An den Pflaumen hängen transparente Tröpfchen. Sie schwitzen Fruchtsaft aus, wenn sie reif sind und es sehr heiß ist. Das ist eine Besonderheit der alten Inselsorte pruna de frare, der Mönchspflaume, die im Obstgarten von Ariant bei Pollença an fünf von insgesamt 30 Pflaumenbäumen reift.

Bienen schwirren emsig umher und lassen sich auf den Früchten nieder, um die Tröpfchen aufzusaugen. „Es sind Arbeitsbienen, sie stechen nicht", sagt der Gärtner Ángelo Cisneros, als die Fotografin mit der Kamera den Bienen zu nahe kommt. Nahrung ist für die Insekten während der heißesten Tage des Sommers hier oben knapp, deshalb besuchen sie nicht nur die Früchte am Baum - auch die Pflaumen, die überreif auf der Erde liegen, sind gefragt.

Fallobst für die Schafe

In der Nähe des Pflaumenbaums wirft ein Apfelbaum seine noch unreifen Früchte ab, der Boden der Plantage erinnert ein wenig an Streuobstwiesen. Doch hier wird mit dem vergärenden Obst keine Most hergestellt. Die Früchte werden aufgesammelt und auf einem abgezäunten Areal nebenan ausgelegt. Wenn die Schafherde - auf Ariant leben an die 250 ovejas - nebenan auf die Weide kommt, finden die Tiere zwischen dem zurzeit schon recht trockenen Weidegras saftige Früchte.

Doch zurück zu den Pflaumenbäumen (Prunus domestica bot., ciruelo span., prunera kat.). Als der aus Peru stammende Cisneros vor 18 Jahren auf dem 1.000 Hektar großen Anwesen zu arbeiten begann, waren die Pflaumenbäume bereits erwachsen. Schon damals praktizierten die Besitzer des Landgutes­ ökologische Landwirtschaft, auch der mediterrane Garten wurde ohne Chemie zu einer botanischen Kostbarkeit. Heute kümmert sich Evelyn Tewes von der Fundación Vida Silvestre de la Mediterrania (FVSM) um die ökologische Landwirtschaft sowie um den Vertrieb der Früchte und Bio-Lämmer, die unter dem Ökosiegel des Consell Insular auf den Markt kommen.

Im Gegensatz zu vielem anderen wären die Pflaumenbäume pflegeleicht, so Tewes. Auf dem Gebiet von Ariant gedeihen sie deshalb so gut, weil sie hier im Winter niedrigen Temperaturen ausgesetzt sind. Denn die laubabwerfenden Bäume brauchen Temperaturen unter acht Grad, um Früchte zu bilden.

Diese Bäume haben auch wenig Durst. Im Winter kommen sie mit den Niederschlägen aus, und wenn sie Früchte tragen, würde zu viel Feuchtigkeit im Boden ihr Aroma verwässern. Gegossen wird erst nach der Ernte, damit sich die Bäume wieder erholen. Dann kommt auch die Schafherde zur Weide in den Obstgarten und beschert ihr mit ihrem Dung Nährstoffe. Vielleicht konnte ein Pflaumenbaum deswegen so viele Jungpflanzen bilden, die man im kommenden Winter umpflanzen und veredeln wird.

Baumpaten gesucht

Dabei werden keine Unkosten anfallen. Für andere Obstbäume, die sich nicht selbst weitervermehren, sucht die Stiftung Baumpaten, welche die Kosten für die Jungpflanzen übernehmen. So konnte man beispielsweise ein - für die Bestäubung wichtiges - männliches Kiwi-Bäumchen neu setzen. Die Avocadobäume des Anwesens sind mittlerweile betagt und müssen ebenfalls Ersatz finden.

Dass die Anschaffung für Pflaumenbäume noch nie mit Kosten verbunden war, schätzte man auch früher in den mallorquinischen Obstgärten der großen Landgüter, die weitgehend autark funktionierten. Pflaumen-, aber auch Aprikosenbäume wurden auf Unterlagen von Mandelbäumen gezogen - alle drei stammen als Steinobst aus der Familie der Rosengewächse. Der almendro schlägt bekanntlich ohne Schwierigkeiten in der Inselerde Wurzeln. Waren die Stämmchen etwa einen Meter hoch, veredelte man sie mit Reisig von Pflaumenbäumen. So kommt es, dass noch heute auf manchem Mandelbaum auf einigen Ästen eine Sorte mit gelben und auf anderen blaue Pflaumen reifen.

Der Reigen des Inselobstes

Ein oder mehrere ciruelos waren aus dem traditionellen Inselgarten nicht wegzudenken. Die Obstplantagen wurden so angelegt, dass sie das ganze Jahre über frische Früchte lieferten. War die Orangenzeit vorbei, erntete man Mispeln, danach Aprikosen. Die Zeit, bis die ersten Feigen reif waren, überbrückten die Pflaumen.

Damit die Vielfalt der alten Sorten nicht in Vergessenheit gerät, startete die Slow-Food-Bewegung auf Mallorca vor Jahren die Kampagne „Fruiters d'un temps", was so viel bedeutet wie Obstbäume von anno dazumal. Rund ein Dutzend alte Pflaumenbäume wurden unter anderem wiederentdeckt und können bei Vivers Llabrés in Manacor und bei der landwirtschaftlichen Kooperative in Porreres gekauft werden..Allen gemein ist, dass sie nicht für Höchsterträge und Transportfähigkeit bestimmt sind, sondern einfach deswegen gezogen wurden, weil ihre Früchte so gut schmecken. Dies gilt auch für den Baum der alten Mönchspflaumensorte, der es wert wäre, im modernen Inselgarten wieder einen Platz zu finden.

Eigentlich eine Zwetschge

Denn die pruna de frare erfüllt alle Merkmale, um sie im Deutschen „Zwetschge" zu nennen. Ihre Form ist länglich, die Enden laufen spitz zu, ihre Haut weist eine schwache Furche auf, und ihr gelbes Fruchtfleisch hat eine feste und trotzdem saftige Konsistenz. Der perfekte süßsaure Fruchtgeschmack wird gekrönt von einem Hauch Zimt. Da im spanischen Zwetschgen sowie Pflaumen ciruelas genannt werden, ist die Mönchspflaume nicht deutlich zuzuordnen. Die 25 weiteren ciruelos in Ariant tragen eindeutig „Pflaumen". Es handelt sich um alte blauhäutige, runde Sorten, ihr Fruchtfleisch ist von weicher Konsistenz und schmeckt saftig-süß.

Werden sie nicht rechtzeitig gepflückt, erhalten auch diese Pflaumen Bienenbesuch. Evelyn Tewes stört das nicht, denn auf Ariant stehen seit dem Vorjahr auch Bienenstöcke. Im Frühjahr ist erstmals ökologischer Honig geerntet worden - Vielfalt ist für ein intaktes Ökosystem enorm wichtig.

Bestellungen Tel.: 661-21 22 22, Abholung Mo. und Fr. von 9 bis 13 Uhr im Zentrum für Mönchsgeier Campanet. Ein Kilo Pflaumen: 4 Euro.