„Do you speak english?" Wer auf Mallorca mit Einheimischen in der Weltsprache kommunizieren will, hat so seine Probleme. Sogar junge Leute müssen da häufig passen. Laut einer Studie kann sich über die Hälfte der Studenten der Balearen-Universität (UIB) nicht auf Englisch ausdrücken. Bei der Befragung gaben 64 Prozent der Studenten an, kein Englisch zu verstehen. Das entspricht durchaus den Erfahrungswerten.

„Mein Englisch ist wirklich schlecht", sagt denn auch Marcos Augusto, der Sprecher des Studentenrats der Universität. Englisch sei in seiner Schulzeit eine asignatura maria gewesen, ein Fach, das keiner ernst nimmt. „Die ersten Jahre haben wir nicht viel mehr gemacht, als immer wieder die Namen der Farben zu wiederholen oder das Verb to be zu konjugieren", erinnert sich der 25-Jährige, der demnächst sein Philosophiestudium abschließt.

Ordentlich gelernt hat der Sohn einer Spanisch sprechenden Familie dagegen die Sprache der Inseln. „Der Katalanischunterricht war viel besser, moderner und interaktiver", sagt Augusto. Englisch hingegen wurde auf den Balearen eher wie Latein unterrichtet. Das gibt auch das balearische Bildungsministerium zu. Früher sei das der Sprache zugrunde liegende System gelehrt worden, jetzt ginge es um ihre Verwendung, heißt es im aktuellen Plan zur Förderung von Fremdsprachen (s. Kasten).

„Politisch hatte Englisch noch nie Priorität", sagt Rafael Pons, der Bildungssprecher der Gewerkschaft CCOO. Dabei wurden in der vergangenen Legislaturperiode unter der konservativen Landesregierung von Jaume Matas „dreisprachige" Schulen eingeführt – mit gleichen Anteilen Spanisch, Katalanisch und Englisch als Unterrichtssprachen. Das von dem Sozialisten Francesc Antich geführte Mitte-Links-Bündnis jedoch schaffte sie wieder ab.

„Da wurde sowieso nur improvisiert, die Lehrer waren überhaupt nicht auf den Unterricht vorbereitet", glaubt Rafael Pons. Der gelernte Grundschullehrer bittet um Nachsehen mit seinen Landsleuten. „Man muss bedenken, dass unser Bildungssystem viel zu leisten hatte. In den 70er Jahren waren noch nicht einmal alle Kinder eingeschult, bis in die 80er war Französisch die erste Fremdsprache, und in den ersten Jahren des neuen Jahrtausends mussten die Schulen eine große Anzahl von Einwanderern integrieren."

Auf das Thema Fremdsprache gibt es aber auch noch eine speziell mallorquinische Sichtweise. „Immerhin beherrschen die Kinder schon eine zweite Sprache sehr gut, das Spanische", sagt Antonia Font, die Sprecherin der Gewerkschaft Stei-i. Für den einflussreichsten Lehrerbund auf den Inseln hat die Beherrschung des Katalanischen Vorrang vor allen Fremdsprachen. Dabei stehen einem effektiven Englischunterricht auch schlecht ausgebildete Lehrer im Weg. „In der Ausbildung der Englischlehrer kommen viele Fächer vor, die mit Englisch nichts zu tun haben", sagt Pilar Romera, Englisch-Fachbetreuerin an der Sekundarschule Bendinat. Didaktik, Methodik und Unterrichtspraxis hingegen kämen zu kurz. Romera wünscht sich für künftige Lehrer außerdem verpflichtende Unterrichtspraktika im englischsprachigen Ausland und unbedingt kleinere Klassen. „Wir haben oft mehr als 30 Schüler im Klassenzimmer."

Speziell Teenager würden sich zudem bei den Kommunikationsübungen leicht lächerlich fühlen. Sie sind sie nicht gewohnt, da in den übrigen Fächern häufig auf Frontalunterricht gesetzt wird – der Lehrer spricht, die Schüler hören zu.

Hintergrund:

Heute wird der Englischunterricht bereits deutlich wichtiger genommen als noch vor wenigen Jahren. Mittlerweile beginnen Kinder auf den Balearen in staatlichen Schulen spätestens in der zweiten Vorschulklasse (Alter 4/5 Jahre) mit spielerischem Englischunterricht. Die Stunden werden konti­nuierlich ausgebaut auf eineinhalb Stunden in den ersten beiden Grundschuljahren und zwei Stunden im dritten und vierten Grundschuljahr. Ab dem fünften Grundschuljahr werden wöchentlich drei Stunden Englisch unterrichtet, im letzten Pflichtschuljahr, der vierten Klasse der Sekundarschule, sogar vier Stunden. An vielen Schulen wird außerdem bereits in den fortgeschrittenen Klassen ein weiteres Fach, zum Beispiel Geschichte, auf Englisch unterrichtet. Diese Methode soll bald in allen öffentlichen Schulen angewendet werden. Das balearische Kultusministerium ist sich des „Englisch-Notstands" auf den Balearen bewusst und fördert derzeit mit zwei Millionen Euro den Ausbau und die Verbesserung des Fremdsprachenunterrichts. So soll etwa die Anwendung moderner Didaktik vorgeschrieben und die Lehrer mit Weiterbildungen auf den aktuellen Stand gebracht werden.

In der Printausgabe lesen Sie außerdem:

- Die Konkurrenz schläft nicht: Tourismusstudie der Handelskammer

- Regionalpartei Unió Mallorquina hat neuen Vorsitzenden

- Rententage in Palma: Versicherungsträger informieren

- Hausgemachte Kiosk-Krise: Stadt Palma sucht neuen Betreiber

- Serie Überfischung: Wenn schon Fisch, dann am besten mallorquinischen

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