Wer im Restaurant des Yachtclubs von Molinar einkehrt, bekommt die neuesten Pläne für den kleinen Hafen direkt vor Augen geführt - an den Wänden des Restaurants hängen Fotos, die den heruntergekommenen Jetzt-Zustand zeigen, direkt neben Computergrafiken mit den Entwürfen. Dabei geht es gar nicht in erster Linie darum, einen schicken und modernen Neubau zu präsentieren - sondern zu zeigen, dass dieser nicht so monströs ausfällt, wie die Kritiker auch nach dem zweiten Anlauf sagen.

Das erste Projekt war finanziell und sicherheitstechnisch das beste", sagt Rafel Vallespir, Vorsitzender des Yachtclubs. Die im vergangenen Jahr präsentierten Pläne sahen 315 statt bisher 75 Liegeplätze vor, bei einer bebauten Fläche von 70.000 Quadratmetern und drei neuen Gebäuden. Als jedoch die Kritik nicht nachließ und schließlich sogar Bürgermeister Mateo Isern (Volkspartei, PP) bezweifelte, dass das Projekt zu Molinar passe, wurde nachgebessert. Jetzt sind 220 Liegeplätze geplant, bei einer bebauten Fläche von 40.000 Quadratmetern und nur noch einem neuen Gebäude.

„Weniger geht nicht", beharrt Bauingenieur Juan José Lemm - vor allem in Hinblick auf die Sicherheitsauflagen, die man bei der Neuvergabe der Konzession 2019 erfüllen müsse. Der Hafen in seiner bisherigen Form sei Unwettern völlig ausgeliefert. Bei dem neuen Projekt dagegen liegt die Hafeneinfahrt auf der Westseite und außerhalb des Bereichs, in dem sich gewöhnlich die Wellen brechen. Die äußere Mole reicht zwar immer noch weit ins Meer hinaus, wie man beim Übereinanderlegen der Entwürfe sieht. Durch ihre geschwungene Form, die an eine Schnecke erinnert, soll sie jedoch organischer wirken. Und sie ist mit 380 Metern nun auch ganze 200 Meter kürzer als bislang.

In den Augen der Kritiker reicht die Korrektur allerdings noch lange nicht. „Das erste wie das zweite Projekt sind völlig überdimensioniert", kritisiert Pedro Martínez, Sprecher der Einwohnervereinigung Vogar i Ciar und der Bürgerinitiative „Al Molinar port petit". Er bezweifle zwar nicht, dass der Ausbau die Sicherheit deutlich erhöhe. Doch letztendlich gehe es in erster Linie darum, in dem ältesten balearischen Yachtclub eine große Zahl neuer Liegeplätze zu schaffen und sich damit eine goldene Nase zu verdienen. Man habe ausgerechnet, dass der Verkauf der Liegeplätze rund 20 Millionen Euro einbringen könnte - bei Investitionen in Höhe von 9 Millionen Euro.

„Totaler Quatsch", sagt Ingenieur Lemm, die Zahl sei völlig aus der Luft gegriffen. Hier werde vergessen, dass maximal 20 Prozent der Liegeplätze 15 Meter lang sein sollen - bislang sind es maximal acht Meter. Es gehe in erster Linie um eine kostendeckene Finanzierung der Erweiterung. Auch der Club-Vorsitzende Vallespir weist den Vorwurf der Spekulation von sich. „Wir sind kein Unternehmen, sondern ein Verein ohne die Absicht, Gewinn­ zu erzielen. Alle zusätzlichen Einnahmen fließen in Veranstaltungen oder etwa neue Segelschulboote".

Fotogalerie: So sieht's derzeit im Hafen aus

Die Gegner und die Befürworter der Hafenerweiterung zu quantifizieren, ist alles andere als einfach. Vallespir betont, dass man inzwischen praktisch alle der mehr als zwei Dutzend Vereinigungen des Viertels hinter sich habe, erbitterte Gegner seien nur die Bürgerinitiative

Al Molinar port petit sowie eine von mehreren Einwohnervereinigungen. Martínez dagegen verweist darüber hinaus auf den Rückhalt von Umwelt- und Denkmalschutzvereinigungen wie Gob, Amics de la Terra und Arca sowie eine Sammlung von mehr als 14.000 Unterschriften, bei der sich die Teilnehmer dafür ausgesprochen hätten, den Hafen in seinen jetzigen Dimensionen beizubehalten. Neben linken Oppositionsgruppen bezog vor Kurzem auch die neue Partei Podemos gegen den Hafenausbau Stellung.

Die Lage ist unübersichtlich geworden, auch Palmas Rathaus positioniert sich nicht mehr klar. Eine Sachverständigen-Kommission soll nun das neue Projekt bewerten. Zudem hat Palmas Dachvereinigung der Anwohnerverbände Mitte September einen dritten Vorschlag präsentiert, der eine Erweiterung nur auf 120 Liege­plätze mit maximal acht Metern Länge sowie den Erhalt des bisherigen Hauptgebäudes vorsieht. Die Kosten für diese dritte ­Variante lägen bei 1,5 Millionen Euro. „Das ist kein Projekt, das sind nur ein paar Striche auf der Karte", hält Lemm entgegen. Ein solcher Hafen sei alles andere als sicher und das Gebäude aus feuchtem Marès-Stein und mit asbestverseuchtem Dach weder behindertenfreundlich noch schützenswert.

Wie bei so vielen Projekten auf Mallorca trennt ein tiefer ideologischer Graben Befürworter und Gegner, ein Konsens scheint kaum möglich. Martínez und seine Leute führen die Identität des früheren Fischer-Viertels an, das sich schon stark gewandelt habe und sich mit der Autobahn-Anbindung Molinar weiter verändern werde. Es drohe ein Gentrifizierungsprozess, also die Abwanderung ärmerer und der Zuzug wohlhabender Einwohner.

Auf der anderen Seite halten die Befürworter den Gegnern vor, das Projekt wegen ideologischer Scheuklappen gar nicht im Detail zu würdigen. Zu ignorieren, dass sich der Hafen an der Stelle, wo jetzt hässliche Mauern stehen, zur Promenade hin öffne. Dass das neue Gebäude sogar kleiner und der Großteil der Anlage von der Promenade aus gar nicht zu sehen sei. Man wolle im Grund nichts anderes als das, was in den nahegelegenen Häfen wie Portitxol, Can Pastilla oder Arenal gemacht wurde. Vallespir vergleicht das Vorhaben mit der Sanierung eines Hauses. „Wir wollen hier kein Jacuzzi, sondern ein funktionsfähiges Bad."

Während weiter diskutiert wird, geht das nun modifizierte Projekt seinen Gang durch die Verwaltungs­hierarchie. Die Pläne liegen dem spanischen Infrastruktur­ministerium vor, das sie nach einer öffentlichen Auslegung genehmigen muss. Bis dahin bleiben die Fotos im Club-Restaurant tägliches Thema der Tischgespräche.

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