MARTINA ZENDER Gäste, die auf den Toiletten nicht abziehen, bei ihrem Baby die Windeln wechseln und die benutzten Windeln einfach liegen lassen oder sogar vor dem Lokal urinieren. Das gibt es nur am Ballermann? Weit gefehlt, leider verhält sich so auch manch Besucher hochklassiger Restaurants auf Mallorca.

Speziell sogenannte „Neureiche", sagen Restaurant-Chefs, seien oft die schlimmsten Gäste. Da werde die schlechte Laune am Personal abgelassen oder mit dem Handy so laut telefoniert, dass alle anderen Gäste mithören müssen, da würden Toiletten verschmutzt zurückgelassen, speziell die Herren­toiletten, da werde Kindern kein Einhalt geboten, wenn sie grölend durchs Lokal laufen. „Wenn man die Eltern bittet, ihre Kinder im Zaum zu halten, wird man als Kellner teils böse angefahren", so ein Restaurantleiter, der seinen Namen lieber nicht in der Zeitung lesen möchte.

Andere Gäste wiederum würden das Lokal im Voraus wochenlang mit ihren Allergie-Anweisungen traktieren, woraufhin die Köche sich um Alternativen bemühen. Doch dann würden Gäste mit Gluten-Unverträglichkeit trotzdem Brot essen und angebliche Lactose-Allergiker Käse und Eis essen. „Manche Kunden haben echt einen Dachschaden", so ein weiterer ungenannt bleiben wollender Restaurantbesitzer. Ebenfalls unangenehm: Wenn ein Tisch für vier Personen reserviert wird, dann aber fünf kommen. „Wenn wir voll sind, sind wir voll. Ich kann ja nicht zaubern, doch das wollen viele Gäste nicht akzeptieren."Wer nicht kommt, zahlt!

Wer nicht kommt, zahlt!Noch schlimmer sei es allerdings, wenn der Gast trotz Reservierung gar nicht erscheint und dann noch nicht einmal absagt. Das nennt man dann no show. Gerade dieses Verhalten habe in den vergangenen Jahren zugenommen, berichten Insider. Für kleinere Restaurants sei es ein Drama, wenn häufiger reservierte Tische leer bleiben. Man verliere Geld, nicht nur aufgrund des Nicht-Erscheinens der Gäste, auch wegen den übrig gebliebenen Produkten. Denn in guten Restaurants wird täglich frisch eingekauft. Bereits Vorgekochtes wird nicht aufgewärmt und kann nicht mehr verkauft werden.

Eine Alternative, die einen kleinen finanziellen Ersatz bringe, aber vorrangig der Erziehung der Gäste diene, sei eine Teilzahlung vorab. Es gibt zwei Varianten: Zum einen tätigt man generell mit der Reservierung auch eine Vorabzahlung, die später verrechnet, oder aber bei no show einbehalten wird. Oder man gibt seine Kreditkarten-Daten bei der Reservierung an, und das Lokal belastet diese nur bei Nicht-Erscheinen. So war Tomeu Caldentey 2015 der Erste auf der Insel, bei dem gemeinsam mit der Reservierung in seinem Sternerestaurant Bou eine Anzahlung von 50 Euro pro Person fällig wurde. Wer nicht bis zu 24 Stunden vor dem Termin absagt, verliert diese Anzahlung. „Meine Gäste akzeptieren dieses Procedere, zumal wir nur zwölf Gäste pro Abend haben und Ausfälle finanzielle Einbußen nach sich ziehen." Santi Taura praktiziert für sein Lokal Dins das Gleiche und reduzierte damit seine No-show-Quote. „Wir haben nur eine limitierte Zahl von Gästen, da ist das notwendig, zumal es auch unfair gegenüber denjenigen Gästen ist, die auf der Warteliste stehen."

Selbst in dem einzigen Zwei-Sterne-Lokal der Insel, dem Zaranda, müssen etwa 15 Prozent der Vor­reservierungen als Ausfälle verbucht werden. Hier gilt die zweite Variante: Wer nicht 24 Stunden zuvor absagt, dessen Kreditkarte wird mit 50 Euro pro Person belastet. „Damit hat sich der No-show-Anteil auf gerade mal zwei Prozent verringert", sagt Itziar Rodríguez, die Restaurantleiterin.

Genauso verfährt auch Marc Fosh, allerdings erst ab einer Vier-Personen-Reservierung: „Das war nötig geworden, weil es teilweise in der Saison 60 bis 70 Personen pro Monat gab, die unangekündigt fernblieben - das geht ins Geld", so der MZ-Koch.

Bei Andreu Genestra in seinem gleichnamigen Sternerestaurant sind es 40 Euro. „Früher hab ich dies nur bei einer Reservierung ab sechs Personen gemacht, aber nun bei jeder Reservierung. Gäste verstehen offenbar nur drastische Maßnahmen, damit sie dieses sinn- und vor allem respektlose Mehrfach-Reservieren endlich lassen", so Genestra.

Sterneköchin Macarena de Castro hat in ihrem Restaurant Jardín eine 48-Stunden-Regel eingeführt und berechnet (wenn es keine ernsthaften Gründe gibt) bei späteren Absagen beziehungsweise Nicht-Erscheinen 50 Euro.

Im Hotel Cap Rocat mit seinen Lokalen Fortaleza und Seaclub werden bislang im Fortaleza 30 Euro bei Nicht-Erscheinen fällig. Im Seaclub wird dieses System ab dieser Saison eingeführt. „Es hat zugenommen, deshalb machen wir es dort nun auch. Ich finde es auch respektlos gegenüber denjenigen, die gern kommen würden und denen wir absagen müssen. Wir haben am Wochenende Wartelisten", so Victor García, Chefkoch des Hotels.

Im Sa Fàbrica von Marcel Ress folgt man demnächst ebenfalls dem Beispiel der anderen Restaurants und berechnet dann ab Reservierungen von vier Personen gemäß ihrer eher günstigen Preise 15 Euro mittags und 25 Euro abends, wenn man nicht rechtzeitig absagt.

Einer, der bislang offenbar Glück hatte, ist Sternekoch Adrián Quetglas, bei dem es kaum bis gar keine No-show-Kandidaten gibt. Dies liegt vielleicht auch an der Tatsache, dass „wir alle Reservierer am Tag zuvor anrufen und die Reservierung bestätigen. Da gibt es dann durchaus welche, die absagen, aber das ist dann früh genug für uns."

Waffe Tripadvisor

Waffe TripadvisorEin weiterer neuer Negativ-Trend: Gäste drohen mit einer schlechten Kritik und kündigen dies manchmal sogar schon bei der Bestellung mit den Worten an: „Wir werden über unseren Besuch bei Tripadvisor schreiben, also behandeln sie uns gut." Bewertungsportale sind zu einer Art Waffe der Kunden geworden und werden bei jeder Beschwerde eingesetzt. „Die Kunde essen erst alles, meckern dann und verlangen, dass man sie zur Wiedergutmachung einlädt - das ist absurd", so ein Chefkoch. Ein anderer meint: „Man sollte sich bewusst sein, dass die meisten Lokale schwarze Listen führen, derartiges Verhalten notieren und sich auch mit anderen Restaurants über die schwarzen Kunden-Schafe austauschen - auf solche Gäste legt niemand von uns Wert."

Wobei abschließend festzuhalten ist: Auch wenn der Anteil der unangenehmen Gäste ein wenig zugenommen hat, so bleibt er doch klein. Größtenteils ist man mit seinen Gästen sehr zufrieden. Es gilt die Aussage eines Restaurantbesitzers: „Der Gast ist König, und wir wollen ihn mit gutem Essen und Service verwöhnen. Aber ein wenig Respekt uns gegenüber ist auch angebracht."