Ein neuer Anlauf zum Bau von Windparks auf Mallorca stößt auf erheblichen Widerstand. Das balearische Energieministerium bearbeitet derzeit Anträge für drei Mini-Windparks in den Gemeinden Sant Llorenç und Manacor mit jeweils zwei Windrädern. In beiden Gemeinden sprechen sich die Bürgermeister jedoch aus Gründen des Landschaftsschutzes gegen die Projekte aus.

Bisher gibt es keinen einzigen Windpark auf Mallorca. Auf der Nachbarinsel Menorca erzeugen die vier Windräder der bisher einzigen Anlage auf den Balearen 3,7 Megawatt und versorgen so rund 2.000 Haushalte mit Strom. Die Windparks, die die Firma Caj-Ecoener aus der spanischen Region Navarra beantragt hat, seien von ebenso geringem Ausmaß wie auf Menorca, sagt die balearische Energieministerin Francesca Vives (PSM). „Das hat nichts mit den Anlagen zu tun, wie wir sie vom spanischen Festland kennen."

Die geplanten sechs Windräder sollen insgesamt zwölf Megawatt Strom liefern. Im Ministerium liegen noch weitere Anträge vor. Von ursprünglich rund 20 geplanten Projekten vor vier Jahren seien die Anlagen in Sant Llorenç und Manacor jedoch als einzige spruchreif, heißt es – viele andere Anträge seien abgelehnt oder zurückgezogen worden.

Für die Landesregierung liegen die Vorteile der Windräder auf der Hand: Mit ihnen könnte der Anteil der erneuerbaren Energien an der Stromproduktion auf den Balearen auf zumindest drei Prozent gestemmt werden – die Europäische Union schreibt für Spanien einen Anteil von 20 Prozent bis zum Jahr 2020 vor.

Die Solarparks auf den Inseln steuern derzeit laut Landesministerium nur 2,4 Prozent der Energie bei. Ministerin Vives verweist zudem darauf, dass die Windräder im Gegensatz zu Solaranlagen rund um die Uhr funktionierten. „Wir brauchen die Windräder in unserem Energie-Mix, um die EU-Ziele zu erreichen."

Die zwei Windparks in der Gemeinde Manacor sollen sieben Kilometer südlich des Städtchens an der Landstraße nach Calas de Mallorca entstehen, im Gebiet des Puig de Sant Josep. „Das ist mit dem Landschaftsschutz nicht zu vereinbaren", sagt jedoch Bürgermeister Antoni Pastor (Volkspartei, PP).

Ebenso klar fällt die Ablehnung im Rathaus von Sant Llorenç aus: „Wir haben uns schon vor zwei Jahren einstimmig gegen Windräder in Calicant ausgesprochen", so Bürgermeister Mateu Puigròs (GISC). Das Gebiet befindet sich auf einer Anhöhe an der Landstraße zwischen dem Dorf Sant Llorenç und Artà. Schon in der Vergangenheit seien in der Gemeinde rund 1.500 Unterschriften gegen die Errichtung von Windkraftanlagen gesammelt worden.

Nach Einschätzung des spanischen Windkraft-Experten Josep Pascual sind die Balearen für die Nutzung der Windenergie nur begrenzt geeignet. Menorca sei ein idealer Standort, auf Mallorca kämen nur Formentor sowie die Llevant-Küste zwischen Manacor und Artà in Frage – nur dort werde die notwendige Windgeschwindigkeit von sechs Metern pro Sekunde gemessen. Formentor scheidet wegen landschaftlicher Schutzvorschriften aus.

Ob die Windräder Urlauber verschrecken, ist unklar. Beim führenden Reiseveranstalter Tui drückt sich Sprecher Michael Blum diplomatisch aus. In die Insel-Politik mische man sich grundsätzlich nicht ein, „wir haben volles Vertrauen, dass alle Entscheidungen zum Wohle des Tourismus getroffen werden".

Klarer wird Pedro Iriondo, Vorsitzender des Fremdenverkehrsverbands (Fomento del Turismo) auf Mallorca. „Ich habe Verständnis für die Förderung erneuerbarer Energien, Standorte müssen aber sehr sorgfältig ausgewählt werden." Mallorca lebe von seiner Landschaft, die Beeinträchtigung durch Windräder dürfe nicht unterschätzt werden. Die Windparks, die er im Norden Deutschlands oder auch auf Teneriffa gesehen habe, seien alles andere als unscheinbar gewesen.

Ministerin Vives dagegen will das Argument, die Windparks könnten Urlauber verschrecken, nicht gelten lassen. „Unsere Besucher aus Mittel- und Nordeuropa sind an den Anblick längst gewöhnt. Die Windräder sind dort Teil der Landschaft." Vives verweist zudem auf die traditionellen Windmühlen auf der Insel. „Sie haben auch zunächst Mallorcas Landschaft beeinträchtigt. Heute sind sie ein Postkartenmotiv."

Die Politikerin will zudem den Gemeinden Zuständigkeiten bei der Genehmigung einräumen – und eine Einnahmequelle durch die Erteilung von Betriebslizenzen. Durch den Bau jeder Windmühle entstünden zudem im Schnitt zwei neue Arbeitsplätze, so Vives. „In jedem Fall werden wir kein Projekt gegen den Widerstand aus den Rathäusern durchsetzen."

Mallorcas Energie: OHNE Kohle und Erdgas GEHT NICHTS

Auf der Sonneninsel Mallorca wird nach wie vor fast die gesamte Energie aus fossilen Brennstoffen gewonnen. In der Kritik der Umweltschützer steht besonders das veraltete Heizkraftwerk Es Murterar in Alcúdia, für das Kohle per Schiff aus Afrika herangeschafft wird.

Neben der Müllverbrennungsanlage Son Reus im Norden von Palma ist zudem seit vier Jahren das Kraftwerk Cas Tresorer östlich von Palma in Betrieb – die Anlage mit einer Kombination von Gas- und Dampfturbinen wurde erst im vergangenen Jahr um etliche Turbinen erweitert und läuft inzwischen mit Erdgas, das per Untersee-Pipeline vom Festland nach Mallorca gelangt. Der Betrieb von Es Murterar müsse nach und nach zurückgefahren werden, so Energieministerin Vives. Dafür sei jedoch ein Konsens mit Kommunen und Umweltschützern für den Bau neuer Windkraftanlagen nötig.

Neben der Erhöhung des Anteils erneuerbarer Energien an der Stromproduktion auf bis zu 20 Prozent muss aber laut EU-Vorschrift auch der Energieverbrauch bis 2020 um 20 Prozent gedrückt werden – angesichts der vielerorts schlechten Isolierung und des massiven Einsatzes von Klimaanlagen ein schwieriges Unterfangen.

In der Printausgabe vom 26. August (Nummer 538) lesen Sie außerdem:

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