Es sollte ein entspannter Golf­urlaub auf Mallorca werden, doch der Ärger fing schon am Flughafen in Palma an. Als die Journalisten Peter Hahn und Jürgen Stich ihren online gebuchten Mietwagen abholen wollten, mussten sie erst einmal fast eine Stunde vor dem Schalter der Firma Goldcar anstehen. Für eine Woche hatten sie bereits den vermeintlichen Komplettpreis von 171,18 Euro bezahlt. Dann die böse Überraschung: Für den vollen Tank und weitere unverlangte Extras (spezielle Reifenversicherung, eine bessere Fahrzeugklasse und Bereitstellung eines Diesel- statt eines Benzinfahrzeugs) kassierte das Mietwagenunternehmen zusätzlich 97 Euro.

Statt einer Rückgabe des Wagens mit vollem Benzintank lässt Goldcar seine Kunden die Tankfüllung vorab bezahlen und erwartet dann einen leeren Tank zurück. „Das hat große Vorteile für die Kunden, man muss beim Zurückbringen keine Tankstelle suchen und spart Zeit", verteidigt Goldcar-Marketing-Chef Enrique Bueno die „Full-Empty-Lösung".

Doch viele Kurzzeit­urlauber auf Mallorca fahren gar nicht so weite Strecken und bringen deshalb einen halb vollen Tank zurück. So auch Hahn und Stich. Als die beiden Deutschen bei der Rückgabe des Wagens die Erstattung des Restbenzins verlangten, wurden sie auf die Geschäftsbedingungen des Unternehmens verwiesen. Eine Erstattung gebe es nur bei Autovermietungen von bis zu drei Tagen. „Das ist absolut unseriös", empört sich Hahn.

Die beiden Oster-Urlauber sind bei weitem nicht die einzigen Mallorca-Touristen, die sich über offensichtliche Abzock-Methoden von Mietwagenfirmen ärgern. „Wir erhalten sehr viele Reklamationen in dem Bereich. Allein im Jahr 2009 waren es 284", sagt Conxa Obrador, die Leiterin der balearischen Verbraucherschutzbehörde.

Neben nicht nachvollziehbaren Aufpreisen und Autos in schlechtem Zustand bringen die Firmen ihre Kunden vor allem mit dem zweifelhaften Umgang mit der Tankfüllung gegen sich auf. Statt der üblichen Voll-Voll-Lösung (der Wagen wird voll getankt übergeben und genauso vom Kunden wieder abgegeben) lassen manche Firmen den Kunden die Tankfüllung extra bezahlen, so wie im Fall von Hahn und Stich, und diese sollen ihn dann leer zurückbringen.

„Es kommt aber auch vor, dass der Wagen nur halb voll übergeben wird und dann voll zurückgebracht werden soll", sagt Obrador. Weiteres Ärgernis: Die Verantwortung für bereits bestehende Schäden am Auto wird einem Neukunden aufgehalst. „Dann soll jemand für die Reparatur bezahlen, der gar nichts kaputt gemacht hat."

Der Versuch mancher Firmen, über die Tankfüllung zu mehr Profit zu kommen, ist auch Deutschlands größtem Preisvergleichsportal zu Mietautos bekannt. „Diese Praxis hat vor allem rund ums Mittelmeer zugenommen, im vergangenen Sommer hat das schon viele Kunden verärgert", sagt Frieder Bechtel, Sprecher von www.billiger-mietwagen.de. Wie mit dem Thema bei der jeweiligen Firma umgegangen wird, erfährt der Kunde zwar, wenn er bei dem Portal auf der Übersichtsmaske auf „Details" klickt, doch bei der einfachen Durchsicht ist dazu nichts vermerkt. „Wir arbeiten daran, diese Informationen sofort kenntlich zu machen. Das ist bisher technisch noch nicht möglich", erklärt Bechtel. Das Portal selbst hat auf die jeweilige Geschäftspraxis der Firmen keinen Einfluss. Auf der Internet-seite erscheinen die Angebote von Vermittlungsfirmen, den „Brokern", die mit den Mietwagenfirmen direkt zusammenarbeiten.

Das Verhalten mancher Mietwagenfirmen schreckt auch die Branchenverbände auf Mallorca auf. „Das ist schlecht für das Image von allen", sagt Estanislao de Mata, Vorsitzender von Baleval. Wie auch sein Kollege Ramon Reus vom Verband kleinerer Vermieter (Aevab) rät er dazu, unbedingt eine Reklamation bei der Verbraucherschutzbehörde zu machen. „Die Firmen können die Kunden nicht dazu zwingen, den Wagen mit leerem Tank zurückzubringen. Das ist unmoralisch. Der Kunde sollte nur zahlen, was er verbraucht", sagt Reus.

Vor allem extreme Billiganbieter würden bei der Wagenabholung am Flughafen Zusatzkosten aufschlagen, die von den „Brokern" im Internet nicht dargestellt werden. Deswegen empfiehlt Reus, statt über Vermittlungsfirmen und Online-Vergleichsportale direkt bei Mietwagen-Firmen zu buchen. „Wir alle sind im Internet vertreten, erscheinen nur nicht ganz oben auf der Trefferliste."

Beide Verbände bemühen sich darum, ihren Mitgliedern die Bedeutung von fairen Geschäften deutlich zu machen. „Wir sprechen das immer wieder an", sagt de Mata. Bei Aevab würden sogar spezielle Unterweisungen in Geschäftsethik stattfinden. Eine konkrete Handhabe gegen unseriöse Firmen gebe es aber nicht.

Dennoch, wenn Reus von Problemen hört, greift er auch mal selbst zum Telefonhörer und versucht, die jeweilige Firma umzustimmen. So auch vor wenigen Tagen, als er vom Ärger des deutschen Urlaubers Carsten Funke erfuhr. Dieser war von der Mietwagenfirma Vanrell mit einem kaputten Jeep auf einer Finca bei Deià hängen gelassen worden. Als bei dem Wagen nach einem Tag die Kupplung kaputt ging, sollte Funke die Reparaturkosten von rund 900 Euro bezahlen. „Per Ferndiagnose wusste die Firma, dass die Schuld bei mir liegt", sagt Funke.

Als sich Funke weigerte, für die Schadensbehebung zu zahlen, wollte die Firma kein Ersatzfahrzeug bereitstellen. „Das war Erpressung." Dennoch ließ er sich nicht auf den Handel ein und verbrachte deswegen das Osterwochenende ohne Mietwagen. „Wir mussten drei Kilometer zu Fuß ins Dorf laufen, um einzukaufen." Über die Feiertage waren die Mietwagenfirmen ausgebucht, so dass er erst nach drei Tagen ein neues Fahrzeug anmieten konnte. „Dafür gebe ich noch einmal 425 Euro aus, nachdem ich schon 700 Euro und Benzin für den Jeep bezahlt habe, den ich ganze 15 Stunden genutzt habe."

In der Printausgabe lesen Sie außerdem:

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