Auf seiner Finca Sa Cabana Vella in der Nähe von Manacor trifft Jeffrey Niedermayr (53) nun immer öfter deutsche Urlauber am Pool oder in der Küche. Seine zahlenden Besucher (30 Euro/Nacht) haben eigene Zimmer mit Bad, aber abends kochen sie auch mal mit ihm und seiner Frau Elaine zusammen Abendessen oder sie gehen sogar gemeinsam in ein Restaurant. „Es ist wie ein Zusammensein mit Freunden. Wir hatten bisher nur fantastische Leute im Haus", sagt der US-Amerikaner mit österreichischen Wurzeln, der seit fünf Jahren auf der Insel lebt.

Seit einem knappen Jahr vermietet er zwei Doppelzimmer auf seinem historischen, aber modern ausgestattetem Anwesen über die Anzeige „Sa Cabana Vella – Relax in Style" auf der Internetseite 9flats.com und liegt damit voll im Trend. Online-Plattformen für Privatunterkünfte mit persönlichem Kontakt zu den Gastgebern wachsen derzeit stark und haben auch immer mehr Zimmer und Wohnungen auf Mallorca im Angebot. Anders als beim Gastfreundschafts-Netzwerk Couchsurfing wird dabei Geld verdient, aber trotzdem soll man sich wie zu Hause fühlen.

Die Webseiten werben damit die „Alternative zum Hotel" zu sein (9flats), wie „ein Einheimischer zu reisen" (wimdu) oder besonders ausgefallene Unterkünfte anzubieten (airbnb). „Bei uns kann man einfach alles finden. Von der Luftmatratze auf dem Boden, bis zu einem Baumhaus, einem Boot, tollen Villen und ganzen Schlössern. Und man kann es so einfach mieten wie ein Hotelzimmer", sagt airbnb-Manager Kay Kühne (31). Das günstigste Angebot auf Mallorca ist ein schlichtes Zimmer in Es Pillari für 10 Euro die Nacht.

Der aus Deutschland stammende Kühne baut seit Anfang des Jahres die airbnb-Dependance in Barcelona auf und ist für Spanien und Portugal verantwortlich. „Auf Mallorca sind wir in den letzten vier Monaten um 100 Prozent gewachsen", sagt er. Rund 830 private „Hosts" bieten über das 2008 in San Francisco gegründete Unternehmen Unterkünfte auf der Insel an. Bei den deutschen Konkurrenten 9flats und wimdu sind mehrere hundert Mallorca-Angebote zu finden. Auch kleinere Anbieter wie gloveler.de, housetrip.com oder waytostay.com mischen beim social travelling mit.

Die Vermieter werden damit gelockt, etwas Geld zu verdienen, ohne dafür viel arbeiten zu müssen. Das spanische Schlagwort heißt consumo colaborativo, also Dinge teilen, die man zwar besitzt, aber gerade nicht braucht. Dieser Philosophie folgt auch die Mallorca-Deutsche Sylvia Modrach, die in der Siedlung Badia Gran lebt. „Ich habe ein Nebenhaus mit vier kleinen Apartments, die meistens von meiner riesengroßen Familie genutzt werden." Wenn die Wohnungen frei sind, vermietet sie diese seit kurzem sporadisch über 9flats oder airbnb an Urlauber. „Damit habe ich die besten Erfahrungen gemacht. Es hilft mir, die Ausgaben für den Unterhalt zu decken." Auch die Bezahlungsmodalitäten überzeugten sie. Das Geld wird jeweils von den Online-Portalen überwiesen, die einen Anteil als Provision behalten. Das Wohnungsinventar ist bei fast allen Seiten bis zu einer bestimmten Höhe versichert, bei airnbnb sind es maximal 35.000 Euro, bei wimdu sogar 500.000 Euro.

Eine der außergewöhnlichen Unterkünfte, mit denen Marktführer airbnb wirbt, ist ein aus Schiffscontainern gebautes Haus in Palma. „Wir haben es 2009 zum Low-Cost-Preis von 40.000 Euro bauen lassen", erzählt Eigentümer Miguel Ramis (29), der gerne mit besonderen Wohnformen experimentiert. Bis vor wenigen Monaten wohnten der Innenarchitekt und seine Freundin Balbina Fullana (28) selbst abwechselnd in ihrem Container-Home mit kleinem Pool und ihrer gemütlichen Altstadtwohnung. Dann fingen sie an, jeweils eine der Wohnungen über airbnb zu vermieten. „Das läuft aber so gut, dass wir jetzt selbst eine Wohnung für uns gemietet haben", erzählt Ramis. Ihre Gäste betreuen sie weiterhin sehr persönlich. „Wir holen sie vom Flughafen ab, gehen mit ihnen Kaffee trinken oder Abendessen", sagt Ramis, der selbst gerade bei airbnb nach einer Unterkunft für seine nächste Reise nach Bali sucht. Ramis ist selbst gerne „authentisch" unterwegs. Auch beruflich Mit einem deutschen Architekten, der bei ihm Urlaub machte, spinnt er nun an einem gemeinsamen Projekt.

Gar nicht begeistert von den Online-Mitwohn-Agenturen sind Mallorcas Hoteliers. „Wenn jemand eine Wohnung oder sogar nur ein Zimmer in seiner Wohnung für weniger als 30 Tage an Urlauber vermietet, muss er das auch als touristische Dienstleistung anmelden", sagt Inmaculada de Benito, die Geschäftsführerin von Mallorcas Hotelierverband. Nur damit werde garantiert, dass Sicherheits- und Qualitätsstandards eingehalten würden. Allerdings seien solche Aktivitäten schwer kontrollierbar. Erst nach einer Anzeige gegen einen Privat-Hotelier würden Inspektionen durchgeführt.

Immerhin erhofft sie sich einen Abschreckungseffekt durch das am Dienstag (17. 7.) verabschiedete neue Tourismusgesetz der Balearen: „Verstöße werden künftig mit bis zu 40.000 Euro Strafe geahndet." Auch das Tourismusministerium verweist darauf, dass die Vermietung von Privatwohnungen an Touristen nur dann legal sei, wenn die betreffende Immobilie dafür angemeldet sei.

Die Betten-Vermittler sehen sich nicht in der Pflicht in die legalen Aspekte einzugreifen. Kay Kühne meint dazu: „Wenn sich ein Gastgeber bei uns einträgt, bestätigt er mit seiner Anmeldung, dass er sich an die lokalen Vorschriften hält."

Im E-Paper sowie in der Printausgabe vom 19. Juli (Nummer 637) lesen Sie außerdem:

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- Der Geldsack-Klau im Mallorca-Airport

- Playa de Palma: Weg frei für neues Einkaufszentrum

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