Ob HolidayCheck, TripAdvisor oder Trivago – Bewertungsportale haben die Planung des Mallorca-Urlaubs revolutioniert. Welche Rolle die Kommentare inzwischen spielen, hat jetzt die Fachhochschule Bad Honnef in einer Studie mit 1.039 Online-Befragungen untersucht. Helmut Wachowiak, Fachbereichsleiter Tourismusmanagement, über die Konsequenzen für die Branche.

Vor allem Bade-Urlauber informieren sich laut Ihrer Studie auf Bewertungsportalen. Wie viele Urlauber verzichten überhaupt noch auf diesen Schritt?

Diese Gruppe wird in der Tat immer kleiner. Drei Viertel machen das heutzutage einfach – unabhängig, ob sie online buchen oder nicht. In irgendeiner Form möchte man sich heutzutage das Hotel einmal anschauen, und dann kommt man über Suchmaschinen oder Portale zu den Bewertungen. Laut unserer Studie halten sie 90 Prozent der Nutzer für glaubwürdig.

Mallorcas Hoteliers schimpfen mitunter, dass ihre Häuser miesgemacht würden.

Wegen solcher Kritik hat der Verband Internet Reisevertrieb (VIR) diese Studie mit uns aufgelegt. In den Medien war häufiger davon die Rede, dass Manipulationen gang und gäbe wären. Unser wichtigstes Ergebnis ist, dass jeder zweite Kunde an irgendeine Art von Manipulation glaubt. Aber: Trotz allem halten 95 Prozent die Bewertung insgesamt für glaubwürdig.

Wie ist dieser Widerspruch zu erklären?

Die Teilnehmer trauen sich zu, sich ein eigenes Bild von den Bewertungen zu machen. Diese Unterscheidung hat man bislang nicht gemacht, nach dem Motto: Wenn es Manipulationen gibt, sind die Portale ohnehin nicht glaubwürdig. Aber das genaue Gegenteil ist der Fall: Dass man Manipulation unterstellt, hat keinen Einfluss auf die Glaubwürdigkeit. Zudem werden die Systeme zur Vorbeugung immer besser: Algorithmen prüfen Einträge auf Logik, häufige IP-Adressen fallen auf.

Die Urlauber scheinen aber der Quantität der Kommentare und der Ausführlichkeit mehr Wert beizumessen als Kontrollen oder Gütesiegeln.

Jein. Gütesiegel sind nicht der wichtigste Anhaltspunkt, werden aber auch genannt. Entscheidend ist die Authentizität: Wirkt die Bewertung glaubwürdig? Ist es ein ausführlicher Bericht? Wie viele Bewertungen gibt es? Diese drei Punkte sind ausschlaggebend für das eigene Bild.

Laut Ihrer Studie haben mehr Befragte festgestellt, dass das Hotel besser war als die Bewertung als umgekehrt. Wird also doch übermäßig gelästert?

Das ist ein generelles Phänomen. Der Anspruch an die Qualität wird durch die Bewertungsforen immer höher. Hoteliers müssen sich mehr anstrengen, der Kunde wird immer mächtiger. Das hat aber auch mehr Qualität zur Folge.

Was ist mit älteren Urlaubern?

Die Älteren sind natürlich in der Gruppe der Traditionalisten stärker vertreten. Für sie spielen das traditionelle Reisebüro und Empfehlungen von Freunden eine große Rolle. Aber das ist ja eigentlich nichts anderes als das, was wir jetzt in den Social Media erleben, wenn auch auf anderem Weg und mit virtuellen Bekannten. Von daher sind die Bewertungsportale eigentlich kein revolutionärer Umbruch.

Sie unterscheiden Traditionalisten, Spontanklicker, Qualitätsjäger und Trendfolger. Welche Gruppe ist für Mallorcas Hoteliers besonders interessant?

Die Qualitätsjäger sind insgesamt die wichtigste Gruppe, und auch für Mallorca wird diese Gruppe mehr und mehr interessant. Es ist nicht nur die größte Zielgruppe, wir wissen auch, dass Mallorca-Urlauber eine sehr große Destinations-Erfahrung haben und deswegen Qualität erwarten, und zwar zum bestmöglichen Preis. Die meisten Nutzer der Bewertungsportale informieren sich dort auch noch kurzfristig bis acht Wochen vor Abflug, das heißt, die Zielgruppe hat keine bestimmte Destination im Auge oder ist sehr reiseerfahren. Und genau das trifft für viele Mallorca-Urlauber zu.

Was würden Sie den Hoteliers aus Mallorca empfehlen, um gut dazustehen?

Hoteliers müssen das Medium verstehen und absolut professionell damit umgehen. Wer die Stärken erkannt hat, präsentiert sich offen und ehrlich und stellt sich der Kritik. Das gilt auch für ein Zwei-Sterne-Hotel mit Dusche auf dem Flur, dessen Stärke womöglich nur der Preis ist. Kritik wirkt zudem authentisch, man darf keine Angst vor ihr haben. Entscheidend ist, wie man mit dieser Kritik umgeht und wie schnell man die kritisierten Mängel abstellt. Hoteliers haben keine andere Wahl, als Qualitätsmanagement ernst zu nehmen.

Was kann man von Ihren Ergebnissen für das Mallorca-Marketing insgesamt lernen?

Auch eine Destination muss sich den Social Media stellen. Der klassische Pauschalreisemarkt wandelt sich zunehmend zum dynamischen Markt. Veranstalter wie Hoteliers haben sich diesem Phänomen geöffnet. Auch die Online-Kommunikation einer Destination darf keine digitalisierte Broschüre sein. Mallorca muss mit den Kunden aktiv kommunizieren.

Im E-Paper sowie in der Printausgabe vom 2. Februar (Nummer 613) lesen Sie außerdem:

- Spanair-Pleite: Das plötzliche Ende einer Airline und die Folgen

- Das Essen ist immer noch kalt: Ein Jahr Krankenhaus Son Espases

- Regierung zahlt nicht: Staatliche Schulen ohne Heizung

- Sprachpolitik: Katakanisch-Demo läuft ins Leere

- Das Geschäft mit dem Müll: Mallorcas oberster Müllmann a.D.

Hier geht's zum E-Papier: epaper.mallorcazeitung.es.