Wenn der balearische Ministerpräsident zur alljährlichen Rede zur Lage der Autonomen Region der Balearen ansetzt, ist Geduld gefragt. Am vergangenen Dienstag (21.10.) mutete José Ramón Bauzá den Abgeordneten im Balearen-Parlament in seiner mehr als zweistündigen Rede besonders viele Zahlen zu, um eine geplante große Steuerreform zu erklären: Die Erläuterungen zu Steuersätzen, Vergünstigungen und Änderungen bei Abgaben aller Art nahmen immerhin knapp vier der insgesamt 32 Seiten des Redemanuskripts ein.

Sollte die angekündigte Reform so umgesetzt werden, wie sie dort steht, würde die gesamte Steuer­gesetzgebung auf den Inseln umgekrempelt. Praktisch alle Abgaben, die zum Teil oder ganz in die Zuständigkeit der balearischen Landesregierung fallen, sollen demnach sinken - von der Einkommensteuer (IRPF) über die Erbschafts- und Schenkungssteuer (Impuesto sobre sucesiones y donaciones) bis hin zur erst vor Kurzem wieder eingeführten Vermögenssteuer (Impuesto sobre el patrimonio), nicht zu vergessen eine lange Reihe kommunaler Abgaben.

Die Reform soll nach Angaben von Bauzá bereits für das Steuerjahr 2015 gelten und eine jährliche Entlastung von insgesamt 60 Millionen Euro erbringen. Zusammen mit der von der Zentralregierung geplanten Steuerreform hätten die Balearen-Bürger in zwei Jahren insgesamt 250 Millionen Euro mehr Einkommen zur Verfügung.

„Wir wollen den Bürgern etwas für die große Anstrengung zurückgeben, die zur Bewältigung der Wirtschaftskrise nötig war", so der Ministerpräsident bei seiner Rede im Balearen-Parlament mit Verweis auf die verbesserte Situation des öffentlichen Haushalts. „Wir wollen aber auch Impulse zur weiteren wirtschaftlichen Erholung geben und so die Arbeitslosigkeit weiter zurückdrängen."

Der Löwenanteil der Steuer­erleichterungen entfällt auf die Einkommensteuer, die teils von der Zentralregierung, teils von den Autonomen Regionen erhoben wird. Im Fall der cuota autonómica sollen sechs statt bislang vier Steuerstufen gelten und die Steuersätze jeweils zwischen 2,5 und 5,75 Punkte gesenkt werden. Die Entlastung werde sich vor allem bei den mittleren und unteren Einkommen auswirken, versprach Bauzá. Der Eingangssteuersatz werde von bislang 12 auf 9,5 Prozent gesenkt. Beispiel: Wer beim balearischen Finanzamt ein zu versteuerndes Jahreseinkommen von weniger als 53.000 angebe - das seien immerhin 93 Prozent der Steuerzahler - müsse in der cuota autonómica zwischen 9 und 21 Prozent weniger zahlen.

Um besonders Steuerzahler mit Behinderung, Familien sowie ­Senioren zu entlasten, sollen weiterhin die für sie geltenden Steuer­freibeträge angehoben werden. Bauzá machte ein konkretes Rechenbeispiel: Ein Ehepaar mit drei Kindern und einem Familieneinkommen von 54.000 Euro werde im Steuerjahr 2015 um 1.844 Euro entlastet. Hinzu kommen bei der Einkommensteuer weitere kleine Vergünstigungen: Wer beispielsweise Fremdsprachen lernt oder in erneuerbare Energien investiert, könne künftig auch die dafür nötigen Ausgaben in der Steuer­erklärung absetzen.

Aber auch am anderen Ende der sozialen Skala ist eine Entlastung geplant. Bei der Vermögensteuer soll der jeweils geltende progressive Steuersatz zwischen 0,25 und 2,5 Punkte gesenkt werden. Der bisherige Freibetrag von bislang 700.000 auf 800.000 Euro steigen. Ausdrücklich betonte der Premier, dass diese Anhebung des Freibetrags auch im Fall der Nicht-Residenten gelte.

Und auch bei der Erbschafts- und Schenkungssteuer sind Entlastungen geplant - wobei sich die Ankündigungen von Bauzá nur auf Residenten, sprich Wähler, bezogen. Im Fall der Nicht-Residenten, bei denen bislang auf den Balearen ein progressiver Satz zwischen 7,65 und 34 Prozent fällig wird, muss nach einem Urteil der EU-Richter ohnehin nachgebessert werden.

Ein Steuergeschenk gibt es zudem für Käufer von Gebrauchtfahrzeugen im Fall der Erwerbssteuer (ITP, Impuesto Sobre transmisiones Patrimoniales). Hier sollen alle Sätze um 20 Prozent sinken, im Fall von mehr als zehnjährigen Autos um 50 Prozent, im Fall von mehr als 25-jährigen Autos um 100 Prozent.

Die Opposition kritisierte die Pläne als Wahlkampfmanöver und unseriös. Nachdem die PP soziale Leistungen gekürzt habe, gebe es nun Steuergeschenke für die Bürger, die ohnehin am meisten hätten, so Sozialistensprecherin Francina Armengol. Zur Gegenfinanzierung drohten dann weitere soziale Einschnitte sowie höhere Schulden.

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