"Massage?" Die Frage kommt zur Abwechslung nicht von einer der Asiatinnen, die den Strand von Can Picafort an der Nordostküste von Mallorca auf der Suche nach Kunden auf und abgehen, sondern von einem Kunden. Er steht vor einem der Pavillons und schaut fragend die beiden spanischen Masseure an, die neben ihren Massage­liegen bereitstehen. Einer der beiden reicht ihm den Info-Flyer mit den Angeboten und Preisen, und der Urlauber zieht damit von dannen.

Es ist ein mühseliges Geschäft mit dem Massage-Angebot, das an mehreren Stränden Mallorca in dieser Saison erstmals offiziell genehmigt wurde. Eigentlich sollten die Pavillons dem illegalen Treiben der fliegenden Masseurinnen ein Ende setzen. Doch gerade in deren Umgebung scheint das Geschäft besonders zu florieren.

„Sie geben sich als Kolleginnen unserer Masseure aus", sagt Konzessionär Oscar González, „sie haben sogar einen Flyer, der unserem ähnlich sieht". Der Unternehmer hat den Zuschlag bei Ausschreibungen in den Gemeinden Santa Margalida (Can Picafort), Muro und Calvià erhalten, doch die Rechnung mit den insgesamt 14 Pavillons geht bislang nicht auf. Im Schnitt seien die Masseure nur ein Viertel der Zeit ausgelastet, obwohl es angesichts der Zahl der Urlauber eigentlich beständig etwas zu tun geben müsste, so González.

Der unlautere Wettbewerb, der buchstäblich auf dem Rücken der Urlauber stattfindet, hat aber nicht nur Folgen für die offiziellen Masseure am Strand, sondern auch für die Hotels in der Nähe. Zu spüren bekommt das beispielsweise der Deutsche Achim Markus, der für den Wellness-Betrieb in sechs Hotels auf der Insel zuständig ist und sich ebenfalls für eine Strandkonzession beworben hatte. Dass er leer ausging, findet er im Nachhinein nicht mehr so schlimm, wie er sagt. Seit die Zahl der fliegenden Masseurinnen in den vergangenen Jahren stetig zugenommen habe, sei sein Geschäft in den Hotels um 30 bis 40 Prozent rückläufig. Insbesondere bei strand­nahen Häusern und im Fall der klassischen Massagen mache sich die asiatische Konkurrenz bemerkbar, so der Sportphysio­therapeut und Physiopraktiker.

Aber auch ein paar Gehminuten vom Strand entfernte Häuser bekämen die Folgen zu spüren, sagt Kurt Weber, Leiter der Hotelmarke Allsun (Alltours). „Um die Kategorie vier Sterne plus zu erhalten, haben viele in den vergangenen zwei Jahren ein Spa eingerichtet", erklärt Weber. Doch nun seien diese Einrichtungen nicht ausgelastet, und die betroffenen Hoteliers liefen Gefahr, die Spa-Partner wieder zu verlieren. Da viele Urlauber der Geiz-ist-Geil-Mentalität folgten, seien in erster Linie die Behörden gefragt, für Ordnung zu sorgen. Aber „die Polizisten schauen einfach zu".

Für Kontrollen sind die Orts­polizisten zuständig, die am Strand patrouillieren. Ähnlich wie bei fliegenden Händlern, Hütchenspielern oder Obstverkäufern ist es ein Katz-und-Maus-Spiel. „Die Polizisten schicken sie vom Strand weg, und wenig später tauchen sie wieder woanders auf", erzählt Masseur Juanjo in Can Picafort. Während am Boulevard die Polizei zumindest regelmäßig vorbeischaue, ließe sie sich weiter westlich, an der Playa de Muro, nur wenig blicken. Manchmal massierten gleich mehrere Frauen in Sichtnähe der Pavillons die Urlauber.

Wieder nähert sich eine Frau mit Schirmmütze und Fläschchenbeutel. Sie gibt freundlich lächelnd Auskunft über die Tarife: 40 Minuten 20 Euro - der Preis der legalen Masseure liegt bei 30 Minuten für 24 Euro. Bei allen weiteren Fragen des MZ-Reporters reichen die Spanisch-Kenntnisse der Asiatin plötzlich nicht mehr, und sie verabschiedet sich schnell. Auch ein Asiate mit Strohhut ist unterwegs - seine Reaktion fällt genauso aus.

Der Mann ähnelt ein bisschen dem kleinen Symbol auf dem Werbeflyer des Massagepavillons. Darauf ist ein stilisierter Chinese in einem Warnschild zu sehen, darunter steht „Caution". Dass das Geschäft nicht nur illegal, sondern auch organisiert sei, könne Tag für Tag beobachtet werden, so die offiziellen Masseure übereinstimmend. Demnach kommen die Masseurinnen ohne Lizenz jeden Morgen gruppenweise per Bus aus Palma an, schwärmen aus und fischen die Kunden ab, bevor die offiziellen Konkurrenten beginnen dürfen - für sie schreiben die Konzessionsbedingungen 10 Uhr vor. Es gebe unter den Asiaten zudem stets eine Person, die Wache schiebe, eine andere Person sammle die Einnahmen ein. Abends gehe es dann wieder zurück nach Palma.

„Schauen Sie mal morgens auf der Plaça d´Espanya in Palma vorbei, das ist wie in Chinatown", sagt Konzessionär González mit Verweis auf rund hundert Frauen an der Bushaltestelle. Die Polizei habe offenbar noch nicht erkannt, dass es sich um kein auf die Gemeinden begrenztes Problem handle. Wenn die Kommunen Gelder mit den Konzessionen verdienen wollten, müssten sie auch die Rahmenbedingungen dafür sicherstellen, argumentiert González - und zur Not einen Beamten als Wachposten abstellen.

Es sei aber auch ein Problem der Nachfrage, so Markus, viele Urlauber wüssten noch nichts vom legalen Service am Strand. Der Deutsche fordert deswegen Aufklärung in den Hotels sowie Informations­kampagnen, ähnlich wie dies bereits auf den Kanaren der Fall sei. „Da stehen überall Warnschilder an den Stränden: Vorsicht vor illegalen Behandlungen." Schließlich handle es sich nicht nur um ein gesetzliches, sondern auch um ein hygienisches und gesundheitliches Problem, so Markus: Auf den Sonnenliegen lägen die Urlauber anders als auf Massageliegen im Hohlkreuz, Händewaschen zwischen Fuß- und Kopfmassage sei Fehlanzeige - und statt auf den Rücken des Kunden schauten die Frauen beständig in alle Himmelsrichtungen, ob auch die Luft weiterhin rein ist.

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Ganz anders in den Pavillons, in deren Fall die Gemeinden alle Details vorschreiben. In den Konzessionsbedingungen für Playa de Muro, die der MZ vorliegen, wird alles bis aufs Kleinste geregelt - vom sichtbar ausgehängten Qualifizierungsnachweis des Personals über die Hygienevorschriften und Versicherungen bis hin zur Farbe der Kopfbedeckung. Neben den Steuern fallen zudem die Konzessions­gebühren an - Santa Margalida etwa gab den Zuschlag bei einem Höchstgebot von 14.113 Euro.

Diese Saison sei ohnehin ein Probedurchlauf, sagt Konzessionär González. Und falls es sich nicht rechnet, haben die fliegenden Masseurinnen womöglich in Zukunft den Strand wieder für sich.

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