Im Sommer verging kaum eine Woche, in der Palmas Flughafen Son Sant Joan nicht neue Rekordzahlen vermelden konnte. Das dürfte in diesem Winter nicht anders sein - allerdings unter umgekehrten Vorzeichen. Die Zahl der Flüge zwischen Oktober und März verringert sich um neun Prozent im Vergleich zum Vorjahr, die Zahl der Sitzplätze um fast zehn Prozent. Mallorcas Tourismuswirtschaft stellt sich auf die schlechteste Wintersaison der vergangenen zehn Jahre ein.

Die Entwicklung ist zwar zum großen Teil den Problemen auf dem spanischen Urlaubermarkt geschuldet. Aber auch bei den Flügen von und nach Deutschland geht es bergab: Die Ferienflieger verlängern ihre Winterpause und fliegen eine ganze Reihe von Städten monatelang gar nicht an (Kasten). Auch Marktführer Air Berlin meldet nach den Kürzungen des Vorjahres nun ein weiteres Minus von fünf Prozent bei den Deutschland-Verbindungen.

Bei den Festland-Flügen hatte Air Berlin bereits zum Sommer Madrid, Barcelona und San­tiago aus dem Programm genommen, andererseits aber Direktverbindungen Frankfurt-Madrid und Frankfurt-Barcelona eingeführt. Zum Winter wird nun auch Palma-Oviedo gestrichen. Man habe die Zahl der Festland-Flüge in diesem Winter „leicht reduziert", heißt es in der Pressestelle - man sei dabei das Flugnetz zu optimieren und dazu gehöre eben auch, unrentable Strecken zu streichen. Destinationen wie Alicante würden diesen Winter zudem verstärkt direkt aus Deutschland angeflogen.

Paul Verhagen, Spanien-Chef von Air Berlin, betont gegenüber der MZ, dass Mallorca auch im Winter gut an Deutschland angebunden sei. „Wir kürzen nicht bei den Destinationen, sondern nur bei den Frequenzen." Das Mallorca-Drehkreuz werde mit 10 Anbindungen auf die iberische Halbinsel und 20 internationalen Verbindungen - davon 15 nach Deutschland - nicht in Frage gestellt.

Auch wenn das Drehkreuz auf absehbare Zeit fortbestehe, änderten sich doch die Rahmenbedingungen, gibt Frank Fichert zu bedenken, Luftverkehrsexperte an der Fachhochschule Worms: „Da ist bei Air Berlin viel in Bewegung." Über die Streichung einiger Verbindungen aufs Festland hinaus verweist Fichert auf die Aufnahme der Fluggesellschaft in die Oneworld-Allianz. Air Berlin-Kunden in Deutschland, die aufs spanische Festland wollen, könnten dadurch vermehrt Flüge ohne Zwischenstopp auf Mallorca wählen. Ohnehin sei die Frage, wie viele Passagiere überhaupt in Son Sant Joan umsteigen. Von den 3,9 Millionen Deutschland-Palma-­Passagieren aller Airlines im Jahr 2012 wechselten, laut Statistischem Bundesamt, nur rund 200.000 auf Mallorca den Flieger. Ihre eigenen Zahlen veröffentlichen die Airlines nicht.

Immer wieder werden Initiativen lanciert, um den Flugplan im Winter zu beleben. Sie versprechen jedoch kurzfristig kaum Besserung. So haben die Hoteliers mit der Unterstützung von Air Berlin winterliche Insel-Attraktionen in Broschüren, Anzeigen und Spots zusammengefasst, die nun alle Air-Berlin-Fluggäste zu sehen bekommen. „Das ist ein Langstreckenlauf", räumt Inmaculada Benito ein, Geschäftsführerin von Mallorcas Hoteliersverband. Verhagen spricht von einem wichtigen Anfang, der Erfolg hänge nun auch davon ab, wie weit die Kooperation ausgeweitet werde.

Dass vor allem Mallorcas ­Tourismuswirtschaft am Zug sei, daran lässt auch Frank Fichert keinen Zweifel. Zwar argumentieren die Insel-Hoteliers gerne, dass sie ihre Häuser in Folge des geringen Flug­angebots nicht öffnen könnten. Doch ein Blick auf die Statistik des Vorjahrs zeigt, dass die Auslastung der Winter-Flieger gering ist, also noch genügend Flüge zu haben sind. Die sommerliche Auslastung von im Schnitt deutlich mehr als 90 Prozent sank im November 2012 auf 71 Prozent und lag auch in den Wintermonaten unter 80 Prozent.

Neben den Hoteliers ist zudem die staatliche Flugverwaltung Aena in Zugzwang. Sie hatte zuletzt die Flughafengebühren deutlich angehoben. Nun hat Madrid angekündigt, ein Nachlass von 75 Prozent für zusätzliche Passagiere einer Strecke zu gewähren, sofern es sich nicht um eine Umverteilung der Passagiere zwischen den Fluggesellschaften handelt, also die Gesamtzahl der Passagiere dieser Verbindung gestiegen ist. Zudem werden ab dem 1. Januar die Gebühren auf jenen Strecken ganz erlassen, die neu aufgenommen werden. Madrid hofft so spanienweit auf rund zwei Prozent mehr Passagiere 2014.

Air Berlin-Manager Verhagen sieht in der Entscheidung das Eingeständnis, dass die Gebührenerhöhung ein Fehler war. Die Initiative sei viel zu pauschal, kritisiert hingegen Benito: Mallorca brauche eine auf die Insel zugeschnittene Tarifpolitik. Doch aufgrund der zentralisierten Struktur der Aena hat die balearische Landesregierung bislang wenig mitzureden. „Ein guter Ansatz, der aber nicht reicht", urteilt Fichert und erinnert daran, dass sich die Verbindungen langfristig tragen müssen, um Palmas Flughafen aus dem Winterschlaf zu wecken.

Flugplan: Was im Winter übrig bleibt

Während bei den Flügen zum Festland ganze Strecken wegfallen, werden bei der Deutschland-Anbindung vor allem Frequenzen zurückgefahren. So fliegt etwa TuiFly weiterhin im Winter sieben deutsche Städte an - im Sommer sind es zehn -, aber zum Beispiel Köln jetzt nur noch einmal statt früher dreimal pro Woche.

Noch stärker dünnt Condor den Winterflugplan aus. Der einzig verbliebene Flug - einmal pro Woche nach Frankfurt - wird ab Mitte November bis März ganz ausgesetzt. Vor einem Jahr waren bis November noch dreimal Frankfurt und einmal Hamburg im Programm, ab März dann bereits neun Verbindungen - neben Frankfurt und Hamburg auch Hannover, Düsseldorf und München.

Auch die Lufthansa setzt fast ausschließlich auf die Hauptreisezeit - im Winter geht es nur einmal wöchentlich nach München. Die Konzerntochter Germanwings dagegen stockt auf: Im Winter kommen Berlin, Düsseldorf und Hamburg hinzu. Nach 21 wöchentlichen Flügen im Winter wird dann im Sommer auf 111 erhöht, auf das „größte Mallorca-Programm, das Germanwings je im Sommer geflogen hat." Hintergrund: Die Airline übernimmt Europa­strecken der Konzernmutter.

Der Billigflieger Ryanair unterdessen fliegt Memmingen und Lübeck nicht mehr an, behält Köln/Bonn bei und nimmt Frankfurt-Hahn und Dortmund wieder in den Winter-­Flugplan auf.

Im E-Paper sowie in der Printausgabe vom 17. Oktober (Nummer 702) lesen Sie außerdem:

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