Für 600 Euro von Mallorca nach Bremen – wer in diesem Winter nach Deutschland fliegen will, der bezahlt zum Teil fast so viel wie für einen Langstreckenflug. Vorbei sind die Zeiten, als in der Nebensaison Tickets zu Spottpreisen angeboten wurden. Heute sind kaum noch Flüge unter 300 Euro zu finden – wenn man keine langen Umwege in Kauf nehmen will.

Rechtsanwalt Manuel Stiff fliegt jede Woche zwischen seinen Kanzleien in Münster und Palma hin und her. „Die Zahl der Verbindungen ist extrem gesunken. Dafür haben sich die Preise fast verdoppelt", beschwert sich der Vielflieger. Im Winter ist Air Berlin die einzige Gesellschaft, die den Flughafen Münster bedient. „Die zeigen ein klassisches Monopolisten-Verhalten: Sie verknappen das Angebot und verteuern die Preise. Das ist zwar legitim, aber sehr ärgerlich", so der Anwalt.

Tatsächlich werden viele Städte Deutschlands im Winter nur von Air Berlin angeflogen. Wer direkt nach Bremen, Dortmund, Dresden, Leipzig, Münster, Nürnberg oder Paderborn will, kommt an dem Unternehmen, dass sich einst selbst als „Mallorca-Shuttle" anpries, nicht vorbei und muss die ausgerufenen Preise bezahlen. Im Schnitt günstiger kommt weg, wer nach Köln, Hamburg oder München will – Städte, die auch noch von anderen Gesellschaften angeflogen werden.

Air-Berlin-Pressesprecherin Melanie Schyja verteidigt die Preisgestaltung des Unternehmens als „fair". „Angebot und Nachfrage bestimmen den Preis. Unsere günstigsten Flüge ab Spanien kosten 69 Euro. Wer langfristig im Voraus bucht, liegt klar im Vorteil", erklärt Schyja.

Dem widerspricht Marietta Töps von „Club Blaues Meer Reisen". „Es ist egal, wann man bucht, die Flüge sind einfach deutlich teurer geworden", so die Geschäftsführerin des Reisebüros in Can Pastilla. Sie geht sogar noch weiter: „Air Berlin hat rausgefunden, wann die Mallorca-Residenten nach Deutschland fliegen wollen, und die Preise dementsprechend angepasst." Für das Reisebüro sei es schwierig, erschwingliche Pakete für die Kunden zusammenzustellen. Der einzige Vorteil für Urlauber: Mietwagen sind so billig wie selten. Leihautos sind auf der Insel momentan ab sieben Euro pro Tag zu haben. Auch Hotelpreise sind jetzt günstig, da viele Zimmer wegen der ausbleibenden Gäste schlicht leer stehen.

Residenten wie Rechtsanwalt Armin Reichmann haben davon natürlich wenig. Auch er betreibt zwei Kanzleien und pendelt deshalb regelmäßig zwischen Frankfurt und Palma. „Das Problem liegt ja nicht nur bei Air Berlin. Auch die Faulheit und das Unvermögen der Konkurrenz, einen guten Flugplan zu erstellen, spielt eine große Rolle", analysiert Reichmann. Er macht ähnliche Beobachtungen wie sein Kollege Stiff: „Früher flogen Condor, Aero Lloyd und Air Berlin nach Frankfurt. Das waren paradiesische Zustände, weil die sich gegenseitig die Preise um die Ohren gehauen haben." Zudem fliegt Air Berlin statt mehrmals täglich jetzt nur noch einmal am Tag von Palma nach Frankfurt und zurück.

„Die Flottenstärke ist im Winter natürlich eine andere als im Sommer", bestätigt Air Berlin-Sprecherin Schyja. „Aber die Zeiten der 19-Euro-Tickets sind einfach vorbei. Das liegt auch an der Luftverkehrsabgabe, die die Bundesregierung eingeführt hat." Diese beläuft sich für Mallorca-Flüge allerdings auf gerade einmal 7,50 Euro, kann also kaum der ausschlaggebende Grund für die teuren Tickets sein.

Vor allem spontane Wochenend-Ausflüge fallen wegen der teuren Flüge oft ins Wasser. Selbst Andreas Pamer, Manager des teuersten Golfplatzes der Insel, Son Gual, bekommt das zu spüren. Fast jede Woche erhalte er Anrufe von Golfern aus Deutschland, die sich nach dem Wetter auf der Insel erkundigen, weil sie kurzfristig ins Flugzeug steigen und zwei bis drei Tage Golf spielen wollen. „Häufig wird dies dann aber wieder abgesagt, da airberlin.com im Schnitt einen Preis von 400 bis 600 Euro ausspuckt. Dafür könnte man auch nach New York fliegen", sagt Andreas Pamer. Zudem sei für das Golfgepäck ein Aufpreis von 100 Euro fällig (siehe S. 35). Ähnlich äußert sich eine Mitarbeiterin des Golfplatzes in Andratx, wohingegen man in Son Vida keine Auswirkungen festgestellt haben will.

Wer sparen möchte, muss Umwege in Kauf nehmen. Mit Ryanair kostet die Reise nach Bremen beispielsweise 120 Euro hin und zurück – doch der Flug geht über London. Wer direkt in den hohen Norden will, muss zum gleichen Datum fast 600 Euro bezahlen. Von Berlin aus bietet Swiss Air mittlerweile häufig billigere Flüge auf die Insel an als Air Berlin. Den Zwischenstopp in Zürich nehmen viele da gerne in Kauf.

Für Pendler aber sind solche Umwege unpraktisch. Die Air-Berlin-Sprecherin tröstet mit dem Topbonus-Programm, bei dem man angesammelte Meilen gegen Freiflüge eintauschen kann. Für kleine und mittelständische Unternehmen gebe es zusätzlich die „business points". Auch bei Flügen von Mitarbeitern können die Unternehmen so ohne Zusatzkosten Meilen sammeln.

Für die Tourismusbranche spielen solche Angebote keine Rolle. Marietta Töps übt sich in Geduld: „Ab März kommen die Radfahrer, da wird es dann wieder ein bisschen voller. Darauf stellen sich auch die Fluglinien ein und bieten wieder mehr Verbindungen an. Wirklich billig sind die Flüge aber auch dann nicht."

Rechtsanwalt Manuel Stiff wünscht sich gar ein Eingreifen der ­Regionalregierung: „Alle sprechen davon, dass die Nebensaison belebt werden muss. Wenn aber die Flüge im Winter so teuer sind, wer soll denn dann herkommen?" Für sich persönlich hat Manuel Stiff noch keine Konsequenzen gezogen. „Vielleicht fliege ich irgendwann weniger hin und her. Aber momentan muss ich in beiden Kanzleien vor Ort präsent sein."

In der Printausgabe vom 9. Februar (Nummer 614) lesen Sie außerdem:

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