In der Carrer Ferrán Alzamora an der Playa de Palma donnern die Harley-Davidson-Maschinen. Es ist Freitagabend, „Open House" im neuen Club House der Hells Angels Mallorca. Wo laut deutscher Boulevardpresse Rocker angeblich die „Machtübernahme am Ballermann" planen („Bild"), wird gegrillt, der Empfang ist freundlich. Die Skepsis gegenüber der Presse wiegt schwer, doch schließlich stellt sich Mitglied Chris den Fragen der MZ.

Wechseln Passanten manchmal erschrocken die Straßenseite, wenn Sie auftauchen?

Ganz im Gegenteil. Wenn wir unterwegs sind, sehen wir viele nach oben gerichtete Daumen. Die Leute applaudieren und zücken ihre Foto-Handys. Unsere Leidenschaft sind die Motorräder, und dafür kriegen wir jede Menge Bewunderung. Hier auf Mallorca haben wir sehr positive Erfahrungen gemacht.

Die Boulevard-Medien in Deutschland berichten von dubiosen Geschäften und brutalen Machenschaften.

Wir erkennen uns in der Berichterstattung nicht wieder und fühlen uns ungerecht behandelt. Sie sind überhaupt der erste Journalist, der auf Mallorca an uns herangetreten ist. Unsere Leidenschaft ist das Motorradfahren und sonst gar nichts. Wir haben ein gutes Verhältnis zu unseren Nachbarn an der Playa de Palma. Wir sind ein Teil der Community. Vor uns muss niemand Angst haben. Respekt aber schon. Wer uns gut behandelt, wird von uns noch besser behandelt.

Seit wann sind Sie hier?

Wir haben im November angefangen, das Clubhaus zu bauen. Als weltweiter Club haben wir Brüder aus aller Welt zur Eröffnungsparty im März eingeladen. Wir hatten 500 Biker hier – ohne dass wir polizeilich aufgefallen wären. Es wurde zwar berichtet, dass jemand mit einem internationalen Haftbefehl nach Madrid gebracht wurde. Aber dort wurde er freigelassen, das war letztendlich Freiheitsberaubung.

Was hat Sie hierher verschlagen?

Natürlich lieben wir Mallorca. Das Wetter, die Lebensart und -qualität sind nur einige von vielen Gründen, die uns wie viele andere Menschen auch hierher gezogen haben. Einige Brüder leben schon jahrelang hier, andere sind in letzter Zeit gekommen. So war es nur folgerichtig, auf der Insel ein Charter zu etablieren.

Ist das eine rein deutsche Sache?

Unsere rund 15 Mitglieder kommen aus Deutschland, Luxemburg, Marokko, Griechenland und Spanien. Bislang ist ein Mallorquiner dabei.

Warum Arenal?

Der Club ist natürlich deutsch geprägt, die Immobilien sind hier auch nicht so teuer. Wir wollten außerdem auch dort sein, wo das Leben pulsiert – und das ist nun einmal Arenal in der Hauptsaison.

Die ´Bild´-Zeitung schreibt, dass Sie die Macht am Ballermann übernehmen wollen.

Ach, die Macht haben doch ganz andere, die ´Bild´ sollte mal ein paar Beweise liefern. Natürlich betreiben Mitglieder von uns Restaurants oder Kneipen, Discotheken oder Spielsalons. Wir schreiben niemandem vor, was er tun soll. Manche von uns sind auch im Sicherheitsgewerbe tätig, sei es als Selbstständige, als Bodyguards oder Türsteher. Andere betreiben vielleicht Motorrad-Werkstätten oder Tattoo-Studios.

Auch Bordelle?

Woanders schon, hier auf Mallorca nicht. Aber wenn uns jemand sein Bordell schenken möchte, kann er das gerne tun.

Sie sind angeblich vorbestraft?

Das tut hier nichts zur Sache, das hat mit Mallorca nichts zu tun.

Wie finanziert sich der Club?

Über Mitgliedsbeiträge wie in jedem Verein, das ist kein Geheimnis. Die Miete für unser Clubhaus ist zum Glück sehr günstig. Wir sind im Übrigen durch und durch demokratisch organisiert.

Wie wird man Mitglied?

Am Anfang steht eine sogenannte Hang-around-Zeit: Wir sehen uns den Mann an, ob er den Maßstäben gerecht wird. Man muss mindestens 21 Jahre alt sein, ein Motorrad haben und respektabel durchs Leben gehen – wir akzeptieren keine Junkies oder Betrüger.

Und auch keine Frauen …

Das ist eine 60-jährige Tradition, die ich nicht in Frage stellen will.

Der ´Stern´ beschreibt Ihr Lebensgefühl mit ´Technik, Titten, Tattoos, Testosteron´.

Zumindest bei den Tattoos dürften sich viele Mitglieder wiederfinden, die sind eng mit der Bikerszene verbunden. Fast jeder hat ein Club-Tattoo. Ansonsten können sich mit solchen Begriffen vielleicht einzelne Mitglieder identifizieren, das sind aber nicht unsere Eckpfeiler.

Wie wäre es mit ´Muskeln, Motoren, archaische Männlichkeit´?

Jeder sollte natürlich seinen Mann stehen. Ich würde aber eher die Begriffe Respekt und Loyalität in den Vordergrund stellen.

Vor kurzem flüchtete ein nackter Motorradfahrer an der Playa de Palma vor der Polizei. War das ein Hells Angel?

Wir fahren grundsätzlich angezogen Motorrad. Wir kennen den Biker, aber er hat nichts mit uns zu tun.

Darf man sich als Hells Angel auch mal eine Schlägerei liefern?

Wir schreiben unseren Mitgliedern nicht vor, was sie zu tun und zu lassen haben. Man darf sich sicherlich nicht mit Frauen und Kindern prügeln. Darauf achten wir streng.

Was sind Ihre weiteren Pläne?

Wir werden weiter wachsen. Uns ist wichtig, stärker mit den Mallorquinern in Kontakt zu kommen. Wir denken auch darüber nach, eine Bar zu gründen. Wir wollen uns fest etablieren und Vorurteile abbauen.

In der Printausgabe vom 29. Juli (Nummer 534) lesen Sie außerdem:

- Ein Jahr nach den ETA-Anschlägen: Keine Spur von den Attentätern

- Europas Stresstest: Banca March schneidet am besten ab

- Urlaub mit gutem Gewissen

- Mord an der Rumänin Ana Niculai: Verdächtiger legt Geständnis ab

- Thema Überfischung: Hai in Not!

Diese Artikel finden Sie auch hier.