Ein bisschen überenthusiastisch wirkt der Mann ja schon. „He, ihr", ruft er und trommelt an die Fensterscheibe. „Wann macht ihr auf?" Pere Joan Massanet zeigt mit dem Zeigefinger auf den Boden und formt lautlos mit den Lippen das Wort „heute". Dann hält er sechs Finger hoch. „18 Uhr?"ruft der Mann durchs Fenster. „Okay, danke."

„So geht das die ganze Zeit", sagt Pere Joan Massanet lachend. Er ist Geschäftsführer des Traditionscafés Can Joan de s'Aigo, das an diesem Mittwochnachmittag (23.5.) eine dritte Filiale an der Ecke Carrer Sindicat mit Avenidas eröffnet hat. Darauf haben in der Stadt viele seit Monaten gewartet. Die Can Joan de s'Aigo-Cafés sind eine Institution, können sich auf eine Geschichte berufen, die bis ins Jahr 1700 reicht. Hier isst man frische Ensaimadas, cuartos (ein Biskuit-ähnlicher mallorquinischer Kuchen mit Kartoffelstärke) und handgemachtes Eis.

Das neue Lokal in einem denkmalgeschützten Bau von Gaspar Bennàssar ist deutlich moderner und heller eingerichtet als die beiden bisherigen Cafés im Carrer Sanç und im Carrer Baró de Santa Maria del Sepulcre. Verantwortlich für die Innenausstattung ist die junge mallorquinische ­Innendesignerin Maria Antònia Alemany. „Einige Elemente waren vorgegeben", so Massanet. „Etwa, dass die Tische aus Marmor sind. Oder das typische Ca'n Joan de s'Aigo-Rot, das wir auf den Sofas finden." Alemany hat die Sofas mit einer Referenz auf die mallorquinischen Llengua-Stoffe dekoriert, es gibt Abtrennungen aus bunten Gläsern der Firma Menestralia. Neben dem Eingang auf der Sindicat-Seite hat der für seine Kinderbilder bekannte Street-Art-Künstler Joan Aguiló die Wand mit einer Stencil-Arbeit verziert. Das Bild zeigt Kinder, die drei Kerzen auf einer Ensaimada auspusten.

Das Café, das sich über zwei Stockwerke erstreckt, verfügt jetzt sogar über einen Konferenzraum, den Firmen mieten können. „So kann man Meetings bei Ensaimada abhalten", sagt Massanet.

Das Lokal befindet sich in den Räumen der ehemaligen Bar Triquet, einem traditionsreichen Stadtcafé, das 2005 nach 95 Jahren geschlossen hatte. Die eindrucksvollen Markisen, die einst die Außenansicht auf das Triquet prägten, werden nicht wieder ausgefahren. „Dafür haben wir keine Genehmigung bekommen", sagt Massanet.

Abgesehen von der moderneren Einrichtung wollen die Eigentümer, die neun Neffen und Nichten des 2011 verstorbenen Besitzers Joan Martorell, nichts ändern. „Alles wird weiterhin per Hand und ohne Zusatzstoffe gemacht, die Preise sollen erschwinglich bleiben", so Massanet, der die Geschäfte der Familie seit knapp zwei Jahren führt.

Eine kleine Veränderung hat man sich dennoch im neuen Lokal erlaubt. „Wir werden drei oder vier Sorten llonguets anbieten", sagt Massanet. Llonguets sind die typischen Brötchen von Palma, die mit Aufschnitt belegt werden.

Das Ca'n Joan de s'Aigo expandiert, während es anderen Traditionsgeschäften an den Kragen geht. Das neue Lokal ist das erste, das nicht im Besitz der Familie ist, sondern angemietet wird. Ensaimadas, cuartos und Eis für die drei Cafés werden jetzt in neuen Arbeitsräumen in Son Ferriol produziert. Die Preise sollen nicht angehoben werden.„Üblicher wäre es, die Investition schnell zurückholen zu wollen, aber die Eigentümerfamilie will, dass die Cafés weiterhin ein Anlaufpunkt auch für ältere Menschen und Familien bleiben."

Regelmäßige Besucher von alteingesessenen Bars in Palma können sich im neuen Café zudem über ein Wiedersehen mit alten Bekannten freuen. Denn Can Joan de s'Aigo hat mehrere ehemalige Kellner der im vergangenen Jahr geschlossenen Bar Cristal und Café 1916

übernommen.