Der Anruf um neun Uhr morgens wird mit Spannung erwartet. Denn dann meldet man von der Finca bei Vilafranca nach Palma, ob sich die Blüten der Safranpflanzen geöffnet haben und wie viel Pflücker benötigt werden. „Gestern ernteten wir zu acht", berichtet Juan Velasco (50) von Especias Crespí. Vor drei Jahren wurden auf dem einen Hektar großen Feld - im spanischen azafranal genannt - 45.000 Safranknollen im Bio-Anbau angepflanzt.

Bei Crespí rechnet man für 2017 mit einer guten Ernte, allein gestern konnte ein Kilogramm Blüten gesammelt werden, mit etwas Glück werden dieses Jahr vier Kilogramm zusammenkommen. Sicher ist es jedoch noch nicht, denn die Pflanze ist sehr wetterfühlig. Ob es noch einmal zu einem manto kommt - so nennt man in Spanien den Tag, an dem sich zahlreiche Blüten gleichzeitig öffnen -, hängt von der Intensität des Mondscheins, von der Temperatur in den ersten Morgenstunden und der Länge der Tage ab.

Wenn die Bedingungen ­stimmen, kommen als Erstes die dunkelgrünen schmalen Blätter aus der Erde, ihnen folgt eine schmale helllila Knospe. Wenn sich die dunkel geäderten violetten Kronblätter öffnen, zeigt sich der tief gespaltene gelbe Griffel mit drei gespaltenen Narben, wie Botaniker die Fäden des Safrans nennen, im Spanischen heißen sie hebras. Diese schmecken nicht nur in Paellas und Risottos, ihr leicht bitterer und erdiger Geschmack zieht auch Bienen magisch an. „Nach dem Besuch einiger Blüten wirken sie so benebelt", sagt Velasco, „dass sie uns nicht ­stechen."

Denn der Safran (Crocus sativus bot., azafrán span., safrà kat.) muss, wo immer er auch angebaut wird, von Hand gepflückt werden. Das ist im Iran so, in Griechenland, Israel oder Marokko sowie in La Mancha. Hier wird der spanische Gewürzklassiker seit der arabischen Besetzung angebaut und hat das EU-Herkunftssiegel Denominación de Origen (DO).

Auf dem Feld bei Vilafranca rücken die Safranpflücker kurz nach neun Uhr an, zwicken die Kronblätter mit dem Daumennagel ab und legen sie behutsam in einen Karton. Weil die Pflanze die Luftfeuchtigkeit auf der Insel schlecht verträgt, muss die Ernte täglich um 13 Uhr abgeschlossen sein. Auch danach darf es zu keiner Verzögerung kommen, denn das Aroma der Fäden bleibt nur erhalten, wenn sie umgehend verarbeitet werden.

Also liefert man sie sofort beim Crespí-Firmensitz in Palmas Polígono Son Castelló ab. Hier sitzen vier Personen an einem Tisch, vor ihnen liegt ein Berg violetter Blüten, aus denen sie behutsam die Narbengriffel entfernen. Einige von ihnen zupfen Fäden aus, die in ihrer ­vollen Länge rot sind. „Es handelt sich um beste Coupé-Qualität", erklärt der Leiter von Crespí. Jetzt hat der Safran bereits das 15-Fache seines Gewichts verloren. Wenn die Narben dann zwischen zwei ­Drahtgittern bei schwacher Hitze 20 Minuten getrocknet worden sind, verliert das Gewürz noch einmal ein Fünffaches seines ursprünglichen Gewichts. Das Aroma hat sich jedoch noch intensiviert.

Doch noch einmal zurück zum Tisch, auf dem gezupft wird. Auf weiteren Tellern liegen Fäden, die etwas länger und am Ende gelb aus dem Griffel gezogen werden. Was mit ihnen geschieht, ist in einer kleinen Küche nebenan zu sehen. Die Fäden werden in einer Pfanne in Bio-Öl erhitzt, dann wird ­Rotwein zugegeben, der von Ökofeldern stammt und das Ganze ein paar Sekunden geköchelt, bis der Rotwein verdunstet ist. Dann wird das Öl über ein Sieb abgegossen und die feuchten Fäden zum Trocknen auf schmalen Brettern aus Feigenholz ausgebreitet. So entsteht Azafrón Pochado (poschiert). Laut Velasco wurde das Gewürz auf der Insel traditionell mit Öl und Rotwein konserviert. Bei beiden Versionen kostet das halbe Gramm 6,90 Euro.

Vor ein paar Jahren noch kaufte der Gewürzhändler kleine Mengen Blüten bei einer Familie in der Nähe von Inca, doch als die Nachfrage wuchs, entschloss man sich für den Bio-Anbau auf eigenen Feldern, die auch für das Rotationspinzip mit der Paprika Pebre Tap de Cortí genutzt werden. Im Juli 2014 setzte man die ersten Knollen vom spanischen Festland auf das Feld bei Vilafranca. Weil sie gute Wasserspeicher sind, brauchen sie nur zum Anwachsen Gießwasser, häufige Kompost­zugaben fördern das Wachstum.

Denn direkt nach der Blüte beginnt der Crocus sativus mit der Bildung von Tochterknollen. Er ist steril, bildet keine Früchte, seine Vermehrung findet unterirdisch statt.

Wenn er im kommenden Sommer dann eine Vegetationspause einlegen wird, holt man die Knollen aus der Erde und setzt sie neben dem jetzigen azafranal neu ein. „Der biologische Anbau verlangt eine Veränderung des Standortes, gleichzeitig werden wir neue und mehr Knollen als bisher pflanzen", sagt Velasco.