Pere Salvà zumindest das Alter gemein. Der 61-Jährige Humangeograph der Balearen-Universität (UIB), der seit Jahrzehnten die Wanderungsbewegungen der Ausländer auf den Balearen erforscht, steht selbst kurz vor der Rente. In einer großangelegten spanienweiten Studie befasst er sich nun mit jenen seiner Altersgenossen, die sich in Spanien niedergelassen haben. Das ist kein Neuland für ihn. Schon seit Jahren beschäftigt er sich wissenschaftlich mit diesem Thema. Jetzt zeichnen sich die ersten Erkenntnisse ab.

Auf der Insel wurden 87 Interviews durchgeführt. Auch wenn die gewonnenen Daten noch bereinigt, verknüpft und offi­ziell interpretiert werden müssen, erlauben sie schon jetzt Rückschlüsse über die deutschsprachigen Mallorca-Rentner. So sei es ihnen zum ­Beispiel wichtig, nicht als Touristen angesehen zu werden – auch wenn viele regelmäßig ihren Urlaub auf Mallorca verbrachten, bevor sie dann in den 90er Jahren ganz übersiedelten. Als Insel-Residenten suchen sie zumeist den Gegenpol zu den Touristenhochburgen – ruhige Gegenden fernab von lauten Landsleuten oder der Playa de Palma.

Zwei bis fünf Mal pro Jahr brechen sie gen Heimatland auf – doch meist nicht zu Weihnachten oder Ostern, sondern vor allem im Hochsommer. „Dann, wenn sie es in ihrem Land viel ruhiger haben", sagt Salvà, der von einem antitouristischem Verhalten spricht. So ließe sich auch das Mallorca-Domizil während der eigenen Abwesenheit an Urlauber vermieten. Motive für die Heimatreise sind weniger Entspannung und Urlaub, sondern Familien- und Bekanntenbesuche sowie oft auch Arzttermine. „Wenn es ernst wird, lassen sie sich lieber von den Ärzten in ihrem Land behandeln."

Die große Mehrheit der ­Mallorca-Rentner will den gesamten Lebensabend auf Mallorca verbringen, meist zusammen mit dem Partner. Die Entscheidung wird jedoch laut der Studie oft revidiert – weil sich der Gesundheitszustand verschlechtert, der Partner stirbt oder familiäre Probleme gelöst werden müssen.

So groß das Interesse an Klima, Landschaft und Lebensqualität ist, so wenig interessieren sich die Mallorca-Rentner für die Politik. Nur rund ein Viertel ist an der Stimmabgabe bei Kommunal- oder EU-Wahlen interessiert – und von diesen wählt ein Großteil die konservative Volkspartei (PP). Von einer eigenen Ausländer-Partei halten die wenigsten Befragten etwas. Der Vorwurf, sich nicht genügend zu integrieren, ist laut Salvà nicht so leicht aufrechtzuerhalten. So engagierten sich viele Rentner durchaus in Vereinigungen – jedoch weniger in den einheimischen, als vielmehr in internationalen.

Die Akademiker machen nur einen Anteil von rund 16 Prozent aus. Rund ein Drittel gibt Einnahmen von monatlich 1.500 bis 3.000 Euro an, ein weiteres Drittel weniger als 1.500. Salvà geht jedoch davon aus, dass dieses Ergebnis durch die Antworten von Hausfrauen ohne eigenes Einkommen verzerrt ist. Ein weiteres Problem: Die deutschen Befragten zeigten sich im Vergleich zu den anderen Nationen als besonders zurückhaltend bei der Gehaltsfrage.

Und auch bei der Einschreibung ins Melderegister zögern viele: Nur 86 Prozent der Befragten sind bei ihrer Gemeinde gemeldet – die restlichen verweisen auf ihre Furcht vor dem spanischen Fiskus oder die europäische Freizügigkeit. Salvà geht davon aus, dass der Anteil der Nichtgemeldeten in Wahrheit noch größer ist – weil sie offiziell nicht erfasst sind, seien sie auch schwieriger für die Befragung zu ermitteln gewesen. Bis die endgültigen Ergebnisse vorliegen, werden die Wissenschaftler noch einige Nüsse zu knacken haben.

An dem Projekt sind insgesamt 14 Wissenschaftler unterschiedlicher Disziplinen beteiligt sind – Geographen, Juristen, Politologen oder auch Gesundheitsexperten, darunter auch drei deutsche Wissenschaftler. „Das wird die erste repräsentative Studie auf diesem Bereich für ganz Spanien", sagt Projektleiter Vicente Rodríguez vom spanischen Wissenschaftsrat CSIC.

In der Printausgabe vom 24. März (Nummer 568) lesen Sie außerdem:

- Nach der Japan-Katastrophe: Neuer Schub für Sonne und Wind

- Liberalisierter Strommart bringt Bonuspunkte statt Schnäppchen

- Proteste gegen Kernenergie und sieben Atomkraftwerke nebenan

- Serie Gemeindewahlen, Teil 2: Die Namensvettern von Llucmajor

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