura oder das Jardín von Sterneköchin Macarena de Castro sind regelmäßige Kunden.

Payeras hat das Käsen bei drei alten Meistern gelernt und hält sich bis heute an ihre Anweisungen. Seine roten Schafe geben weniger Milch, aber dafür bessere Milch. Die rohe Milch reichert er mit dem pflanzlichen Gerinnungsmittel, cuajo vegetal an (einer Arti­schocken-Variante), und die Käsemasse presst er durch Gazetücher. Weil dies alles einfacher klingt, als es ist, und vor allem viel Zeit kostet, gibt es auf der Insel niemand, der seine Methoden kopiert.

„Auch ich bin nicht perfekt, mein Käse ist sozusagen 'wild': Er lebt und ist unberechenbar", sagt Payeras. Wenn er nur etwas von dem Gerinnungszusatz zu viel nimmt, werde der Käse bitter. Aber das passiert sehr selten. Payeras macht alles allein. Auch deswegen hat er seine Herde von einst 220 Schafen mittlerweile halbiert. Seinen Käse verkauft er ab Hof. Es gibt ihn aber auch in einigen Feinkost- und Bioläden sowie in der Sa Formatgeria in Palmas Carrer Oms. (1 kg Schafskäse: 30 Euro.)Des Müllers Mühle

Weiter geht es in den Norden nach Sa Pobla. Hier lebt Sebastià Torandell. Er ist Müller, wie schon sein Vater. Die Mühle Ca's Siulet selbst ist nur etwa drei Monate jünger als er, wie er mit einem schelmischen Grinsen im Gesicht erzählt. Auch sie ist 75 Jahre alt. Ihr Kernstück, ein circa zwei Tonnen schwerer Stein, ist bis heute derselbe. Beide, Mann und Mühle, sind noch gut in Schuss. „Wir haben nur minimale Reparaturen gehabt, und auch der Motor, der alles antreibt, musste nur einmal ausgetauscht werden", erzählt der rüstige Müller, der nicht ans Aufhören denkt.

Den größeren Verdienst machen er und seine Tochter allerdings mit dem Verkauf von Biodünger, Blumen und Tierfutter. Nur circa alle zwei Wochen schmeißt Torandell die Mühle an. „Hauptsächlich mahle ich auf Bestellung, dann ist das Mehl auch frisch." Etwa 30 Prozent davon sind weiterhin Weißmehl. Nach dem Bürgerkrieg hatte man kaum Weizen oder anderes Getreide. Da wurde viel mit Ersatzstoffen gearbeitet und Mais untergemischt. Später war Weißmehl das Mehl der Wahl, speziell für die feineren Herrschaften, weil angeblich edler und teurer als das dunkle für das typische pan moreno.

Erst in den vergangenen Jahren sind alte Mehlsorten wieder in Mode gekommen: xeixa, blat, espelta, centeno oder auch kamut. „Dies sind stärkere Körner, die sogar für meinen alten Mühlstein eine Herausforderung darstellen, aber beispielsweise kamut ist ein fantastisches Mehl, mein Favorit."

Auch Maria Solivellas hat die Mühle schon vor etlichen Jahren entdeckt. Sie nutzt das Mehl von Torandell für ihre cocas und die Desserts. „Natürlich ist es ­teurer, aber das Getreide stammt aus ökologischem Anbau, beispielsweise von Biel Torrens oder Sa Teulera, und die Produkte da­raus ­schmecken einfach besser." ­Außerdem müsse man solche Traditionen ­einfach unterstützen, so die Köchin aus Caimari. (1 kg kamut-Mehl: 3,90 Euro.)

Ölmacher und Mandelröster

Für die dritte Station geht es in Marias Dorf Caimari und dort in die Berge, an vielen Schafen und ihrer Schlafhöhle vorbei hinauf zu einer fantastischen, fast magisch anmutenden Finca. Pep Rotger (52) hat das Areal vom Besitzer Gabriel Domènech Coll (diesem gehört übrigens die Hartkeksfirma Quely) gepachtet. Er erntet hier Oliven von circa 600 bis 1.000 Jahre alten Bäumen, die scheinbar aus den Felsen heraus wachsen. Olivenbaumplantagen in der Ebene tragen mehr Oliven und sie sind definitiv einfacher zu bewirtschaften, weil man dort Maschinen einsetzen kann. Hier oben sind Handarbeit und Kletterkünste gefragt. Dafür aber ist das Öl aus der nur auf der Insel wachsenden Mallorquina-Olive überaus schmackhaft.

Maria Solivellas weiß dies zu schätzen, und so bezieht sie ihr Öl von Rotger, der mütterlicherseits ein Vetter von ihr ist. Vetternwirtschaft in besten Sinne betreibt sie zudem auch mit einem Vetter väterlicherseits, Sebastià Solivellas von Oli Solivellas, gleichzeitig derzeit Vorsitzender der D.O. Oli de Mallorca. „Beide machen gute Öle, da liegt es nahe, dass ich mich bei meinem Einkauf erst mal in der Familie umschaue", so Solivellas. „Aber ich nutze diese Öle natürlich nur zur Verfeinerung, damit koche ich nicht - das wäre Verschwendung."

Rotger hat außer dieser Finca noch sieben andere Fincas gepachtet, wo er Olivenbäume pflegt und aberntet. Neben Mallorquina- gibt es dort auch Arbequina- und Picual-Oliven. Zudem bewirtschaftet er zwei eigene Fincas nahe dem Dorf. Auf einer hat er die griechische Koroneiki-Olive angepflanzt und auf der anderen Mandelbäume. Rotger mischt für sein Öl circa 50 Prozent Mallorquina mit 30 Prozent Arbequina und 20 Prozent Picual. Demnächst soll auch noch die Koroneiki-Olive zum Einsatz kommen. Insgesamt ist seine Produktion klein, aber fein, denn er produziert im Durchschnitt nur 2.000 Liter ­Olivenöl jährlich.

Mandeln sind sein zweites Standbein. In einem großen, sich drehenden Kessel auf seiner Finca werden sie über Feuer aus Mandelbaumholz geröstet, dann auf großen Tischen zum Kühlen ausgebreitet und schließlich verpackt. „Es ist schade, dass auf einer Mandelinsel wie Mallorca dieses Produkt nicht entsprechend genutzt wird." (500 ml Olivenöl für circa 8 Euro, das 70-g-Päckchen Mandeln für 1,40 Euro. Preise ab Hof, erhältlich z. B. in den Georg's-Läden.)

Auch bei der Verpackung zeigt sich ein gemeinsamer Familiengeschmack: Denn sowohl Öldose als auch Mandelpäckchen zieren ­Grafiken des Malers Albert Pinya, der auch für die bunte Terrassenbemalung im Ca na Toneta gesorgt hat. So schließt sich der Kreis.