Als sei es ein Wink des Himmels, ziehen dunkle Wolken über das Firmament. Ein einzelner Sonnenstrahl richtet sich auf das Riesenrad der Fira del Ram. Wie ein Heiligenschein erhebt sich die Konstruktion über Son Fusteret und scheint das Gelände zu segnen. Wenn es einen heiligen Rummel geben würde, wäre die Fira del Ram der richtige Kandidat. Denn die erste Attraktion, auf die sich das Spektakel gründet, war keine Maschine und drehte sich auch nicht im Kreis. Es war die heilige Veronika.

Ein Kardinal aus Rom entsendete im 15./16. Jahrhundert eine Statue der St. Veronika in das Kloster Santa Margarita nach Palma. Sie enthielt der Sage nach das Tuch der Veronika, welches die Heilige Jesus auf dem Weg zur Kreuzigung reichte, um sich Blut und Schweiß abzuwischen. Auf wundersame Weise soll sich sein Konterfei auf das Tuch übertragen haben. Die Heiligenfigur wurde drei Mal jährlich der Öffentlichkeit präsentiert: am Palmsonntag, dem Mittwoch der Karwoche und Mariä Geburt. „Vom ersten Moment an ist die Statue auf ein großes Interesse der Mallorquiner gestoßen", schreibt Mallorcas Stadtchroniker Bartomeu Bestard in der MZ-Schwesterzeitung „­Diario de Mallorca". Besonders zum Palmsonntag strömten die Menschen in das Kloster. Einige Händler machten sich diesen Umstand zunutze und boten im Hof des Klosters Figuren aus dem Passionsspiel sowie Naschereien an. Mit der steigenden Anzahl der Pilger im Laufe der Jahre wurde das Kloster zu klein und die Händler boten ihre Waren auf der anliegenden Calle Sant Miquel an. Nach der Desamortisation, dem Verkauf von Kirchengütern an Privatleute, wurde das Kloster Santa Margarita 1837 exklaustriert, sprich die Nonnen waren nicht länger an das

Kloster gebunden und zogen mit der Veronika-Statue in den Convento de la Concepción in die gleichnamige Straße. Für die Fira del Ram begann eine Odyssee über viele Plätze und Stadtviertel, ehe sie auf dem Festivalgelände Son Fusteret eine feste Bleibe fand.

Die Geschichte ist kein Geheimnis, dennoch wissen auf dem Rummel nicht viele von den religiösen Wurzeln. „Für die ­Schausteller ist nur der heilige Ambrosius, der Schutzpatron der Händler wichtig", sagt Javier Clavijo, Präsident des Schaustellerverbandes der Balearen. Die meist jungen Besucher auf dem Gelände wollen dem Himmel oft zwar ein Stück näherkommen, doch geht es dabei einzig um die Ausschüttung von Adrenalin.

Zu Hunderten strömen die Besucher über das Gelände. ­Neuzugang ist die Achterbahn Crazy Bob. „Dieses Fahrgeschäft gab es in Spanien bislang noch nicht", sagt Schausteller Jesús Ruiz aus Valencia. Der Aufbau ist recht simpel: Wagen, die auf einer Schiene im Kreis fahren. „Das tun sie jedoch mit einer Geschwindigkeit von bis zu 280 Stundenkilometern. Das halten nicht alle aus." Bereits nach einer langsameren Einführungsrunde muss ­Ruiz ­kontrollieren, ob einige seiner Fahrgäste in Ohnmacht gefallen sind.

Ähnlich rasant geht es beim Gigante zu. Wie das Riesenrad macht das Fahrgeschäft eine rotierende Bewegung. Die am Ende der Achse befestigten Sitze drehen sich zudem um sich selbst. Nach ein paar Runden ist es schwierig zu beurteilen, wo oben und wo unten ist.

Es wird einiges geboten auf der Fira. Nur die älteste Attraktion fehlt im Son Fusteret: Die Statue der heiligen Veronika ist weiter im Convento de la Concepción und wird als Teil der Osterprozes­sionen präsentiert.

Die Fira del Ram ist noch bis zum 15. April täglich geöffnet (Montag bis Donnerstag 17 bis 24 Uhr, Freitag 17 bis 2 Uhr, Samstag 11 bis 2 Uhr, Sonntag und Feiertage 11 bis 24 Uhr).