Ein Schuss nach dem anderen knallt auf dem abgelegenen Acker in der Nähe von Binissalem in der Luft. An diesem Sonntag mit einer besonders klaren Sicht auf die nahen Berge der Tramuntana haben sich dort rund 50 Jäger zu einem Turnier versammelt. Das Ziel: kleine Wachteln. Per Knopfdruck wird ein Vögelchen nach dem anderen aus einem speziellen Apparat ausgespuckt. Aus einem mit einer Triebfeder ausgestattetem Rohr werden sie mit Druck in die Luft katapultiert. Noch bevor die Wachteln die Flügel ausgebreitet haben, fallen die meisten von ihnen von Schrotkugeln getroffen wieder herunter.

Die Wettbewerbe, die Tierschützer seit Jahren als Grausamkeit und Tierquälerei kritisieren, haben auf Mallorca regen Zulauf. „Wir haben etwa 60 Wettbewerbe im Jahr", berichtet Jaime Ripoll Rubí, der Vorsitzende des balearischen Jagdverbandes. Dabei stünden etwa 20 Turniere allen Jägern der Balearen offen, weitere 40 seien interne Veranstaltungen der örtlichen Jagdvereine, die oft begleitend zu den Patronatsfesten der Dörfer stattfinden. „Im 19. Jahrhundert kam dieser Brauch von England nach Spanien", erklärt Ripoll den geschichtlichen Hintergrund. Heute sind Schießturniere auf Wachteln und Tauben in den meisten Ländern Europas verboten. In Spanien und Portugal dagegen sind sie legal.

Für wenige Jahre war das Schießen auf Wachteln allerdings auch auf Mallorca schon einmal verboten. „Im Jahr 2003 wurde das Gesetz von der konservativen Regierung unter Jaume Matas wieder geändert", erklärt Toni Muñoz vom Umweltschutzverband GOB. Ihm sei unverständlich, dass weiterhin Wachtel- und Taubenschießturniere veranstaltet werden. „Das ist eine Qual für die Tiere, in dieses Rohr geschoben zu werden und mit Gewalt nach oben gepresst zu werden. Was ist daran für die Jäger attraktiv? Der Vogel wird doch mit solcher Kraft aus der Maschine geschossen, dass er gar keine Chance hat, wegzufliegen. Man könnte genauso gut Zielscheiben aus Keramik nehmen", sagt Muñoz. Auch der deutsche Tierschutzbund protestierte bereits an höchster Stelle gegen die Wettbewerbe mit lebenden Zielen. Die Deutschen forderten Königin Sofía und den spanischen Botschafter auf, sich für ein Verbot einzusetzen.

„Auch ich ziehe es vor, ein Zielscheiben-Turnier zu organisieren. Aber es stimmt schon, dass es interessanter ist, auf einen Vogel zu zielen", sagt Ripoll. Nach und nach gebe es auch auf den Balearen immer weniger Turniere mit Tieren und ersatzweise mehr mit Zielscheiben. Die Aufregung um die Wettbewerbe versteht er aber nicht. „Die Tiere leiden doch nicht", sagt er. In dem Rohr würden die Tiere nur ein bis zwei Sekunden verbleiben, dann würden sie schon in der Luft sein und entweder erlegt werden oder davonfliegen. Außerdem hätten die Turniere auch einen tierschützerischen Aspekt. Denn die Wachteln, die bei den Turnieren nicht getötet würden, dienten als Futterquelle der Greifvögel. „So helfen wir den seltenen, einheimischen Vögeln auf Mallorca. Wenn die Greifvögel die Wachteln fressen, überleben mehr der wilden, geschützten Vögel", sagt Ripoll. Rund die Hälfte der aus Zuchtfarmen stammenden Wachteln würden bei den Turnieren davonfliegen. Mit dem Teilnehmerbeitrag der Jäger bei den Schieß-Wettbewerben würde das System finanziert.

Beim Wachtelschießen in der Nähe von Binissalem haben die Jäger jeweils 36 Euro bezahlt. Dafür schießen sie in zwei Runden auf jeweils vier Wachteln. Vor allem Männer aller Altersgruppen sind gekommen. Aber auch einige Frauen nehmen die Wachteln ins Visier. Dabei geht es nicht nur ums Gewinnen. „Die erlegten Wachteln können wir mit nach Hause nehmen. Das wird heute ein leckeres Abendessen", sagt einer. Doch offenbar werden nicht alle herumliegenden Wachteln gefunden. „Ich habe am nächsten Tag beim Spazierengehen noch mehrere verletzte Wachteln auf dem Boden gesehen", berichtet eine Anwohnerin.