Der SPD-Bundestagsabgeordnete Carsten Schneider hat sich kürzlich während seines Mallorcaurlaubs an der Playa de Palma umgehört, wie Urlauber über die Euro-Krise denken. Die „Bild-Zeitung" hatte die „Bürgersprechstunde" vorgeschlagen und ihn begleitet.

Wie schwer ist es Ihnen gefallen, als haushaltspolitischer Sprecher die Euro-Krise an der Playa de Palma zu erklären?

Gar nicht, das mache ich ja den ganzen Tag bei zahlreichen Terminen. Das ist mein täglich Brot.

Der „Spiegel" urteilte: „peinlich".

Ich sehe nichts Kritikwürdiges daran, mit Menschen, die Fragen haben, über die Krise zu sprechen. Das treibt viele um, auch im Urlaub. Ich würde das jederzeit wiedermachen.

Hatten die Urlauber Verständnis für die kritische Lage in Spanien?

Sie zeigten durchaus große Sympathie und Solidarität. Das war nicht diese strikt ablehnende Haltung, die teilweise in den Medien als Volkes Meinung verbreitet wird.

Haben Sie sich auch außerhalb der Playa de Palma umgehört?

Ich war viel mit dem Rennrad unterwegs und habe immer mal wieder einen Espresso getrunken. Die Menschen haben den Eindruck, zum Spielball der Märkte zu werden.

Welchen Teil der Schuld hat die spanische Regierung?

Sie hat den typischen Fehler gemacht, zu spät zu reagieren und nicht von Anfang an die Wahrheit zu sagen. Der Bankensektor wurde zu lange gesundgebetet. Wie kann es sein, dass der Staat nicht über die schlechten Papiere Bescheid wusste und die eigene Bankenaufsicht nicht funktioniert? Das frustriert mich dann schon, wenn zwei Berater eingekauft werden müssen. Und so richtig wissen wir ja heute noch nicht Bescheid.

Nun nimmt Spanien gewaltige Einschnitte vor, wird aber trotzdem an den Märkten abgestraft.

Gegenüber Spanien bin ich nicht grundsätzlich skeptisch, die ­Situation ist ganz anders als in Griechenland. Es sind Fortschritte zu erkennen. Aber der Druck ist derzeit extrem, und die Reaktionen an den Märkten sind nicht rational. Es ist einfach nicht zu erkennen, wie es mit dem Euro generell weitergeht. Solange die Politik nicht klarmacht, dass man füreinander einsteht und wie es weitergehen soll - davor drückt sich Frau Merkel -, hält der Käuferstreik an.

Hat denn Spanien genug getan?

Bei den Haushaltszahlen ist das Land auf einem guten Weg. Man muss eher aufpassen, dass man nicht die Konjunktur abwürgt. Deswegen ist es gut, dass Spanien ein Jahr länger Zeit hat, die Marke von drei Prozent beim Haushaltsdefizit einzuhalten.

In Deutschland mehren sich Kommentare, dass beim Thema Rettungspaket die Schmerzgrenze erreicht sei.

Das ist grundsätzlich nachvollziehbar. Aber man muss natürlich schauen, was das deutsche Eigeninteresse ist. Und wenn es Spanien nicht gut geht, dann geht es uns auch nicht gut. Wir müssen prüfen, ob die vorgeschlagenen Wege die richtigen sind. Deswegen war für mich bei der Abstimmung im Bundestag wichtig, dass der spanische Staat uns gegenüber haftet. Ich will nicht an spanischen Banken beteiligt sein, die kenne ich gar nicht.

Wie lief bei Ihnen in dieser Sache die Meinungsbildung ab?

Sie war wirklich offen. Der entscheidende Punkt ist nicht, ob wir Spa­nien helfen, sondern ob der Wirkstoff auch hilft. Nicht die Banken oder Spanien sind das eigentliche Problem, sondern die mangelhafte Verfassung der EU und die berechtigten Zweifel, ob wir zum Euro stehen. Solange wir das nicht beantworten, greifen alle Hilfspakete zu kurz.

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