Der balearische Tourismusminister Carlos Delgado (Volkspartei, PP) versucht sich am Spagat zwischen Sparanstrengungen und einer effizienten Tourismuswerbung für ­Mallorca. Für die MZ ging er im Vorfeld der ITB ans Telefon.

Herr Minister, kennen Sie das Wort „Deutschen-Steuer"?

Nein.

So wird die Mietwagen-Abgabe in den Medien in Deutschland genannt. Was ging da schief?

So kann man das nicht sagen. Man muss sich die wirtschaftliche Gesamtsituation anschauen. Als Tourismusminister muss ich im Kabinett unbeliebte Entscheidungen mittragen, die notwendig sind, um unser Defizitziel zu erreichen. Ich setze darauf, dass wir die Abgabe zurücknehmen, sobald es wirtschaftlich besser läuft.

Für die Haushaltskrise haben Urlauber sicherlich Verständnis, aber nicht für die Improvisation. Wenn Touristen nach der Online-Reservierung vor Ort ein zweites Mal zur Kasse gebeten werden, ist Aufregung garantiert.

Das gefällt uns auch nicht, aber wir stecken in einer verzwickten Situation. Auch in den Bereichen Gesundheit oder Bildung standen schwierige Entscheidungen an. Im Tourismus läuft es nun einmal gut. Es hieß zum Beispiel auch, dass die höheren Flughafensteuern großen Schaden anrichten würden. Und nun erwarten wir für das erste Quartal ein Plus von zwölf Prozent bei den deutschen Urlaubern.

Wie werden Sie die Mietwagensteuer kommunizieren?

Wir müssen um Verständnis bitten und klarmachen, dass die Situation dramatisch ist, wir aber auch in Qualität investieren. Wenn es besser läuft, senken wir die Abgabe wieder.

Bereits in dieser Saison?

Nein, das ist nicht vorgesehen.

Der Umweltschutzverband GOB hat auf einer Pressekonferenz in Berlin die Gefährdung der Umwelt auf Mallorca angeprangert. Was halten Sie davon?

Ich respektiere die freie Meinungsäußerung. Unsere Politik zum Landschaftsschutz braucht sich nicht zu verstecken - es wurde kein zusätzlicher Quadratmeter zugebaut. Denn das neue Tourismusrahmengesetz hat einen Modernisierungsschub in den bestehenden Hotels ausgelöst, 60 Prozent der spanienweiten Investitionen in Hotels werden auf den Balearen getätigt.

Wie sieht denn Ihr Dialog mit dem GOB aus?

Vor jedem Gesetzesprojekt gibt es eine Konsultationsphase, in der wir uns mit allen Gesellschaftsvertretern austauschen. Ich kann alle Umweltschützer beruhigen: Der Landschaftsschutz liegt auch in unserem Interesse, das ist unser größter Reichtum.

Für Wut sorgt vor allem das Hotelprojekt in Sa Ràpita, in der Nähe des Naturstrands Es Trenc. Wie stehen Sie dazu?

Das Projekt wird von allen Parteien des Gemeinderats Campos getragen. Ich unterstütze es, sonst hätte es die Landesregierung auch nicht zum Projekt von allgemeinem Interesse erklärt. Wir verkürzen

Genehmigungsfristen, um so schnell wie möglich Jobs zu schaffen. Das gleiche machen wir im Fall der Hotelpläne in Canyamel, wo übrigens ein sozialistischer Bürgermeister regiert. Darüber wird jedoch nicht geredet, weil Umweltschutz parteipolitisch instrumentalisiert wird.

Welchen Imageschaden hat die Müllimport-Debatte verursacht?

In den Ländern, aus den die Urlauber zu uns kommen, ist man schon weiter und weiß ganz genau, dass Mallorca keine Müllkippe ist und es hier um den Import von Brennstoff geht. Da lässt man sich nicht von Aussagen beirren, die weniger fachlich als politisch motiviert sind.

Die Aussichten für die Saison 2013 sind gut - messen Sie den Erfolg an der Zahl der Urlauber oder der Zahl der Arbeitslosen?

Ich mache mir wie jeder andere auch Sorgen um die Arbeitsplätze. Mein Job sind aber die Touristenzahlen, und da liegen wir spanienweit vorne. Als Tourismusminister bin ich in der glücklichen Lage, Arbeitsplätze zu schaffen, etwa durch die Sanierung von Hotels.

In der Statistik hat man davon aber noch nicht viel gesehen.

Durchaus. Das Problem ist, dass die Zahl der Arbeitslosen trotzdem steigt, weil mehr Personen auf unseren Arbeitsmarkt strömen. Die Zahl der Angestellten in den Hotels ist gestiegen, aber die Tourismusbranche kann nicht die Gesamtzahl der wegfallenden Jobs ausgleichen.

Die Russen sind eine strategische Zielgruppe. Wie viele wollen Sie auf die Balearen locken?

Wir gehen von einem deutlichen Plus aus. 2010 waren es noch 46.000, im vergangenen Jahr schon 105.000. Im Moment liegen wir hinter Katalonien - aber wenn die Russen erst einmal auf den Geschmack gekommen sind, machen sie lieber hier Urlaub. Diese neuen Märkte sind auch deswegen so wichtig für uns, weil wir so das Minus bei den spanischen Urlaubern ausgleichen.

Im vergangenen Jahr gab es heftige Kritik, weil der Balearen-Stand auf der ITB so klein ausfiel. Was haben Sie daraus gelernt?

Dafür haben wir uns entschuldigt. Es lag auch daran, dass die neue spanische Regierung gerade erst angetreten war. Diesmal belegen wir rund 40 Prozent der Standfläche des Spanischen Fremdenverkehrsamts. Im Übrigen wollen wir auch nicht dramatisieren - die Zahl der deutschen Urlauber stieg 2012 trotz des kleinen Stands um drei Prozent.

Im E-Paper sowie in der Printausgabe vom 7. März (Nummer 670) lesen Sie außerdem:

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