Im Gebiet von Clot de Saguer, in der Nähe des Sturzbaches Mortitx, wusste die belgische Wanderin nicht mehr weiter. Die 46-Jährige war am Sonntagmorgen (12.4.) allein aufgebrochen. Als sie auch am Abend nicht zurück war, verständigte ihre Schwester die Bergrettung. Die Einsatzkräfte suchten zu Fuß und mit dem Hubschrauber nach der Frau und fanden sie schließlich am nächsten Morgen. Die Belgierin hatte eine leichte Unterkühlung und zu wenig getrunken, musste aber nicht ärztlich versorgt werden. Ein Helikopter flog sie zurück in die Zivilisation.

Fast kein Tag vergeht derzeit, ohne dass die Spezialeinheiten von Guardia Civil und Feuerwehr ausrücken müssen, um Wanderern in der Tramuntana zu Hilfe zu kommen. Oft unterschätzen die Ausflügler ihre Kräfte, den Wetterumschwung oder ihr Orientierungsvermögen. Die Grenze ist fließend. „Ob es wirklich fehlende Vorsicht und Fahrlässigkeit oder aber ein unverschuldeter Unfall war, lässt sich in den meisten Fällen nicht eindeutig sagen", meint Antonio Chinchilla, Leiter der auf Bergrettung spezialisierten Einheit Greim bei der Guardia Civil.

Aber auch, wenn die Situation klar ist, bleibt der Rettungsein­satz in der Tramuntana im Gegensatz etwa zu den Alpen oder vielen Gegenden auf dem spanischen Festland kostenlos. Die Landes­regierung verzichtet darauf, den fahrlässigen Ausflüglern die Kosten für ihre Rettung in Rechnung zu stellen. In Asturien, Kastilien-León, Katalonien, Kantabrien, Navarra, dem Baskenland sowie auf den Kanaren ist dies durchaus üblich.

Im vergangenen Jahr schlugen insgesamt 147 Rettungseinsätze auf den Balearen zu Buche. Teuer ist vor allem der Einsatz des Helikopters, ohne den es im unzugänglichen Gelände der Tramuntana oft nicht geht. Eine Flugstunde kostet rund 2.000 Euro. Hinzu kommen die Kosten für den Einsatz weiterer Fahrzeuge und die Arbeitsstunden der Helfer - wobei oftmals auch viele Freiwillige im Einsatz sind. „Wir können nur die Behörden über unsere Arbeit informieren", so Chillida, „das weitere Vorgehen liegt dann bei ihnen."

Gefragt sind die Helfer vor allem bei Wetterumbrüchen. So lockte etwa der Schnee Anfang des Jahres zahlreiche Ausflügler in die Tramuntana, von denen nicht alle bestens gerüstet waren. Gefährlich wird es zudem bei Regenfällen, wenn die Sturzbäche anschwellen. So mussten vor rund drei Monaten Einsatzkräfte von Guardia Civil und Feuerwehr drei Wanderern in der Nähe des Stausees Cúber zu Hilfe kommen, die in einem Sturzbach unterwegs waren.

Gefangen in der Felsenschlucht

Regelmäßig unterschätzt wird auch die Felsenschlucht Torrent de Pareis an der Nordküste Mallorcas. Zuletzt musste die Bergrettung dort Ende vergangener Woche eine Gruppe deutscher Urlauber im Alter zwischen 40 und 45 Jahren retten, die die Nacht im Freien verbracht hatten. Nachdem die Touristen am Mittwochmorgen zu sechst aufgebrochen waren, kamen nur drei von ihnen am Ziel an. Die Suche nach den Zurückgebliebenen begann um 21 Uhr - erschwerte Bedingungen, weil nach Einbruch der Dunkelheit keine Suche aus der Luft möglich ist.

Während die deutschen Wanderer wohlbehalten aufgefunden wurden, kam im Fall eines Spaniers, der vergangene Woche in der Gegend von Lluc vermisst wurde, jede Hilfe zu spät. Rettungskräfte fanden am Freitagmorgen (10.4.) den leblosen Körper des seit Ostersonntag verschwundenen 40-Jährigen auf der Finca Menut im Tal von Lluc - die Stelle war bereits mehrfach ergebnislos abgesucht worden. Der Wanderer war vom Zeltplatz an der Pilgerstätte aufgebrochen, um den Flug eines Mönchsgeiers zu beobachten, wie seine Familie berichtete. Der Fundort der Leiche ließ darauf schließen, dass der Mann eine sechs Meter hohe Felswand hochgeklettert war und das Gleichgewicht verloren hatte.

Schnelle Ortung dank Handy-App

Neben Tipps, die eigentlich selbstverständlich sein sollten - ausreichend Verpflegung, Wasser und warme Kleidung mitnehmen, Freunde über Wegstrecke und geplante Ankunftszeit informieren, Wetterbericht beachten - gibt es auch smarte Helferlein für den Fall der Fälle. So kann beispielsweise mit der Handy-Anwendung Whatsapp mit wenigen Klicks der genaue Standort übermittelt werden - genauso einfach wie beispielsweise ein Foto. Darüber hinaus gibt es spezielle Apps wie etwa Alpify.

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