Ein Überangebot und häufig unrealistische Preisvorstellungen seitens der Verkäufer haben den Markt für hochwertige Immobilien auf Mallorca ins Stocken gebracht. Obwohl der reale Markt - also das Preisniveau, auf dem tatsächlich ge- und verkauft wird - nach Meinung der befragten Immobilienagenturen stabil ist, gebe es einen parallelen „Wunschmarkt von überzogenen Preisen", wie es Kai Dost von Dost & Co. ausdrückt: „Wenn jemand vor Jahren für 4 Millionen gekauft hat und nun für 8 Millionen verkaufen will, dann ist das einfach unrealistisch."

„Wir haben im Moment rund 50 Villen im Angebot, bei denen ich den Verkäufern zu einer Anpassung des Preises raten würde", bestätigt auch Lutz Mink­ner für sein Unternehmen Minkner & Partner. Mangelware und dementsprechend sehr schnell und ohne Preisabschläge zu verkaufen seien Neubauten in minimalistischer Bauweise mit modernen Luftwärmepumpen, hochwertigen Einbauküchen und Bädern mit frei stehender Badewanne. Aus der Mode gekommen seien hingegen ältere Objekte im traditionellen Finca-Stil und mit Terrakotta-Fußböden. Hier gebe es viele Immobilien, deren Preise seit 2008 nicht angepasst wurden und bei denen Preisnachlässe von bis zu 15 Prozent angebracht wären, meint Minkner. „Allerdings kann man diese Zahlen keinesfalls verallgemeinern", fügt er hinzu.

„Wir brauchen auf Mallorca eine realistische Bewertung", fordert auch Immobilienmakler Reiner Görnert (Villas Maximilian). Viele Verkäufer zögerten, mit ihrem Wunschpreis herunterzugehen, weil sie noch auf reiche Kunden aus Russland oder Osteuropa warten würden. „Aber auch die sind nicht bereit, veraltete Objekte für unrealistische Preise zu kaufen", gibt Görnert zu bedenken.

Für alle Beteiligten wäre es gut, den Markt neu zu bewerten und dabei die real verkauften Objekte zugrunde zu legen. Im Idealfall, meint Görnert, würden die beteiligten Makler, Notare, Rechtsanwälte und Gutachter der Banken die realen Verkaufswerte und Schätzungen veröffentlichen. So könnte man eine der deutschen Bodenrichtwerttabelle vergleichbare Grundlage erhalten, die den Markt transparenter machen würde. Und ein übersichtlicher Markt mit realistischen Preisen könnte bei Investoren aus den unterschiedlichsten Ländern wiederum mehr Vertrauen in den Wert ihrer Anlagen schaffen.

Von solchen festgelegten Preistabellen hält Matthias Kühn von Kühn & Partner allerdings wenig. „Die Käufer sind heutzutage durch das Internet so gut informiert, dass allein dadurch eine große Transparenz entstanden ist." Erfahrene Makler könnten den Preis in ihrer Region schon sehr realistisch einschätzen und sollten ihre Kunden entsprechend beraten.

Trotz des großen Angebots, von dem manche Objekte sehr lange unverkauft auf dem Markt blieben, dürfe man nicht den Fehlschluss ziehen, dass der Markt stagniere, erklären die befragten Makler einhellig. „Fincas in malerischer Landschaft, in der näheren Umgebung von Palma und Dorfanschluss halten ihre Preise", beteuert Heidi Stadler von First Mallorca im Gespräch mit der MZ. „Und bei neu gebauten Meerblick-Villen werden wir bald zu Engpässen kommen. Es ist somit ein sehr gesunder und aktueller Markt mit starker Nachfrage."

Bei Wiederverkäufen und in Gegenden mit größerem Angebot werde hingegen deutlich mehr verhandelt als bei dem limitiertem Angebot in Toplagen. Der Jahresbericht 2011 von First Mallorca gibt einen durchschnittlichen Verhandlungsspielraum von 11,75 Prozent an - ein Hinweis darauf, dass die Preisnachlässe bei abgeschlossenen Verkäufen nicht explodiert sind. Auch der neueste Jahresbericht von Engel & Völkers weist in diese Richtung. Im Vergleich zum Vorjahr habe man auf Mallorca ein Umsatzplus von 28 Prozent erwirtschaftet. Der durchschnittliche Verhandlungsspielraum lag 2011 bei 12,9 Prozent - im Vorjahr waren es noch 14 Prozent.

In einem Punkt sind sich alle Branchenkenner, wie schon seit Jahren, einig: Hochwertige und moderne Immobilien in Toplage hätten auf Mallorca eine unverändert hohe Nachfrage. Hier müssten sich teilweise sogar mehrere Kaufinteressenten mit ihren Angeboten überbieten, so dass schließlich der Verkäufer den Preis nach oben korrigieren könne.

Verallgemeinernde Medienberichte über die vermeintlich stark sinkenden Immobilienpreise auf Mallorca würden sich meist auf ein unteres Marktsegment beziehen, das für die meisten ausländischen Käufer nicht interessant wäre. „Aufgrund dieser Medienberichte kommen manchmal Käufer mit völlig falschen Vorstellungen in die Verhandlungen", meint Minkner. Wer glaubt, hochwertige Immobilien auf der Insel als Schnäppchen kaufen zu können, werde schnell enttäuscht.

In der Printausgabe vom 5. April (Nummer 622) lesen Sie außerdem:

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