Es geschah gegen 4 Uhr in einer kalten Februarnacht des Jahres 1585, als der damals einzige mallorquinische Ort mit Stadtrechten neben Palma de Mallorca, Alcúdia, von einem denkwürdigen Ereignis getroffen wurde.

Einige Schiffe des spanischen und gleichzeitig portugiesischen Königs Felipe II. (1527-1598), die in Alicante gestartet und auf dem Weg nach Italien waren, gerieten in einen Sturm. Sie mussten in der Bucht vor dem Ort ankern. Beiboote wurden zu Wasser gelassen und erreichten das Ufer von Mallorca. Mit an Bord waren vier zum Christentum konvertierte, um die 15 Jahre junge japanische Adelige aus der Stadt Nagasaki. Sie hatten europäische Namen: Mancio, Michael, Julian und Martin.

„Es ist nicht exakt überliefert, wie die Einwohner reagierten, aber sie dürften große Augen gemacht haben", sagt Alcúdias Kulturdezernentin Carme Suárez der MZ. „Erstmals bekamen sie Menschen aus diesem fernen Reich zu Gesicht." Die überraschten Bewohner konnten nicht schnell - wie das damals üblich war - große Geschenke organisieren und übergaben den unerwarteten Gästen, die vier Tage blieben, einen Thunfisch und zwei Hummer. Der Besuch aus dem fernen Osten hat Eindruck hinterlassen. So viel, dass man sich heute noch an dem Ereignis erfreut.

Der Mallorquiner Toni Domingo hat einen abendlichen Rundgang entlang der Stadtmauer in Alcúdia organisiert, bei dem an mehreren Stationen der Besuch nachgespielt wird.

„Wir konfrontieren die Menschen auf humoristische Weise mit Geschichte", sagt Mitorganisatorin Carme Suárez. Die ungewöhnliche Tour findet im Rahmen einer 2004 ersonnenen Reihe namens „Via Fora" statt.

Die vier japanischen Jung-Adeligen waren Angehörige des Jesuiten-Ordens, der bereits vier Jahrzehnte zuvor ein Auge auf das fernöstliche Reich geworfen hatte. Man war missionarisch in Japan tätig, so wurden auch die vier Japaner zu Christen. Die Reise nach Europa hatte ein christlicher Adeliger namens Otomo Sorin organisiert und ging in Anlehnung an die damalige Kaiserdynastie als Tenshö-Expedition in die Geschichtsbücher ein. Nach ihrer Ankunft in Lissabon wurden die vier exotischen Männer wie Zootiere herumgezeigt und bestaunt - so wie das auch amerikanischen Ureinwohnern widerfuhr. Als der Zwischenfall vor Alcúdia passierte, fuhren die Japaner gerade nach Rom, um sich von Papst ­Gregor XIII. den Segen für eine neue Bekehrungsexpedition in ihre Heimat geben zu lassen.

Schon 1543 hatten die ersten Mitglieder der Jesuiten in portugiesischem Auftrag die japanische Insel Tanegashima erreicht und waren danach auch auf anderen Inseln aktiv. 1549 tauchte dort der Missionar Francisco Xavier auf, der sich zuvor in der indischen Enklave Goa damit hervorgetan hatte, die Heilige Inquisition einzuführen. In jener Zeit erwog die spanische Krone sogar, Japan militärisch zu erobern, ließ aber letztendlich angesichts eindringlicher Warnungen vor der kriegerischen Mentalität seiner Bewohnern davon ab. 1579 bemühte sich der Jesuit Alessandro Valignano aus Neapel, der ins Stocken geratenen Bekehrungsarbeit seiner Glaubenskollegen einen neuen Schub zu verleihen.

Doch die jahrzehntelangen Anstrengungen der Jesuiten nutzten nichts. Der Glaube aus der Alten Welt konnte sich nicht im Reich der aufgehenden Sonne durchsetzen. Es ist überliefert, dass die Japaner von Alcúdia im Jahr 1590 wieder in ihre Heimatstadt Nagasaki zurückkehrten. Drei der vier jungen Männer lebten ein halbwegs normales Leben: Mancio starb 1612, Martin verließ Japan 1614 mit unbekanntem Ziel und versickerte in den Untiefen der Geschichte, und Michael ­verließ den Jesuiten-Orden und soll sich einer buddhistischen Sekte angeschlossen haben. Dem vierten im Bunde, Julian, widerfuhr dagegen Schreckliches: Er weigerte sich, dem 1614 an alle Christen ergangenen kaiserlichen Befehl zu folgen, das Inselreich schleunigst zu verlassen und wurde wohl gefangen genommen, gefoltert und getötet.

Der Rundgang findet am am 31.8. statt, um 21 Uhr. Die Teilnahme ist gratis. Treffpunkt ist das Stadttor Porta del Moll. Infos unter 971-89 71 85. App bei Google Play unter „Experience Alcúdia Tour" herunterladbar.