Viele Jahre waren der Österreicher J. H. und seine spanische Frau B. D. eine glitzernde Größe der deutsch-internationalen Society Mallorcas. Doch in den vergangenen Monaten mehrten sich die Anschuldigungen wegen Betrugs gegen das Paar, das mit seinem Unternehmen hoch rentable Investitionen, Kredite und Immobiliengeschäfte anbot. Immer mehr Kunden, die keine Auszahlungen mehr erhielten, zeigten die beiden an, die Polizei ermittelte. Am Dienstag (20. 3.) wurden sie schließlich wegen Verdachts auf Betrug mit einem Schneeballsystem in Höhe von bis zu 9 Millionen Euro festgenommen.

Im Rahmen der „Operation Boa" durchsuchten Ermittler für Wirtschaftskriminalität der Nationalpolizei im Laufe des Tages außerdem mehrere Firmensitze und Wohnungen in Palma und der Gemeinde Calvià. Die Ermittlungen dauerten am Mittwoch (21.3.) weiter an. Die Polizei schätzt die Zahl der Geschädigten auf mehr als 200. Darunter sind viele verschiedene Nationalitäten, aber vor allem Deutsche, Spanier und Briten. Eine Ende Februar von fünf Anwälten bei Gericht in Palma eingereichte Anzeige mehrerer Geschädigter gab schließlich den Anlass zu der Polizei-Aktion.

Der MZ gegenüber beteuerte J. H. noch vor wenigen Wochen seine Unschuld: „Frau D. und ich haben nichts getan, was nicht rechtens ist", schrieb er in einer E-Mail.

Vor allem ältere Menschen sollen unter den Opfern des 1998 gegründeten Finanzunternehmens sein. Mit speziellen Angeboten wandten sich der 53-Jährige, der auf der Insel auch als der „Mallorca-Prinz" bekannt ist, und seine meist betont sexy auftretende Frau an Senioren, die bei Banken oft Probleme haben, Kredite zu bekommen. In den lokalen Medien warben sie mit verlockenden Angeboten. Für die mit Wucherzinsen von beispielsweise 29 Prozent belegten Hypotheken wurden mittels vertrackter Verträge oftmals die Immobilien der Kunden als Sicherheit genommen. Falls die wachsenden Summen dann nicht mehr zurückgezahlt werden konnten, verloren die Senioren letztendlich auch Wohnung oder Haus an ihre Kreditgeber. So sollen mehrere Rentner, denen das Risiko ihres Geschäfts nicht bewusst war, um ihre lebenslangen Ersparnisse gebracht worden sein. „Die Leute wurden von ihnen hemmungslos über den Tisch gezogen", sagt einer der ehemaligen Freunde des Paars.

Auch im eigenen Freundeskreis rekrutierte das Paar finanzkräftige Kunden, die sie mit angeblich hohen Dividenden von Investitionen überzeugten. „Wenn sie merkten, dass jemand Geld hat, wollten sie gleich wieder mit ihm essen gehen", erklärt ein Bekannter der beiden ihre Masche. Das Paar pflegt einen großen Freundes- und Bekanntenkreis im Umfeld des Edel-Yachthafens Puerto Portals und anderen Society-Treffpunkten der Insel.

Einer ihrer geschädigten Freunde war der ebenfalls bekannte deutsche Multimillionär und Yacht-Eigner ­G. K., der J. H. und B. D. vor fünf Jahren in den Lokalen von Puerto Portals kennenlernte. Bald traf man sich jeden Abend, ging auf Partys, fuhr sogar zusammen in Luxus-Urlaube. „Irgendwann fragten sie mich, ob ich auch investieren wolle", erinnert sich der Mann. Versprochen wurden ihm 10 Prozent Zinsen im Monat. Mehrmals investierte G. K. fünf- bis sechsstellige Summen zu hohen Zinsraten zwischen 3,5 und 10 Prozent monatlich. „Die Erträge wurden ganz unkompliziert abends beim Essen im Ritzi übergeben. Mal cash, mal als Scheck." Weil es offensichtlich so gut lief, ließ sich G. K. schließlich auch noch auf Immobiliengeschäfte ein. Für den Kauf zweier Häuser 2008 und 2009 in Palmanova und Cala Llamp, die anschließend renoviert und zu einem höheren Preis weiterverkauft werden sollten, gab er insgesamt über 1,3 Millionen Euro.

Doch J. H. und B. D. verkauften laut G. K. die Häuser nicht und trugen ihn auch nicht wie abgemacht als Eigentümer ein. Eines der Häuser hätten sie stattdessen als Sicherheit für insgesamt fünf Kredite genutzt, Banken zahlten dafür insgesamt 1,3 Millionen Euro an sie aus. Als auch die monatlichen Dividenden seiner anderen Investitionen ausblieben, stellte G. K. seine Freunde zur Rede. Diese versprachen ihm eine baldige Auszahlung, zu der es nie kam. Im Frühjahr 2010 zeigt er das Paar an. „Es ist eine Schande, dass mir das passiert ist. Das ist der größte Fehler meines Lebens", sagt er.

Daraufhin begann ein öffentlich ausgetragener schmutziger Privatkrieg. J. H. und B. D. ließen mehrere Internetseiten und eine Facebook-Seite mit der angeblichen „wahren Story" über G. K. erstellen und schrieben E-Mails an gemeinsame Freunde und Bekannte sowie G. K.s Angehörige. Dieser schoss wiederum auf seiner Internetseite mit Richtigstellungen zurück.

Ein anderer bekannter deutscher Unternehmer zeigte das Paar wegen eines Schadens in Folge von Finanzgeschäften in Höhe von 1,5 Millionen Euro an. Mehrere Betroffene erzählten ihre Betrugsgeschichte auch in Internetforen, um andere Anleger vor dem unseriösen Unternehmen zu warnen. Ein Mallorca-Deutscher, der bei dem Paar rund 100.000 Euro anlegte, erklärte: „Wir waren zehn Jahre eng befreundet. Mein Vertrauen wurde missbraucht." Ein anderer Betroffener: „Sie sagten mir, die Anlage bei ihnen sei risikolos, weil sie mit Immobilien handeln. Auf diesen Trick fiel ich herein. Sie legen nicht in Immobilien an, sondern machen andere Dinge."

Der jetzt festgenommene J. H. ist bei der Polizei kein Unbekannter. Zumindest in Deutschland. Bereits in den 90er Jahren wurde er zu 22 Monaten Haft auf Bewährung verurteilt, weil er in einem Münchner Auktionshaus falsche Antiquitäten wie Tiffany-Lampen und Orient-Teppiche zu überhöhten Preisen versteigerte. Mehrere Prominente sollen damals auf den Schmu hereingefallen sein. Später schwang der Mann dann auch auf Mallorca, am Boulevard von Peguera, den Hammer für womöglich ebenfalls gefälschte Kunstgegenstände.

Auf der Insel wurde J. H. schnell bekannt. Er trug auffälligen Schmuck, fuhr einen gelben ­Hummer-Geländewagen, hielt Python-Schlangen und Kampfhunde. Man mochte ihn: „Er ist nett, lustig und total charmant", sagte eine Bekannte. Besonders hat es ihm und seiner Frau alles angetan, was glitzert. So ließen sie die Innenräume ihrer Yacht großflächig mit Swarovski-Kristallen verkleiden, ihr Haus in Palmanova funkelte zur Weihnachtszeit kräftig im Dunkeln. Gerne schmiss das Paar extravagante Partys. Zum Geburtstag von B. D. im Jahr 2010 wurden die Gäste in Helikoptern und Stretch-Limousinen zum Restaurant Campino in Camp de Mar gebracht. „Es gab ein feudales Abendessen und Live-Musik. Richtig dekadent", erinnern sich Gäste.

Sein Geltungsbedürfnis lebte ­J. H. auch als selbst ernannter Premierminister eines nicht existierenden Königreichs aus. Als die Polizisten am Dienstag in sein Büro kamen, wunderten sie sich über die vielen mit Widmungen versehenen Fotos von Persönlichkeiten wie der Königsfamilie oder Jaume Matas an den Wänden. Sie gehen aber davon aus, dass viele der Unterschriften falsch sind, genauso wie der Adelstitel, mit dem sich der Mann schmückte.

Im E-Paper sowie in der Printausgabe vom 22. März (Nummer 620) lesen Sie außerdem:

- Sechs Jahre Haft für Matas

- Sozialistenführerin Armnegol im interview

- Sprachenstreit: Schulen blasen zum Widerstand

- Serie: Das Geschäft mit dem Müll

- Air Berlin goes worldwide

- Belebung der Nebensaison

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