Nach der Aufhebung des Ermittlungsgeheimnisses sind weitere Details zur Korruption in der balearischen Tourismusbehörde Ibatur unter der Vorgängerregierung von Jaume Matas (Volkspartei, PP) zutage gekommen. Zeugenbefragungen und die Durchsicht der sichergestellten Akten der „Operación Pasarela" (Operation Laufsteg) liefern weitere Belege für die mutmaßliche Verbindung zu einem spanienweiten Korruptionsskandal („Gürtel") und eine illegale Finanzierung der Balearen-PP über von Ibatur beauftragte Unternehmer.

So flossen für die jährliche Organisation des internationalen Golfturniers Mallorca Classic von 2004 bis 2008 insgesamt 17,4 Millionen Euro an die Firma Match Golf und Pula Golf, ohne dass diese die Verwendung der Gelder im Einzelnen nachwiesen. Noch unklar ist, wer die großzügige Vergabe öffentlicher Gelder verantwortet. Die ehemals Verantwortlichen bei Ibatur beschuldigen sich gegenseitig. Der frühere Ibatur-Chef Juan Carlos Alía, der nach wie vor in Untersuchungshaft sitzt, sagte in seiner Vernehmung, dass er den Vertrag im Auftrag des technischen Leiters Javier Cases oder des Tourismusministers Joan Flaquer ausgearbeitet habe. Genau könne er sich nicht erinnern. Doch gilt seine Aussage als wenig glaubwürdig.

Die beiden begünstigten Unternehmen Match Golf und Pula Golf stehen in geschäftlicher Verbindung zur Firma Easy Concept von Francisco Correo und Álvaro Pérez („El Bigotes"). Beide sind Hauptverdächtige im Korruptionsskandal Gürtel und sollen zur illegalen Finanzierung der PP in Spanien beigetragen haben. Auch die vielfach von Ibatur beauftragte PR-Agentur Over Marketing, die den PP-Wahlkampf auf den Balearen organisierte, steht Easy Concept nahe. Ex-Tourismusminister Joan Flaquer (PP) soll die Anweisung gegeben haben, mit diesen Unternehmen zu arbeiten. Die Staatsanwaltschaft geht davon aus, dass eine Teilsumme an das Korruptionsnetzwerk Gürtel ging.

Auch sonst standen die für Ibatur erbrachten Leistungen und die dafür bezahlten Honorare, die zudem seltsamerweise oft vorab bezahlt wurden, in einem offensichtlichen Missverhältnis. So zahlte die Behörde etwa 11.595 Euro für das Einscannen und Drucken von 126 Seiten oder 12.000 Euro für 21 Fotos. Für die Übersetzung der drei Begriffe Govern, Illes Balears und Ibatur ins Chinesische durch Felip Ferré, dem politischen Ziehsohn von Jaume Matas, wurden 5.600 Euro überwiesen.

Bei Ibatur war es zudem üblich, Großaufträge in Einzelaufträge zu splitten und so die Grenze für die öffentliche Ausschreibung (ab 12.000 Euro) zu umgehen. Der Auftritt des deutschen Models Claudia Schiffer auf der Reisemesse World Travel Market in London wurde etwa zweimal abgerechnet: einmal 8.093 Euro und in einem zweiten Vertrag mit demselben Datum 10.000 Euro. Die Ausrichtung eines Sportevents auf Ibiza, das mit 100.000 Euro zu Buche schlug, soll sogar in zehn Einzelaufträgen abgerechnet worden sein.

Auch wenn offiziell eine öffentliche Ausschreibung erfolgte, wurde getrickst. So präsentierte die vielfach beauftragte Kommunikations-agentur Clave von Juan Velasco stets Angebote von drei verschiedenen Tochterfirmen, reichte dann aber nur die Dokumente einer Firma ein, so dass diese den Zuschlag bekam. Der Inhaber der Firma Gestora Balear de Negocios, José Calvo, gab außerdem zu, der Clave und deren Tochterfirmen gefälschte Rechnungen im Wert von mehr als einer Million Euro ausgestellt zu haben und dafür Kommissionen kassiert zu haben.

Andere Unternehmer, wie der Inhaber der Werbeagentur Centro de Comunicación Creativa, Bartomeu Morey, arbeiteten gratis für die PP, um dafür von Ibatur beauftragt zu werden. Morey zahlte laut seiner Aussage zudem regelmäßig Kommissionen an die Ibatur-Chefs Alía und Raimundo Alabern. Alía soll bis zu 15 Prozent der Auftragssumme in bar kassiert haben, für den Weinhandel von Alaberns Eltern fertigte Morey gratis eine Werbebroschüre im Wert von 6.000 Euro an.

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In der Printausgabe vom 12. August (Nummer 536) lesen Sie außerdem im Ressort Lokales:

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