Der hartnäckige Bieter hinten im Saal hat wohl den Meerblick von seiner künftigen Terrasse schon vor seinem geistigen Auge. Für das Penthouse in der Luxus-Siedlung Gran Folies im Südwesten Mallorcas steigert er das Mindestgebot von 720.000 Euro bis auf 870.000 Euro. Laut Gutachten ist die exklusive Wohnung 960.000 Euro wert.

In Zehntausender-Schritten geht es hin und her zwischen dem Käufer und einer Dame, die an der Wand steht, und über das Handy Anweisungen von einem nicht anwesenden Mitbieter erhält. Bis schließlich kein Gegengebot mehr kommt und Auktionator Hans von Rotenhan das Objekt mit der Nummer 119 zuteilt. „Zum Ersten, zum Zweiten, zum Dritten", dann fällt der Hammer, der von seiner Herstellern eigentlich zum Fleischklopfen gedacht war. Der Mann hinten im Saal hat das Rennen gemacht.

Damit war am Dienstagvormittag (5.5.) nach knapp zehn Minuten auch schon die komplette Immobilien-Versteigerung zu Ende. Es war die erste freiwillige Auktion dieser Art seit Jahren - Zwangsversteigerungen finden hingegen fortlaufend statt -, und viele der Anwesenden verließen leicht enttäuscht den schmucklosen Saal in der Anwaltskammer an Palmas Rambla. Dabei waren die meisten von ihnen gar keine Bieter, sondern Medienvertreter oder andere Neugierige. Gekommen waren auch Leute, die ihr Haus verkaufen, aber zunächst beobachten wollen, wie die Versteigerung vonstatten geht.

Dennoch wurden in der kurzen Zeit insgesamt neun der 19 angebotenen Wohnungen, Fincas, Villen und Grundstücke auf Mallorca verkauft. Von Rotenhan hatte allerdings nur drei aufgerufen - diejenigen, für die sich mehrere Bieter angemeldet hatten. Für weitere sechs hatte jeweils nur ein einziger anonymer Bieter den Mindestpreis geboten und deswegen automatisch zum Beginn der Versteigerung den Zuschlag erhalten. Eine Meerblick-Wohnung in Cala Fornells (Wertgutachten: 300.270 Euro) ging für 230.000 Euro an ein Paar aus Süddeutschland, ein fast 16.000 Quadratmeter großes Baugrundstück bei Sineu (Wertgutachten: 150.000 Euro) erreichte einen Preis von 100.000 Euro.

Organisator von Rotenhan arbeitet mit seinen Partnern Doron Spinner und Daniel Westerlund bereits an der Vorbereitung der nächsten Auktion am 28. Juli. Dann sollen rund 50 Objekte angeboten werden. „Die Leute wenden sich an uns, weil sie unbedingt ihr Haus verkaufen wollen. Sachen, die uns nicht gefallen, lehnen wir allerdings ab", sagt von Rotenhan. In den 90er Jahren, als der Immobilienmarkt ähnlich wie heute auf Mallorca stagnierte, und der Anwalt ebenfalls Versteigerungen als Mittel zur Steigerung des Kaufinteresses anbot, sei es viel schwieriger gewesen, passende Objekte zu finden.

Nichts geändert hat sich am Schock, den die Verkäufer ereilt, wenn sie vom neuen Wertgutachten ihrer Immobilie erfahren. „Das liegt meistens weit unter dem, was die Makler den Leuten erzählt haben." Außerdem muss damit gerechnet werden, dass nur 75 Prozent davon - das ist das Mindestgebot - erzielt werden. Wer sich dennoch für eine Versteigerung entscheidet, der ist meistens angesichts der Wirtschaftskrise dazu gezwungen, so wie etwa die ­Meyers aus Colònia de Sant Jordi. „Wir können die Hypothek nicht mehr bezahlen, und die Bank ist nicht bereit, uns entgegenzukommen", sagt Hans Meyer. Deswegen sind er und seine Frau Linda schon ausgezogen und vermieten ihr Eigenheim. Meyer, der früher Bauvorhaben leitete, hat keine Aufträge mehr, und die als Kapital-Vorsorge gedachten Aktien bei der Banco Santander sind nur noch ein Drittel wert. „Wir haben einen fünfstelligen Betrag verloren", sagt der 65-Jährige. Die Villa der ­Meyers bei Colònia de Sant Jordi (Wertgutachten: 1.200.516 Euro) fand jedoch bei der Auktion keinen Interessenten. Die beiden deutschen Residenten hoffen weiter auf einen Käufer.

Vielleicht kommt ja am 28. Juli ein Interessent für das Haus mit Pool. Bei dem Termin ist zumindest mit mehr Teilnehmern als am Dienstag zu rechnen. „Ich werde das auf jeden Fall weiter beobachten", kündigte etwa Samuel O. an. Der IT-Berater aus Berlin hatte eigens seinen Mallorca-­Aufenthalt verlängert, um sich die Chance auf ein Schnäppchen bei der Auktion nicht entgehen zu lassen. Der 28-Jährige wollte sein Geld in das angebotene Grundstück bei Sineu investieren. Ersteigert hat es dann ein anderer. Ein deutscher Resident aus Bendinat, der ebenfalls leer nach Hause ging, will auch wiederkommen. „Ich will investieren. Sobald sich was tut, schlage ich zu."

www.palmapropertyauctions.com

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