In den vergangenen Wochen stand Mallorca besonders im Fokus der deutschen Boulevard-Presse: Die „Bild-Zeitung" schickte für zehn Tage Reporterin Claudia Weingärtner auf die Insel. Vor allem der Flughafen sowie die Playa de Palma kamen groß heraus. Ein Obdachloser auf dem Airport war dem Blatt gleich eine Serie wert, Diebesbanden am Flughafen wurden zum Aufmacher auf Seite eins, und der Ballermann in all seinen Facetten stellte das restliche Geschehen auf der Insel in den Schatten.

Wurde in der Redaktion der „Bild" ausgelost, wer nach Mallorca fliegen durfte?

Die Urlaubszeit stand an, wir brauchten ein paar schöne Sommergeschichten, und ich schlug Mallorca vor. Wir entsenden häufiger Urlaubsreporter, in den vergangenen Jahren allerdings nicht nach Mallorca.

Warum dann in diesem Jahr?

Mallorca ist für uns immer spannend, hier verbringen viele „Bild"-Leser ihren Jahresurlaub.

Ein Teil Ihrer Artikel hat Palmas Flughafen zum Thema. Sind Sie bei Ihrer Ankunft gleich über die Themen gestolpert?

Eigentlich schon. Wir haben uns vorher ein grobes Konzept überlegt und natürlich erst einmal die so genannten „Muss-Geschichten" gemacht wie zum Beispiel ´Die längsten Beine der Beach-Girls´ oder ´Bild besucht Urlauber´ – man möchte ja immer gerne wissen, wie andere Urlaub machen, sei es auf der Finca, der Yacht oder am Ballermann. Als wir unterwegs waren, hat sich dann das eine oder andere Thema ergeben. So ist uns auch im Vorbeilaufen der deutsche Obdachlose am Flughafen aufgefallen, der ja dann relativ umfangreich in „Bild" thematisiert worden ist.

Wie hat er reagiert?

Sehr gut, weil er ein riesengroßer „Bild"-Fan ist. Er bettelt sich im Monat ungefähr 50 Euro zusammen, und davon gibt er 8 Euro pro Woche für Zeitungen aus.

Es folgte eine mehrteilige Familienzusammenführung. Auch das hat sich spontan ergeben?

Wir wussten von einem Sohn des ´Flughafenmannes´ und haben ihn kontaktiert. Unabhängig davon hatte sich bereits die Tochter bei uns gemeldet. Beide Kinder hatten jahrelang keinen Kontakt zu ihrem Vater. Er hatte ihnen erzählt, er hätte eine große Villa in Barcelona und einen Fußballverein. Die Realität war leider eine andere, aber die Freude über das Wiedersehen war trotzdem groß.

Wie haben Sie die Recherche auf Mallorca erlebt?

Im Vergleich zu Deutschland ist es oft schwieriger, an Informationen heranzukommen. Zum Beispiel bei einem Artikel über die Polizei am Ballermann. Mein Spanisch ist nicht perfekt, aber ich kann mich gut verständigen. Wir haben mehrere offizielle Anfragen gestellt und am Ende drei Stunden auf dem Polizeipräsidium gewartet. An dem Tag war gerade ein korrupter Politiker festgenommen worden. Das hat die Mitarbeiter der Pressestelle so in Beschlag genommen, dass sie uns keine zwei Sätze zum Ballermann sagen konnten. In Deutschland erhalten wir in der Regel relativ zügig Auskunft von offiziellen Stellen.

Vor allem, wenn die „Bild-Zeitung" anruft …

Nicht unbedingt. Auf Mallorca konnte man den Eindruck gewinnen, dass bei den Behörden eine Zusammenarbeit mit „Bild" nicht ganz oben auf der Liste steht. In einem Fall hatte ich vorab schriftlich Fragen geschickt und bekam drei Tage später die Antwort, dass man doch noch etwas länger brauche. Hallo? „Bild" ist eine Tageszeitung!

Und wie lief es mit Touristen?

Generell sind die Urlauber am Ballermann sehr entspannt und in bester Stimmung. Sie lassen sich gerne fotografieren und sehen das auch als Urlaubs­erinnerung.

Ist die Playa de Palma das Gebiet mit der höchsten Bildzeitungsleser-Dichte?

Ich freue mich, dass wir dort viele treue Leser haben. Generell versuchen wir aber natürlich, mit unseren Berichten die ganze Insel abzubilden. Leider haben wir es aus zeitlichen Gründen nicht geschafft, in den Norden zu fahren – den ich persönlich sehr schön finde.

Der Ballermann ist in Ihrem Urlaubs-Report sehr präsent. Während Ihres Mallorca-Aufenthalts wurde aber auch die Tramuntana zum Welterbe der Unesco erklärt. War das kein Thema für Sie?

Doch, gute Idee. Aber bei einem Urlaubsreport schätzen wir vor allem ´menschelnde´ Geschichten. Es gab so viel zu erzählen, wir hätten zwei Wochen länger bleiben und jeden Tag fünf weitere Geschichten machen können. Die vielen Promis, die Dreharbeiten, ´Verbotene Liebe´…

Wie haben Sie zum Beispiel die „Urlauber-Hure von Mallorca" überzeugt, mit Ihnen zu sprechen? Gab es ein Honorar?

Wir haben über verschiedene Wege mit Frauen Kontakt aufgenommen, die sich dort anbieten. Die Frau war sehr offen und hat gerne mit uns zusammengearbeitet. Sie war – wie vorher fest vereinbart – im Artikel ja auch nicht zu erkennen.

Auch die Insel-Politik kennt die Macht von „Bild". Können Sie nachvollziehen, dass Schlagzeilen wie zuletzt über die Diebesbanden am Flughafen als Image-Schaden angesehen werden?

Wir wollen mit unseren Geschichten hier niemandem etwas Böses, sondern sensibilisieren Urlauber, die sich auf die An- und Abreise mit dem Flugzeug vorbereiten. Damit helfen wir letztlich auch den Behörden. An einem Flughafen wird nun einmal verhältnismäßig oft geklaut, die Zahl der Diebstähle hat in den vergangenen Jahren zugenommen, und beim Stichwort Mallorca wird man besonders aufmerksam.

Haben Sie schon eine zweite Reise nach Mallorca geplant?

Ich würde sehr gerne wiederkommen, es gibt noch so viel zu berichten. Jetzt machen wir aber erst einmal Urlaubsgeschichten in Deutschland – zum Beispiel am Ostseestrand –, um auch eine andere Urlaubs-Perspektive zu zeigen.

Werden wir erfahren, wie es dem Obdachlosen vom Flughafen weiter ergehen wird?

Bestimmt. Mir persönlich ging die Geschichte nahe. Natürlich lebt er schon lange auf der Straße, aber er hatte einmal ein normales Leben und ist ein anständiger Kerl. Da werden wir dranbleiben, dafür ist „Bild" ja auch bekannt.