"So viel?", murmelt Margalida Serra irritiert angesichts des wirklich großen Glases Sherry, das ihre Freundin und Nachbarin Margalida Fullana in den Teig für die „Ro­biols" und „Crespells" schüttet. „Also ich bevorzuge Orangensaft." Auch Fotografin und Autorin sind überrascht, werden die leckeren Osterteigtaschen und Plätzchen doch auch von Kindern gegessen. „Ach was, das stört nicht", meint Fullana fröhlich und fügt noch einmal einen Schuss hinzu. „Das verbäckt sich."

Zwei Frauen aus Llucmajor, die ausnahmsweise mal nicht - wie sonst üblich - allein in ihren ­Küchen werkeln, sondern dies für die Mallorca Zeitung gemeinsam tun. „Hier hat jede Familie ihre eigenen Rezepte, und das meist seit vielen Generationen. Daran ändern wir auch selten etwas", erzählt ­Serra. ­Fullana schüttelt den Kopf. „Doch doch, ich habe früher viel fetter gekocht und gebacken. Da kamen in meinen Teig viel mehr Schmalz, Öl und Eier hi­nein. Aber man muss ja an seine Gesundheit denken." Und zeigt zum Beweis fein säuberlich notierte Rezepte aus verschiedenen Jahren, inklusive der Veränderungen.

Gibt es eigentlich jedes Jahr an Ostern das Gleiche? „Ja natürlich", antworten beide gleichzeitig, „wieso sollten wir denn etwas anderes kochen?" Gründonnerstag gibt es frisch gemachte Lamm-Empanadas. Freitags folgt Fisch, beispielsweise „Bacalao" (Stockfisch), dazu Gemüse-Empanadas.

Samstags kommt dann „Frito mallorquín" auf den Tisch, mit Herz, Lunge und Leber vom Lamm mit Gemüse, Kartoffeln und Fenchel. Und am Sonntag gönnt man sich in Llucmajor nach der morgendlichen Ostermesse samt dem legendären ­Duell zwischen Organist und Priester („Sermó de s'Enganaia") und der anschließenden Begegnungsprozession von Jesus und Maria erneut Lamm, diesmal als Braten, oft deftig gefüllt.

Montags geht man entweder ins Restaurant oder ist im Familienkreis eingeladen, wo es ­wieder Lamm gibt - oder auch, ein wenig Abwechslung muss sein, Spanferkel.

Als Nachspeise werden stets „Robiols" gereicht, die mit „Brossat" (Frischkäsemasse) oder „Cabell d'angel" (Kürbismarmelade) gefüllten Teigtaschen, sowie „Crespells" - Plätzchen, die aus dem rest­lichen Teig gemacht werden.

„Früher sind wir dann am Dienstag zum Randa-Kloster gewandert, im Rucksack Empanadas, Robiols, Crespells und Wein, und haben dort mit vielen anderen getafelt, getanzt und gefeiert", erinnert sich Fullana. „Heute müssen die Leute dienstags wieder arbeiten, deshalb holen sie das am Sonntag nach Ostern (Pancaritat) nach, essen dann aber Paella."

Bei Margalida Fullana liegt seit Wochen ein vom Neffen geschlachtetes Lamm in der Kühltruhe und harrt der Verarbeitung. Lamm zu Ostern, das hat Tradition. Schon in vorchrist­licher Zeit opferten die Menschen ihren Göttern Lämmer. Weil es damals viele davon gab und sie aufgrund ihrer Vielfältigkeit (Fleisch, Milch, Käse, Wolle, Horn) wertvoll waren. Christen und Juden übernahmen diese Tradition. Zudem ist nach der Fastenzeit Lammfleisch besonders bekömmlich.

Doch derlei Hintergründe sind den Margalidas letztlich nicht so wichtig. Hauptsache, auch dieses Ostern werden ihre Familien wieder satt und zufrieden rund um den Wohnzimmertisch ­sitzen.