Offiziell soll damit die Wirtschaft angekurbelt werden, in der Praxis aber könnte so eine Ungleichbehandlung entstehen, die kaum vor dem Europäischen Gerichtshof Bestand hätte: Die Balearen-Regierung hat am Freitag überraschend verkündet, dass die von Madrid im Sommer reaktivierte Vermögenssteuer von Insel-Residenten nicht eingetrieben werden soll. Nicht-Residenten – also Ausländer, die ihren steuerlichen Wohnsitz etwa in Deutschland haben – werden hingegen nach derzeitigem Stand der Dinge von Madrid belangt werden, wenn der Wert ihrer Insel-Immobilie 700.000 Euro übersteigt. Sie müssen dann für die Jahre 2011 bis 2012 einen Steuersatz zwischen 0,2 und 2,5 Prozent entrichten.

Die in Deutschland auch als „Reichensteuer" bekannte impuesto sobre el patrimonio war von der sozialistischen Zentralregierung 2007 zunächst ausgesetzt, dann aber diesen Sommer wieder aktiviert worden. Mit Ausnahme der Behandlung der Nicht-Residenten – hier ist Madrid zuständig – wird die Umsetzung der Steuer den Autonomen Regionen überlassen. Die müssen nun darüber entscheiden, ab welcher Vermögensgrenze die Wohlhabenden zur Kasse gebeten werden sollen – von der Zentralregierung vorgegeben war ein Vermögenswert von einer Million Euro (700.000 Euro plus 300.000 Euro, die für einen selbst genutzten Wohnsitz geltend gemacht werden können). Die Balearen, Valencia und Madrid haben nun beschlossen, ganz auf diese Steuer zu verzichten, andere Regionen wie Kastilien-León, Galicien und das Baskenland wollen das Geld sehr wohl eintreiben.

Der balearische Regierungssprecher Rafael Bosch begründete die Entscheidung am Freitag damit, dass so der Abzug großer Vermögen von der Insel verhindert werden soll. Auf die Problematik der ausländischen Nicht-Residenten ging er nicht ein. Da diese offiziell über keinen Hauptwohnsitz auf der Insel verfügen, können sie schon ab 700.000 Euro zur Kasse gebeten werden. Bei der Berechnung des Immobilienwerts soll der höchste der folgenden drei Werte herangezogen werden: Katasterwert, Anschaffungswert oder der vom Finanzamt geschätzte Wert.

In einem vergleichbaren Zusammenhang, dem der Erbschaftssteuer, hatte die EU-Kommission Spanien erst Ende Oktober wegen der Ungleichbehandlung von Residenten und Nicht-Residenten verklagt. Ob Madrid in diesem Fall ähnliche rechtliche Schritte blühen, ist ungewiss. Womöglich ist dafür auch keine Zeit: Die Regierung Zapatero hat die Vermögenssteuer nur für die Jahre 2011 und 2012 aktiviert. Denkbar ist auch, dass sein designierter Nachfolger, Mariano Rajoy, noch einmal versucht, auf nationaler Ebene einzugreifen.

Laut Rafael Bosch entgehen den Balearen durch den Verzicht auf die Vermögenssteuer 23 Millionen Euro. Das sei auch deswegen zu verkraften, so der Regierungssprecher und Bildungsminister, weil diese Summe im Haushalt 2012 noch gar nicht vorgesehen war.

Im E-Paper sowie in der Printausgabe vom 8. Dezember (Nummer 605) lesen Sie außerdem:

- Der große Wurf von Carlos Delgado: Mallorcas neue Tourismuspolitik

- Ein Dorf dtellt sich quer: Portocolom gegen Hafenerweiterung

- Kraftwerk Son reus stellt von Diesel auf Erdgas um

- Llucmajors Polizeichefin Barceló im Interview

- Gesuchter Hells Angel stellt sich im deutschen Konsulat von Palma

Hier geht's zum E-Papier: epaper.mallorcazeitung.es.