„Haben Sie Paulownien?", fragt ein junger Mann an einem Montagmorgen im Januar einen Angestellten von Vivers Can Juanito in Son Ferriol. Die schnell wachsenden in Mode gekommenen Bäume sind rasch gefunden. Außer ihnen wird hier ein riesiges Sortiment von Alpenveilchen bis zur Zypresse geboten. Wie alle anderen Insel­gärtnereien bezieht man diese aus Holland und vom spanischen Festland. Außer Paulownien gibt vor Ort auch eine Abteilung mit Werkzeugen, Dünge- und Schädlingsbekämpfungsmitteln sowie Tontöpfen in allen Größen, geschreinerte Pflanztische aus Holz, die mit Folien ausgelegt und teilweise durch Rollen mobil sind. Doch all das macht diese Gärtnerei noch nicht so besonders, dass sie sich vivero nennen kann. Denn dies setzt voraus, dass Pflanzen in eigener Zucht produziert werden. Wer bestellte Pflanzen nur weiterverkauft, ist eigentlich nur eine jardinería.

Can Juanito ist das einzige Unternehmen nahe Palma, das im großen Stil Setzlinge produziert. Beim Betreten der großen Halle scheint es, als stünde man vor einem riesigen Gemüsebeet. Nach Farben und Sorten geordnet wachsen hier Blattsalate, alle erdenklichen Kohlsorten - auch Kale -, Zwiebeln, Lauch und alle weiteren Gemüsesorten, die jetzt die Größe erreicht haben, um ins Freie gesetzt zu werden. Dass sie in Töpfchen gepflanzt sind, ist erst auf den zweiten Blick zu erkennen. In einer weiteren Halle, allzu warm ist es hier nicht, sät eine Angestellte - wie im Januar auf der Insel üblich - Tomaten der Ramalletsorte. Mit einem Setzeisen bereitet sie kleinen Gruben vor. In jede von ihnen steckt sie ein Samenkorn.

Mit Samen begann auch die Geschichte der Firma, denn Can Juanito wurde 1910 als Samenhandlung in Palmas Carrer del Sindicat gegründet. Den Namen „Juanito" gab dem Geschäft der Großonkel von Joan Aguiló, doch über ihn später mehr. „Die Samenhandlung befand sich am Ausgang zur Plaça Major und war auf der ganzen Insel bekannt. Mein Vater und ich waren dort gute Kunden", sagt Xisco Mulet, der Besitzer der Gärtnerei. Der heute 64-Jährige war damals - wie auch sein Vater - Bauer in der von der Landwirtschaft geprägten Gegend von Son Ferriol. Damals lieferte die Serra de Tramuntana genügend Wasser, um die fruchtbaren Felder zu bewässern.

Dem jungen Xisco Mulet gefiel die Samenhandlung so gut, dass er beschloss, seine Arbeit auf dem Feld aufzugeben. Als 1973 ganz in der Nähe Palmas Großmarkt Mercapalma eröffnet wurde, zog er dort mit einer Verkaufsstelle für Samen ein. Anfang der 90er-Jahre kaufte er die 20.000 Quadratmeter große Finca, den Standort der heutigen Gärtnerei und Pflanzenzucht, gemeinsam mit Joan Aguiló, der sein geerbtes Geschäft in Palma aufgab. „Wir konnten das große Grundstück damals günstig erwerben, die Landwirtschaft war in der Krise, und die Bauern wollten ihr Land loswerden", erzählt Mulet. Die neuen Besitzer bauten auf dem Grundstück die erste Halle. Mulet verkaufte Düngemittel und Insektizide, Aguiló wie zuvor in Palma Samen. Doch mehr und mehr Landwirte gaben ihre Betriebe auf. Rundum wurde gebaut und Gärten angelegt, deshalb begann man mit dem Verkauf von Pflanzen. Als Joan Aguiló nach Chile auswanderte, um dort erneut eine Samenhandlung zu eröffnen, wurde Xisco Mulet alleiniger Besitzer des Unternehmens.

Viele Kunden blieben ihm treu, weil die Ex-Bauern auf ihren reduzierten Grundstücken Gemüsegärten anlegten. Dann wurde die Autobahn gebaut, und das Grundstück verkleinerte sich auf heute 15.000 Quadratmeter. Zu den alten Kunden kamen mit der Zeit neue, als es in Mode kam, auf kleinstem Raum Gemüse anzubauen, sich selbst zu versorgen und sich mit Gemüse, das möglichst keine Transportwege hat, gesund zu ernähren. Hobbygärtner also, die im Großraum Palma Beete auf Terrassen, Dächern oder in kleinen Patios anlegen. Mittlerweile ist Can Juanito die einzige Bezugsquelle für urbane Gärtner in und um die Hauptstadt der Balearen. Etwa 30.000 ­Tomatensetzlinge der Sorte Ramallet werden beispielsweise pro Saison großgezogen.

Und das geht so: Wenn die Pflanzpaletten mit Samen gefüllt sind, stapelt man sie in einer Wärmekammer mit 26 Grad. Dort keimen sie. Die kleinen Pflänzchen kommen dann zum Wachsen in eine der Hallen, die derzeit nur zur Hälfte gefüllt ist. Wenn in den nächsten Wochen die Tomaten, Bohnen, Auberginen, und Zucchini gekeimt und „ausgeschlüpft" sind, wird die Halle bis auf den letzten Zentimeter belegt sein. Sind die Pflänzchen groß genug, setzt man sie in Töpfchen und stellt sie in die Verkaufshallen.

Wann die Pflanztermine sind, erfahren die Hobbygärtner regelmäßig in Videos auf der Website und auch, wann Kurse stattfinden, bei denen man erfährt, wann und wie man Bäume beschneidet. Dies wird vielleicht den jungen Mann interessieren, der seine drei Paulownien in den Kofferraum verfrachtet, dazu Erde und einen Kit, mit dem er Austernseitlinge züchten will. In der Gärtnerei ist es wie im Supermarkt: Eigentlich will man nur Mehl kaufen, doch dann fährt man mit vollem Kofferraum nach Hause.

www.canjuanito.com