Wenn in den Hotels der Insel die Hochsaison in vollem Gange ist, dann können Miguel Cerdó und seine Mitarbeiter erst einmal tief durchatmen. „Ihre Hochsaison ist unsere Nebensaison", erklärt der 70-Jährige. Sein Unternehmen mit Sitz in Manacor gründete er 1964, damit gehört er zu den Pionieren der Branche. Die Entscheidung, ganz auf die Ausstattung von Hotels zu setzen, wurde eher aus der Not geboren. Seit Anfang des 20. Jahrhunderts besaß die Familie Cerdó ein Sägewerk, in dem Holz für die florierenden Möbelwerkstätten der Gemeinde zurechtgeschnitten wurde. Auch eine Kornmühle gehörte zum Unternehmen, „eine damals übliche Kombination", wie Miguel Cerdó sagt.

Doch die Möbelherstellung wurde zunehmend mechanisiert, und irgendwann war das Sägewerk plötzlich überflüssig. Gemeinsam mit seinem Vater überlegte Cerdó, wie es weitergehen sollte. „Es gab zwei Optionen: Entweder selbst in das Hotelgeschäft einsteigen, oder auf Möbel für Hotels zu setzen", erinnert sich der Firmengründer. Und da die Möbelfirma weniger Investitionen erforderte als der Erwerb eines Hotels, und die Cerdós mit Holz Erfahrung hatten, setzten sie auf die Hotelausstattung.

Dass Hotelmöbel anderen Ansprüchen zu genügen haben als Mobiliar für den Privathaushalt, musste Cerdó erst noch lernen. Dabei war er nicht allein: Auch die Hotelbesitzer hatten damals noch wenig Ahnung von ihrem Handwerk: „Wir wussten genauso wenig wie die Hoteliers, auf was es ankommt."

Heute ist er ein viel gefragter Einrichter – erst kürzlich war er an dem Relaunch der Luabay-Hotels in Cala Major beteiligt – und kann genau erklären, was ein Möbelstück in einem Hotel leisten muss. „Funktional und praktisch soll es sein, ohne das Design aus den Augen zu verlieren." Die neueste Doppelbetteinheit in seinem Sortiment kommt deshalb ohne die klassischen Nachttische aus, die Ablage für Buch und Wecker ragt parallel zum Bett aus dem Kopfteil. Das sieht edel aus, ist aber vor allem zweckdienlich: „So können die Zimmermädchen besser staubsaugen." Da Hotelmöbel einem intensiven täglichen Gebrauch ausgesetzt sind, setzte Cerdó auf unempfindliche Materialien. Für Hotels auf den Inseln ist der bevorzugte Stil leger und hell, die Einrichtung soll Urlaubs­gefühle wecken. In einem Stadt­hotel in Budapest verwendet Cerdó hingegen ganz andere Mate­rialien und Farben. Und die Luxusressorts in der Karibik, die er im Auftrag mallorquinischer Hotelketten wie Iberostar ausstattet, sind nochmal eine eigene Welt für sich: „Dort überwiegt Opulenz und Üppigkeit, zudem wird vermehrt Tropenholz verwendet."

In Europa geht der Trend hingegen weg vom Holz: „Es wird versteckt, also angemalt oder lackiert", weiß Cerdó zu berichten. Ganz allgemein „gewinne die Ästhetik Oberhand". Man richte sich mehr als früher nach aktuellen Trends, deren Halbwertszeit entsprechend kürzer sei. Während klassische Hotelmöbel früher mindestens zehn Jahre lang im Einsatz waren, wechseln viele Häuser heute schon nach zwei Jahren den Stil und damit einen Teil des Mobiliars. Wobei nicht alles sofort weggeschmissen wird. Oft reicht schon ein neuer Bezug und eine andere Lackierung, um dem Zimmer ein ganz neues Aussehen zu verleihen. Das ist vor allem bei Hotels mit Stammkundschaft wichtig, so Cerdó: „Die Leute wollen nicht Jahr für Jahr dasselbe sehen."

Alles, was Miguel Cerdó an Hoteliers verkauft, kommt aus Manacor, das ist ihm wichtig. Zahlreiche kleinere Werkstätten arbeiten als Zulieferer, die einen sind spezialisiert auf Polsterungen und Stoffe, die anderen auf Türen oder Schränke, wieder andere liefern die Metallgestelle für elegante, freischwingende Sessel aus weißem Leder.

Schon jetzt stehen 17 Hotels auf seiner Auftragsliste für den Herbst. Dann beschäftigt er bis zu 250 Menschen. Sein Geschäft ist unmittelbar mit der wirtschaftlichen Lage der Hotelbranche verknüpft. Doch in seiner fast fünfzigjährigen Karriere hat er gelernt, dass die Branche in Zyklen funktioniert. Auf magere Jahre folgen immer wieder fette. Und umgekehrt.

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