Wenn Kreuzfahrtpassagiere für eine Stippvisite auf Mallorca von Bord gehen, sollten sie das besser nicht am Sonntag tun. Die meisten Geschäfte in der Innenstadt von Palma haben dann zu. Schon am Samstagmittag lassen viele Ladeninhaber die Rollläden bis zum Montag herunter. Und Nachtschwärmer haben ohnehin schlechte Karten.

Dass derart restriktive Öffnungszeiten dem Tourismus nicht unbedingt zuträglich sind, geht mittlerweile auch immer mehr Branchenvertretern und Verantwortlichen in der Politik auf. Die neue Stadtverwaltung will nun Palmas City auf breiter Front wiederbeleben. Der neue Bürgermeister Mateo Isern (Volkspartei, PP) hat sogar gefordert, dass es den Geschäften möglich sein sollte, an allen 365 Tagen des Jahres zu öffnen.

Die erste Stufe dieses Plans beginnt an diesem Donnerstag (7.7.), mit der dritten Auflage von Thursday Night Fever, bei der in der Innenstadt viele Geschäfte bis 23 Uhr offen bleiben. „Es ist das erste Mal, dass die Einzelhändler institutionell unterstützt werden", betont Esperanza Crespí, Stadträtin für Wirtschaft und Arbeit, gegenüber der MZ. Nicht nur viele Läden bleiben offen, auch Galerien, Museen und Stiftungen bis hin zur Kathedrale. Dazu gebe es einen Kunsthandwerkermarkt und musikalische Shows, so Crespí. Wenn die Bilanz nach den drei Monaten gut ausfalle, werde man weitere Initiativen angehen. Ziel sei, dass Palma das ganze Jahr über Städtetouristen und Shopping-Fans anlocke.

Um vom boomenden Kreuzfahrt-Tourismus zu profitieren, haben die Einzelhändler zudem spezielle Touren vorgeschlagen. „Das Beste wäre eine eigene Buslinie, um die Touristen zu Läden, Bars und Restaurants zu fahren", schlägt Bartomeu Severa vom Branchenverband Afedeco vor.

Auch er sieht dringenden Handlungsbedarf – allerdings vor allem bei den Gastronomen. „Um 9 Uhr abends ist es zum Teil schwieriger, einen Café zu bekommen als eine Krawatte zu kaufen." Er habe auch schon erlebt, dass Kreuzfahrt­passagiere am Sonntagmittag im April vergeblich ein offenes Restaurant gesucht hätten und schließlich zum Essen aufs Schiff zurückgekehrt seien.

Die Frage der Ladenöffnungszeiten hängt in Palma weniger von Gesetzen als vom Willen der Geschäftsleute ab. Denn alle Läden mit weniger als 300 Quadratmetern, die keiner Filialkette angehören, dürfen ohnehin auch sonn- und feiertags öffnen. Alle anderen sind auf die acht jährlichen verkaufsoffenen Sonn- und Feiertage angewiesen, die die Landesregierung festlegt.

Doch viele Geschäftsleute tun sich nach Einschätzung von Servera schwer, über ihren Schatten zu springen. Insbesondere die Einteilung der verlängerten Arbeitszeiten bereite Probleme.

Für viele lohne sich die Geschäftsöffnung aber auch nicht: Etliche Geschäftsleute hätten bei der letztjährigen Ausgabe von Thursday Night Fever bald wieder zugemacht, sagt Bernat Coll, Vorsitzender des Branchenverbands Pimeco, der vor allem kleinere Läden vertritt. „Man kann niemanden zwingen, den Laden offenzuhalten und Geld zu verlieren." Die Margen seien oft zu gering, als dass Ladenbesitzer bis zu 14 Stunden am Tag im Geschäft blieben oder Personal aufstockten. Coll plädiert dafür, zunächst in einem bestimmten Viertel die Öffnungszeiten auszudehnen und das Gebiet dann auszuweiten, sobald das Experiment funktioniere.

Diskutiert wird inzwischen auch über eine Neuregelung der Öffnungszeiten in Tourismuszonen. Schon jetzt können die Gemeinden der Landesregierung sogenannte zonas de gran afluencia turística vorschlagen. Dort dürfen dann im Sommer alle Läden sonn- und feiertags öffnen, bei maximal zwölf Stunden täglich. Für die großen Handelsketten ist aber auch dort um 16 Uhr Schluss.

Derzeit sind zum Beispiel einige Küstengemeinden wie Andratx ganz und gar Tourismuszone, genauso wie Dörfer im Inselinnern, weil sie zum Beispiel einen sonntäglichen Markt veranstalten. Palmas Shoppingmeile Jaume III dagegen bleibt außen vor.

Aber auch in dieser Frage sind die kleinen Händler skeptisch. „Mallorca ist schon jetzt eine große Shopping-Meile", sagt Coll, die Ausnahmen für Touristen­zonen seien unnötig – schließlich könnten die kleinen Läden ohnehin öffnen. Eine Ausweitung käme nur den Handelsriesen gelegen, die touristisch weniger interessant seien. Schließlich gingen Urlauber lieber in typischen Läden einkaufen als in weltweit identischen Filialen, glaubt Coll.

Ob wirklich Bewegung in den Einzelhandel kommt, wird sich nach Ablauf der Thursday-Night-Fever-Aktion zeigen. „Der Anfang ist nicht leicht", räumt Stadträtin Crespí ein. Sie betont jedoch, dass Einzelhändler, Wirte, Künstler und Politik jetzt an einem Strang zögen. Und letztendlich profitiere jeder, sagt Servera, der auf ein deutliches Plus der Kathedralen-Besucher verweist. „Es wäre ja schon etwas, wenn zumindest die Beleuchtung anbleibt."

In der Printausgabe vom 7. Juli (Nummer 583) lesen Sie außerdem:

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