Jetzt öffnet der Agapanthus seine weißen und blauen Blütenbälle und macht seinem deutschen Namen „Schmucklilie“ alle Ehre. Es ist also genau der richtige Zeitpunkt, um im Landhotel Monnaber Vell die Treppe hinabzusteigen. Am rechten Rand wachsen neben den Agapanthusstauden in regelmäßigen Abständen Zypressen, am linken die Großblumige Abelie (Abelia grandiflora). Die Stufen führen vom Hotelgebäude nach unten zu einer sínia, einem alten mallorquinischen Brunnen zur Wasserförderung nach arabischem Vorbild.

„Wir schauten lange dem Verfall des Brunnens zu und fragten uns, wie wir dieses Kulturgut der Insel bewahren und in die Gartenanlage integrieren könnten“, erzählt Karsten Imm, der deutsche Eigentümer des Hotels, das bei Campanet direkt an den Ausläufern der Serra de Tramuntana liegt. Der Grundbesitz der Familie erstreckt sich über 120 Hektar im Gebirge, auf weiteren 40 Hektar wird ökologische Landwirtschaft mit 180 Mutterschafen betrieben. Bereits im vierten Jahr pflanzt man Biogemüse an. Auf dem Anwesen bemüht man sich seit Jahren darum, die Bodenqualität zu verbessern. Die Erde ist extrem kalkhaltig, damit Blüten und Früchte gedeihen, bedarf es großer Zugaben von Kompost.

Es sollte auch um den Brunnen herum blühen und so entschloss man sich, ihn zu restaurieren und gleichzeitig einen Rückzugsort für Gäste einzurichten. Den Entwurf für die Restaurierung des Brunnengartens und die Gestaltung der Terrassen am Südhang des Anwesens lieferte der mallorquinische Gartenarchitekt Antonio García-Delgado. Er war unter anderem auch für die Neu­gestaltung der Gärten des Landguts Raixa verantwortlich. „Wir haben entschieden, den Brunnen nicht nur zu restaurieren, sondern auch sichtbar zu machen, wie er ursprünglich funktionierte“, sagt Imm. Zwei Jahre waren die margers mit dem Bau der Mauern beschäftigt. Jetzt ist die Renovierung abgeschlossen.

Der Brunnengarten

Als die Besucher am Ende der Treppe einige neu gepflanzte Erdbeerbäume und eine Linde bewundert haben, stehen sie erstaunt vor zwei hohen Natursteinmauern. Ein Durchlass gibt den Blick auf eine Rasenfläche frei, die von Agapanthusstauden begrenzt ist. Außer dem Vogelgezwitscher in den Bäumen und dem Wassergeplätscher ist kein Laut zu hören. Eine kleine Rasenfläche bringt zusätzlich Ruhe für das Auge.

Eine offene Rinne leitet das Wasser zu einem kleinen runden Teich, der etwas vertieft im Rasen liegt. Die Rinne ist beidseitig flankiert mit dem in Violett blühenden Wollziest (Stachys lanata bot., oreja de liebre span., herba de Sant Pelegrí kat.), wegen seiner pelzigen Blätter auch Hasen­ohr genannt. Um die Wasserstelle wurden - nach arabischem Vorbild - vier bittere Orangenbäume platziert, die sich noch nicht entschieden haben, ob sie sich in dem Bergklima wohlfühlen.

Woher das Wasser kommt, das in den Gartenteich fließt, wird erst verständlich, wenn man auf der schrägen, gepflasterten Rampe zum Rondell hochsteigt. Hier drehten früher Arbeits­tiere mit Scheuklappen - so zeigen es alte Bilder - ihre Runden. Sie brachten ein Schaufelrad in Gang, das Wasser nach oben holte. Ein Blick ins Innere zeigt den Wasserstand in sechs Meter Tiefe, ein Eisengitter schützt vor ­Abstürzen.

Heute wird das Wasser mit einem Motor so lange nach oben gepumpt und durch sequías, offenen Wasserrinnen, an den Natursteinmauern entlanggeführt, bis der safareig, das Wasserreservoir, gefüllt ist. Danach plätschert das Wasser in den bereits erwähnten Brunnen und wird von dort aus in einem geschlossenen Wasserkreislauf zur sínia zurückgeführt. Erst wenn zusätzliche Kanäle restauriert sind, kann es auch zur Bewässerung der Felder genutzt werden.

Für den Übergang zum landwirtschaftlichen Teil des Anwesen hatte der Gartenarchitekt ein Ornament aus zwei Grassorten vorgesehen. Lange Reihen des Zarten Federgrases (Stipa tenuissima) wiegen sich heute rhythmisch und goldfarben im Wind. Doch wo der Plan als Kontrast Rotes Federborsten­gras vorsah, zeigt sich nackte Erde. „Die Schafherde hatte auf die dunklen Gräser Appetit und fraß sie komplett ab“, sagt der Hotelbesitzer. In Bälde wird die rote Grassorte Pennisetum setaceum „Fireworks“ gepflanzt werden, ein Zaun ist mittlerweile ebenfalls gezogen.

Die Obstplantage

Durch eine Gartentür sind die drei Terrassen zu erreichen, auf denen eine Obstplantage angelegt wurde. Insgesamt 80 mallorquinische Sorten sind hier gepflanzt worden. „Eine intensive Fruchtproduktion war uns nicht so wichtig“, sagt Imm. Wohl aber, dass die Bäume auf den Terrassen im Herbst ein Farbenspektakel inszenieren. Deshalb wählte García-Delgado laubabwerfende Sorten, deren Blätter sich im Herbst verfärben: Kaki, Quitten, Pflaumen (Claudia, Frare), Sant-Joan-Birne, Granatapfel, Pfirsich, Aprikose und Apfel. Noch ist es zu früh, die Früchte zu kosten, sie sind noch grasgrün und erst später reif.

Eine Barriere zur nächsten Terrasse bildet eine Reihe Wildspargel, dahinter gedeihen Gewächse, deren typisch mallorquinische Früchte in Gefahr sind, in Vergessenheit zu geraten: zum Beispiel die Neapolitanische Mispel (Crataegus azarolus bot., acerolo span., atzaroller kat.), der Speierling (Sorbus domestica bot, serbal span., servera kat.), der Schlehdorn (prunus spinosa bot., arañón span., aranyó kat.) und die Chinesische Dattel (Ziziphus jujuba, azufaifo span., ginjoler kat.). Zwischen den Bäumen und Sträuchern breiten sich auf dem Boden Kapernsträucher aus. Aber auch blühende Kräuter, die im Ökoanbau nicht als „Unkraut“ gelten, weil sie den Boden vor dem Austrocknen schützen.

Bevor man auf einer einfachen Treppe, am Ende der Terrassen, das Hotelgebäude wieder erreicht, sind noch fünf neu gepflanzte Avocadobäume zu sehen und ein Zitrusgarten, in dem Blutorangen, Mandarinen sowie Grapefruits wachsen. Im späten Frühjahr können hier die Gäste den Duft der Zitrusfrüchte genießen.

www.monnabervell.com, www.agdproyectosypaisajismo.com