Das chiringuito ist so etwas wie ihr zweites Zuhause. Der Strand beginnt zu ihren Füßen, die Theke befindet sich in Rufnähe, es läuft entspannte Musik - hier lässt es sich aushalten. „Das ist hier für uns eine Art Anlaufpunkt“, sagt Silja Dressel, die sich mit ihren Freunden Cornelia Abel, Stefan Fässer und Janina Dräger eine Pause vom Sport gönnt. „Wir hängen den ganzen Tag hier ab, wenn wir nicht gerade Volleyball spielen.“

Die Truppe aus Berlin lässt es sich gut gehen auf den Liegestühlen vor dem Café Playero Club. Jedes Jahr kommen sie ins Beachvolleyballcamp an den Strand von Port d‘Alcúdia - im Frühjahr, und im Herbst noch einmal. Das Personal des Strandcafés wie zum Beispiel Paco kennen sie inzwischen persönlich, sagt Dressel, „wir begrüßen uns hier wie Freunde.“

Und dann erzählt ihnen der ­Reporter, dass hier demnächst der Bagger anrücken wird, um einen Großteil des chiringuito platt zu machen. Grund: Das spanische Küstengesetz erlaubt keinen Privat­besitz auf dem Strand - und das Café Playero Club steht zu nahe an der Küstenlinie. „S …, sehr bedauerlich“, ist der spontane Kommentar bei der Gruppe - die Argumente leuchten nur schwer ein. Wer könne sich denn durch ihr Lieblingsstrandcafé gestört fühlen? Und was wird aus den Jobs?

Das ­Café Playero Playa ist eines von drei chiringuitos auf Mallorca, denen das spanische Küstengesetz zum Verhängnis wird. Neben Port d‘Alcúdia wird auch in Portals Vells (Gemeinde Calvià) im Winter ein Strandcafé abgerissen - die Einsprüche des Besitzers blieben ohne Erfolg. In einem weiteren Fall werden noch die Akten geprüft. Während an der Festlandküste reihenweise illegale Strandbuden weichen müssen, hat die balearische Küstenbehörde für den Großteil der 208 chiringuitos auf Mallorca Entwarnung gegeben.

Für Esteban Mas, Betreiber des Playero Playa und Besitzer des nahegelegenen Hotels Boccaccio, ist das kein Trost. Er hat erst 2008 rund 100.000 Euro in die Neugestaltung des Chill-Bereichs des Strandcafés gesteckt, bevor ihm dann im März die Küstenschutzbehörde den Abrissbescheid zustellte. Jetzt muss er auch noch für die Abrissbirne aufkommen. Doch Mas fügt sich in sein Schicksal. Das chiringuito liege laut Gesetz nun einmal zu nahe am Strand und sei illegal - auch wenn sich daran noch nie jemand gestört habe, seit er das Strandcafé vor rund 40 Jahren gekauft habe. „Das sind Fehlinvestitionen im Leben, die man einfach hinnehmen muss.“

Letztendlich sei er froh, dass ihm die Behörde Aufschub bis zum Ende der Saison gewährt habe. „Ich habe schließlich Verpflichtungen gegenüber den Reiseveranstaltern.“ So versorgt die Strandcafé auch die All-inclusive-Gäste des Hotels. Mas geht zudem davon aus, dass bis Saisonbeginn 2010 ein neues, aber weiter zurückgesetztes chiringuito den Betrieb aufnehmen kann. „Auch nächstes Jahr wird es ein Angebot geben.“

Die Küstenbehörde ist bekannt für ihre Strenge. Regelmäßig müsse man mit Inspektionen rechnen, erzählen Nati Fernández und Martín Silva, die ebenfalls ein Strandcafé am Strand von Port d‘Alcúdia betreiben. „Wir dürfen außerhalb der Terrasse sieben Tische aufstellen - bei acht wird eine saftige Strafe fällig.“ Bier-Werbung auf Tischen und Stühlen sei ohnehin tabu. Streng durchgezählt sind im übrigen auch die Sonnenschirme und Liegestühle, die geliehen werden können.

Seit 34 Jahren ist Silva im Geschäft und versorgt während des Sommers sieben Tage pro Woche die Strandgäste mit Imbissen und kühlen Getränken. Die Vorschriften kennt er nur zu gut. Doch seitdem das spanische Küstengesetz von 1988 streng umgesetzt wird, sei auch er sich nicht sicher, ob nicht eines Tages doch ein blauer Brief eintrifft. Viele Strand-Wirte hätten sich das harte Durchgreifen aber auch selbst zuzuschreiben. „In Málaga gibt es chiringuitos, die sind größer als ein Hotel.“

Die Strenge der Behörde kommt auch deswegen bei den Betreibern schlecht an, weil sie ohnehin mit wirtschaftlichen und klimatischen Problemen kämpfen. Nach dem verregneten September versuchen Fernández und Silva zu retten, was zu retten ist - in ihrem Fall ist das Strandcafé direkt der Küstenbehörde unterstellt, und die Betriebskonzession muss jährlich aufs Neue ersteigert werden. In diesem Jahr waren 65.000 Euro an die Gemeinde Alcúdia sowie weitere 9.000 Euro an die Küstenbehörde fällig. „Besonders rentabel wird dieses Jahr nicht“, sagt Silva.

Die Touristen merken nichts von den Sorgen der Strand-Wirte und -Kellner. Und auch Silja Dressel und ihre Freunde hoffen auf ein Wiedersehen mit ihrem Paco im Mallorca-Sommer 2010.

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