Wenn Isabel Teruel ins Auto steigt, um Besuchern die neue Super-­Mole zu zeigen, ist Geduld gefragt. Port Adriano ist eine Großbau­stelle – im Minutentakt wirbeln Laster Staub auf, Yachtbesitzer karren ihre Boote auf Anhängern heran und ein halbes Dutzend Bauarbeiter versucht zumindest, den Verkehr in geordnete Bahnen zu lenken. „Ich bin die Direktorin hier", stellt Teruel gegenüber einem Mann mit Leitkelle klar, der sie schließlich passieren lässt.

Mehr als hundert Bauarbeiter machen sich derzeit in Port Adriano zu schaffen. Der Countdown läuft: Am 1. Juni sollen in dem Yachthafen bei El Toro im Südwesten Mallorcas die ersten Superyachten festmachen – schwimmende Villen von bis zu 60 Metern Länge. So lange Anlegestellen gibt es auf Mallorca sonst nur im Club de Mar in Palma. „Und dort ist nichts frei", sagt Teruel.

Die Hafendirektorin ist auf Mallorca in der glücklichen Ausnahmesituation, dass ihr 80-Millionen-Projekt der Hafenerweiterung planmäßig über die Bühne geht – im Gegensatz zu Baustopps bei Urbanisationen, finanziellen ­Problemen wie beim Kongresspalast oder politischem Hickhack und Störfeuer von Umweltschützern wie bei den Golfplätzen Son Baco und Son Bosc. „Auch wir mussten drei Jahre auf die Genehmigung warten", sagt Teruel. Unter anderen hatte Brüssel ein Wörtchen mitzureden.

Zudem brachten sich Umweltschützer und die Bürgerinitiative S.O.S. Can Vairet, benannt nach dem Namen des Gebiets, in Stellung. Sie versuchten bis zuletzt, die Bauarbeiten zu verhindern. Hauptargument: Durch die Erweiterung des Hafens würden für das Ökosystem wertvolle Seegras-Wiesen zerstört. Die Hafenverwaltung bestreitet das und verweist auf andere Gutachten.

Die Arbeiten begannen schließlich im Herbst 2007. Zu 398 bestehenden Liegeplätzen kommen 82 neue hinzu. Allein 27 davon sind für Yachten von mindestens 40 Metern Länge gedacht. Platz finden sie an einer neuen Mole, die den Hafen ins Meer hinauswachsen lässt. Dort wird derzeit noch betoniert und asphaltiert. Taucher versenken quadratische Betonklötze mit Ketten zur Verankerung der Schiffe, sogenannte Moorings. Die Poller auf der Mole – im Exklusiv-Design des Franzosen Philippe Starck – stecken noch unter Plastikschutzfolien.

Die mehr als 30 tonnenschweren Betonklötze, aus denen die Außenmole besteht, seien aus Castellón bei Valencia herbeigeschleppt worden, berichtet die Hafendirektorin. Bei einer Höhe von 10,5 Metern hätten Herbststürme – im Gegensatz etwa zum sturmgeplagten Hafen von Andratx – keine Chance mehr. „Da kommt nur ein bisschen Gischt herüber."

Bei schönem Wetter dagegen dient die Schutzmauer als Flaniermeile. Nur von dort oben ist noch das Meer zu sehen. Eine weitere Attraktion soll die Shopping-Meile im Avantgarde-Design von Philippe Starck werden. Die Innenmole bietet auf 4.000 Quadratmetern Platz für Restaurants, Juwelierläden, Immobilienagenturen und Boutiquen. Derzeit werde noch mit den Interessenten über die Lokale verhandelt, sagt die Hafendirektorin, verrät aber schon, wer an der Stirnseite der Shoppingmeile, dort wo Treppen ins Wasser führen werden, einen prominenten Platz finden wird: „East", ein Import aus der Hamburger Gastronomie-Szene.

Ohnehin sind rund 40 Prozent der Yachtbesitzer Deutsche. Das Unternehmen Ocibar, dem Port Adriano gehört, lockt die Kunden auch mit seiner Präsenz auf den Nachbarinseln Menorca (S´Altra Banda) und Ibiza (Ibiza Magna). Hinter Ocibar stehen nach Angaben von Teruel mallorquinische Familienunternehmen – rechtzeitig zur Finanzierung der Hafenerweiterung stieß zudem die Banca March hinzu.

Wenn ab Juni die ersten Boote anlegen, wird der Hafen noch lange nicht fertig sein. Die Shopping-Meile soll Ende des Jahres hergerichtet, die restlichen Arbeiten bis spätestens zur Sommersaison 2011 abgeschlossen sein. Dazu gehört auch ein unterirdisches Parkdeck – wegen der Nähe zur Küste ein kompliziertes Unterfangen. Zudem musste der Steilhang sieben Meter tief abgetragen werden. Bereits abgeschlossen sind die Arbeiten zur Renaturierung des Strands gegenüber der Hafenausfahrt – er wurde mit dem Sand aufgeschüttet, den Bagger aus dem Hafenbecken geholt haben. War das Meer hier vorher stellenweise nur vier Meter tief, bieten nun sieben Meter genügend Platz für den Tiefgang der Super-yachten. Und damit keine Warteschlangen an der Tankstelle entstehen – sie wird über vier 50.000-Liter-Tanks verfügen – bekommt in Port Adriano jeder Liegeplatz für Yachten ab 20 Meter auch eine eigene Zapfsäule.

Und selbst wenn die Hafenerweiterung abgeschlossen ist, wird keine Ruhe einkehren. Denn die jetzigen Gebäude im Hafen passen dann nicht mehr zum Nouvelle Design. „Da werden wir die Fassaden mit einem Make-up erneuern", sagt die Hafendirektorin. Dass sich die Investitionen lohnen, daran lässt sie keinen Zweifel. Jahrelang müssen Interessenten vielerorts auf Mallorca auf die Zuteilung eines Liegeplatzes warten. Auch in Zeiten der Wirtschaftskrise seien die Ankerplätze auf Mallorca ein knappes Gut – und im Fall von 40-Meter-Yachten sowieso.

In der Printausgabe vom 22. April (Nummer 520) lesen Sie außerdem:

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