Führt der als Milliardenbetrüger bekannt gewordene Manfred Schmider ein Luxusleben auf Mallorca? Das berichtete das Magazin „Bunte" in seiner Ausgabe der vergangenen Woche. Der 60-Jährige, der als Chef des Unternehmens FlowTex mit einer Schadenssumme von mehr als zwei Milliarden Euro für den größten Wirtschaftsbetrug im Nachkriegsdeutschland verantwortlich ist, habe es wieder geschafft. Er lebe nach seiner vorzeitigen Haftentlassung im Jahr 2007 in einer Luxusvilla in Son Vida, geschätzter Wert: acht bis zwölf Millionen Euro. Zum Familienbesitzstand des „deutschen Madoff" („Bunte") gehörten eine gebrauchte Luxusyacht für rund zwei Million Euro. Im Fuhrpark stünden ein Porsche Cayenne, ein Audi-Cabrio, ein alter Range Rover sowie ein neuer Wagen des gleichen Typs. Letzterer habe am Tag seines 60. Geburtstags am 3. Juli plötzlich vor der Tür gestanden. „Bunte": „War es ein Geschenk seiner Ex-Frau Inge?" Seinen Geburtstag hat Schmider dem Magazin zufolge mit einem Dutzend Freunden in einem „Edelrestaurant" gefeiert: „Schmider, so hat man den Eindruck, lebt wie einst." Jetzt hat der ehemalige FlowTex-Chef erstmals sein Schweigen gebrochen und gegenüber der MZ in einem Exklusivinterview über sein Leben auf der Insel gesprochen.

Herr Schmider, was haben Sie seit Ihrer Entlassung aus der Haft im Jahr 2007 gemacht?

Ich bin in einer kleinen Firma beschäftigt, bei der ich auch schon früher beschäftigt war während meines Freigangs. Und zwar hier in Palma. Die Firma ist im Immobilien- und Bausektor tätig.

Wie heißt die Firma, für die Sie arbeiten?

Das möchte ich jetzt nicht sagen. Ich möchte nicht, dass die Firma auch noch Schaden erleidet.

Was ist Ihr Aufgabenbereich bei dem Unternehmen?

Ich habe eine Berater-Funktion.

Leben Sie ganzjährig hier?

Mehr oder weniger ja.

Leben Sie mit Ihrer geschiedenen Frau zusammen?

Meine Ex-Frau lebt nicht in Palma. Sie hat ihren Wohnsitz in der Schweiz. Sie hat hier ein Ferienhaus gemietet und ist sehr oft hier. Unser Sohn ist auch hier, unsere Tochter im Moment auch. Und ich bin natürlich, so oft es geht, wenn sie hier sind, mit ihnen zusammen. Meiner geschiedenen Frau geht es sehr schlecht nach dieser Pressegeschichte.

Herr Schmider, reicht Ihr Einkommen aus, um sich diesen hohen Lebensstandard leisten zu können?

Natürlich nicht. Ich verdiene ja nicht viel als Angestellter. Wie Sie wissen, ist meine Frau ja nicht unvermögend. Das war sie auch nicht vor der ganzen Geschichte. Sie wissen ja auch, dass es ein Vergleichsverfahren gegeben hat.

Wem gehört das Ferienhaus?

Es ist ein Mietshaus.

Können Sie den Namen des Eigentümers nennen?

Nein, das möchte ich nicht.

Wem gehört das Schiff?

Das Schiff gehört meiner Ex-Frau, sie hat es vergangenes Jahr erworben, es stammt aus einem Notverkauf. Der Preis beträgt einen Bruchteil von dem, was in der Presse kolportiert worden ist. Das Schiff ist zum Verchartern vorgesehen. Meine Ex-Frau hatte gedacht, dass sie das Schiff während der Saison für einen höheren Preis verkaufen kann. Dann kam die Wirtschaftskrise, in der alles ein wenig runtergegangen ist. Die Vercharterung ist in Vorbereitung. Die Registrierungsbehörde war auch schon da und hat aufgenommen, was da geändert werden muss. Sie können ja kein Schiff verchartern, bis nicht gewisse Dinge daran geändert worden sind. Damit ist schon im letzten Jahr begonnen worden. In Palma geht das alles nicht ganz so schnell. Es dauert noch ein bisschen. Aber ich denke, zum Ende des Jahres wird es dann so weit sein, dass man es – falls es dann noch da ist – verchartern kann.

Wem gehören die Autos?

Zwei gehören meiner Ex-Frau und sind in Zürich zugelassen. Ein Audi gehört meinem Sohn, er hat auch eine Schweizer Nummer. Das sind alles Autos, die sie schon lange haben. Der Cayenne ist sechs oder sieben Jahre alt.

Es heißt, viele Millionen von der Summe, um die Sie ihre Gläubiger geschädigt haben, seien verschollen. Haben Sie eine Erklärung dafür?

Es ist schlicht und einfach nicht richtig, dass Gelder verschollen sind. Das geht auch aus dem Urteil hervor, das ich 2001 oder 2002 in der Revision bekommen habe.

Wie haben Sie die Zeit im Gefängnis erlebt?

Jeder Psychiater wird Ihnen sagen: Nach acht Jahren sind die Leute kaputt. Ich bin in psychia­trischer Behandlung und sehr froh, dass ich meine Familie immer im Rücken hatte und sie gesagt hat: Wir warten auf dich. Sonst hätte ich das im Kopf nicht überstanden. In der Haft habe ich jahrelang unter Psychopharmaka gestanden. Ich weiß nicht, ob Sie sich das vorstellen können: acht Quadratmeter und an der Decke oben ein kleines Fenster. Ein Waschbecken mit kaltem Wasser. Eine Holz­pritsche und ein Sperrholztisch, 60 mal 60 Zentimeter. Und da sitzen Sie dann knapp sieben Jahre. Danach hatte ich ja dann Freigang. Über sechseinhalb Jahre im geschlossenen Vollzug: Das ist die Hölle. Ich bin wahnsinnig angeschlagen, ich habe mich bis heute noch nicht erholt von dieser Geschichte. Ich wollte eigentlich nur meine Ruhe haben. Ich finde meine Kraft, wenn ich bei meiner Familie bin, wenn ich mit meinen Kindern und meiner Ex-Frau zusammen sein kann. Es ist eine Katastrophe, dass das jetzt alles wieder aufgebauscht wurde. Es ist schlimm für uns alle.

Bereuen Sie die Dinge, für die Sie verurteilt wurden?

Ja, natürlich. Das war nicht richtig. Ich habe dafür gebüßt. Ich würde das nie wieder machen. Ich möchte da, wo ich so lange war, nicht noch einmal hin.

Lassen Sie uns zurückgehen auf die Frage des Hauses. Wird es von einem Freund, einem Bekannten oder einem Verwandten von Ihnen vermietet?

Meine Ex-Frau hat es direkt vom Eigentümer gemietet, der es schon seit 13 Jahren in seinem Besitz hat.

Sie sprechen immer von Ihrer Familie. Ihre Ex-Frau zählen Sie dazu? Sie leben in einer Partnerschaft?

Das möchte ich nicht kommentieren. Das geht mir jetzt zu weit in den Intimbereich. Seien Sie mir nicht böse … Ich bin nur froh, dass meine Familie für mich da ist. Und da beziehe ich meine Ex-Frau mit ein. Und dass sie mich unterstützt, und dass ich mit ihnen möglichst viel Zeit zusammen verbringen kann.

Haben Sie nicht Verständnis dafür, dass ihr Lebensstil in der Öffentlichkeit Empörung auslöst?

Als einer meiner Gläubiger wäre ich genauso entsetzt, wenn ich die ´Bunte´ lesen würde. Deswegen bin ich ja auch empört, was die ´Bunte´ daraus gemacht hat. Richtig ist: Meine geschiedene Frau hat ein Boot aus einem Notverkauf günstig gekauft, das sie verchartern will, damit sie die Unterhaltskosten verdienen kann. Dass meine Familie einmal damit fährt – ich meine, dagegen kann man doch nichts sagen. Meine geschiedene Frau hat fünf meiner ältesten Freunde, die ich noch habe, mit ihren Frauen zu meinem 60. Geburtstag eingeladen. Wir waren nicht im ´Tristán´ oder irgendwo sonst, sondern in einem gutbürgerlichen Lokal – mit einer exzellenten Küche, wo Preis und Leistung stimmen. Und an einem Abend hatten wir ein Abend­essen zu Hause in kleinstem Kreise mit Tapas, Kleinigkeiten. Ist doch klar, dass, wenn Leute aus Deutschland extra hierherkommen, man sie nicht am nächsten Morgen wieder wegschicken kann. Wenn man das so geschrieben hätte, wie es wirklich war: Ich weiß nicht, ob sich dann jemand echauffieren würde. Ich habe auch keinen Range Rover zum Geburtstag geschenkt bekommen. Das war ein Mietfahrzeug.

Haben Sie sich etwa vorgenommen – im Vergleich zu der Zeit vor Ihrem Gefängnisaufenthalt – eine Nummer kleiner zu leben?

Ich brauch das alles nicht mehr, ich will das nicht mehr, ich will meine Ruhe haben. Ich bin kaputt, verstehen Sie? Ich will nur eines: Ich will meine Familie um mich haben und möchte die auch schützen vor blöden Artikeln. Ich habe mit meinem alten Leben abgeschlossen. Ich habe gebüßt, es war nicht richtig, was ich gemacht habe. Ich bin entsetzt, wenn man mich mit Bernard Madoff vergleicht, der über 1.000 Privatanleger und auch den jüdischen Verein geschädigt hat (US-amerikanischer Milliarden-Betrüger, Anm.d.Red). Das ist der Gipfel an Geschmacklosigkeit. Dieser Vergleich passt nun wirklich nicht. Ich hatte nichts mit ­Privatanlegern zu tun.

Wenn Sie in Son Vida leben und auf Yachten herumfahren, sieht das in der Öffentlichkeit nicht danach aus, dass Sie eine Nummer kleiner leben.

Würde meine Familie in einer Ein-Zimmer-Wohnung leben, würde ich sie genauso aufsuchen. Ich gehe natürlich dorthin, wo meine Familie ist. Aber ich kann ja jetzt nicht meiner Familie oder meiner Ex-Frau vorschreiben, wo sie wohnt. Es ist ja nicht so, dass sie total verarmt ist.

Was haben Sie sich jetzt so vorgenommen im Leben?

Ich möchte im Kreise meiner Familie noch ein paar Jahre verbringen und in Ruhe gelassen werden. Ich möchte keine riesigen Aktivitäten mehr starten. Da habe ich auch gar nicht mehr die Nerven und das Potenzial dazu. Nach acht Jahren Gefängnis sind Sie kaputt. Das kann nur jemand empfinden, der das selber hinter sich hat. Glauben Sie mir, ich will nur meine Ruhe haben – mehr nicht!

Können Sie sich überhaupt ein Leben ohne Yachten und Villen und Range Rover vorstellen?

Ich muss das alles nicht mehr haben. Wenn meine Familie ein Ferienhaus hier hat – die müssen ja irgendwo wohnen – und ich so oft wie möglich bei denen bin, das ist doch legal.

Wohnen Sie auch dort?

Ich bin sehr oft dort, aber das ist nicht mein Wohnsitz.

Und wo wohnen Sie dann?

Das möchte ich nicht sagen, sonst stehen Sie dann auch dort vor der Tür. Das möchte ich nicht. Ich habe bisher noch nie mit der Presse gesprochen.

Der Flowtex-Skandal - Betrug in 242 Fällen

Der FlowTex-Betrug gilt als größter Fall von Wirtschaftskriminalität in der deutschen Nachkriegsgeschichte. Die Ettlinger Firmengruppe FlowTex hatte jahrelang mit größtenteils nicht existierenden Bohrsystemen gehandelt. FlowTex verkaufte rund 3.000 sogenannte Horizontalbohrsysteme zum Stückpreis von 1,5 Millionen Mark – die meisten aber nur auf dem Papier. Banken und Leasinggesellschaften entstand dadurch ein Schaden von rund zwei Milliarden Euro. FlowTex-Chef Manfred Schmider führte einen aufwendigen Lebensstil. Er besaß eine 55 Meter lange Yacht, einen Privatjet und mehrere Luxusvillen in Europa und Südamerika.

Manfred Schmider wurde im Februar 2000 verhaftet. Nach einem ersten, später wieder aufgehobenen Urteil aus dem Jahr 2001 wurde er im Mai 2003 vom Landgericht Mannheim zu einer Freiheitsstrafe von elf Jahren und sechs Monaten verurteilt – unter anderem wegen Betruges in 145 Fällen, bandenmäßigen Betruges in 97 Fällen und Kapitalanlagebetruges. Auch sein Kompagnon Klaus Kleiser musste mehrere Jahre ins Gefängnis. Insgesamt wurden 27 Menschen in Zusammenhang mit dem FlowTex-Skandal verurteilt – neun zu Haftstrafen.

Nach etwas mehr als sieben Jahren wurde Manfred Schmider aus der Justizvollzugsanstalt Freiburg wegen guter Führung entlassen. Die restliche Strafe wurde auf Bewährung ausgesetzt. Die Kammer begründete die Entlassung mit einer günstigen Prognose für Schmider und mit der Tatsache, dass er sich zuvor nichts hatte zuschulden kommen lassen.

Auch seine geschiedene Ehefrau Inge muss sich noch vor einem Gericht in Karlsruhe verantworten. Ihr wird vorgeworfen, Geld und Sachwerte beiseite geschafft zu haben. Zwei Gerichtstermine ließ sie bereits platzen: am 3. Juni wegen Krankheit und am 18. Juni, weil sie ihren Anwalt gewechselt hatte. Bereits in den 90er Jahren hatte Manfred Schmider seiner damaligen Gattin 100 Millionen Euro überwiesen. Nach seiner Verhaftung schloss diese mit dem Insolvenzverwalter einen Vergleich: Sie durfte rund zehn Millionen Euro behalten, musste den Rest aber abgeben.