Die Anekdote von den deutschen Urlaubern, die vor einigen Jahren neugierig ein Lokal namens „Champañería" betraten und auf dem Absatz kehrt machten, als sie erschüttert feststellen mussten, dass dort kein teurer Schaumwein, sondern nur billige Prostituierte im Angebot sind, erzählt man sich immer noch gerne auf der Plaça Banc de s´Oli. Doch schon bald könnte an dem kleinen Platz, der gleich neben Palmas Plaça Major liegt, tatsächlich edler Champagner fließen.

Und zwar im völlig verfallenen, ehemaligen Hostal Perú, das - wie man sich in der Nachbarschaft seit einigen Wochen erzählt - in ein nobles Boutique-Hotel verwandelt werden soll. „Ein Deutscher hat es samt eines Nebengebäudes gekauft", weiß Caterina Sitjar, die ehemalige Chefin von IB3-Radio, die ihre Journalistenkarriere vor rund drei Jahren an den Nagel hängte und seitdem an dem Platz das Restaurant „s´Oli 13" betreibt. Der Gegend könne es nur gut tun, wenn der Anfang des 20. Jahrhunderts errichtete Bau mit der einst prächtigen ­Fassade endlich wieder in neuem Glanz erstrahle, ist die Wirtin, die gleich um die Ecke aufgewachsen ist, überzeugt. „Früher wollten meine Schulfreunde nie mit hierher kommen, weil diese Ecke einen so schlechten Ruf hatte", erzählt die 43-Jährige.

Auch heute noch meiden viele die Plaça Banc de s´Oli, die seit Jahrzehnten den reiferen Damen von Palmas Straßenstrich vorbehalten ist. Diese nutzen außerdem das leer stehende Hostal Perú, das bis in die 60er Jahre Mallorcas Landbevölkerung als Unterkunft diente, wenn sie für Erledigungen in die Inselhauptstadt reisen mussten, für ihre Zwecke.

Doch damit ist seit dem 1. März Schluss: Infolge des Besitzer­wechsels endete auch der Mietvertrag von Jaume, einem weit über 80-jährigen Zuhälter, der den Frauen die weniger einsturzgefährdeten der Hotelzimmer stundenweise überlassen hatte, erzählt Caterina Sitjar. Ersatzweise hätten sie sich nun in den Wohnungen über der „Champañería" einquartiert. Aber auch dort werden sie höchstens bis Jahresende, wenn der Mietvertrag für das Lokal ausläuft, geduldet sein, vermutet die ehemalige Journalistin. „Ich glaube, das mit der Prostitution wird sich hier mittelfristig legen", prophezeit sie. „Vielleicht gehen die Damen ja einfach in den Ruhestand."

Wenn es so einfach wäre. „Ich hätte damit schon längst aufgehört, wenn mir jemand einen anderen Job geben würden", poltert Remedios, eine Mallorquinerin, die stark auf die 60 zugehen dürfte. „Aber in meinem Alter ist das doch in der jetzigen Situation unmöglich." Ihre Kollegin María pflichtet ihr bei - hätte aber durchaus eine Idee, wie man angesichts des Rauswurfs aus dem alten Hostal zwei Fliegen mit einer Klatsche schlagen könnte. „Dieser Deutsche soll uns einfach in seinem Hotel anstellen, ich bin zu jeder Arbeit bereit." Die realistische ­Variante wird allerdings eine andere sein, das ist auch María bewusst: „Wenn das Luxushotel erst mal auf ist, wird uns die Stadt von hier verscheuchen, das ist doch klar." Wobei sich etwa die Suppenküche Zaqueo, keine 200 Meter Luftlinie entfernt, erstaunlich hartnäckig halte. Die Essensausgabestelle, an der tägliche Dutzende notleidende Menschen Schlange stehen, war der Geschäftsführung der Luxusapartments „Palma Suites", die ein schwedischer Investor 2013 direkt nebenan errichtet hatte, anfänglich ein großer Dorn im Auge. Inzwischen allerdings ist es ruhig geworden um das Vorhaben, Zaqueo in ein anderes Viertel zu verbannen.

„Arme Leute sind aber auch was anderes als Nutten. Über die werden sich die Hotelgäste wesentlich mehr echauffieren", sagt Paloma, die mit ihrem Antiquitätenladen „La Columneta" erst vor wenigen Tagen ein Gebäude in der Straße zwischen Plaça Banc de s´Oli und Plaça Major bezogen hat. Gegen die geplante Luxusherberge haben aber auch Paloma und ihre gleichnamige Geschäftspartnerin nichts einzuwenden. „Als wir den Laden anmieteten, wussten wir noch nichts davon, es war also ein richtiger Glücksgriff"; sagen die beiden Madrileninnen, denen der neue Standort dadurch umso besser gefällt. Durch das Hotel dürfte in Zukunft noch mehr Laufkundschaft kommen, die sie in ihrem früheren Lokal in einer der verwinkelten Gassen nahe der Sindicat-Fußgängerzone schmerzlich vermisst hatten. Ebenfalls positiv aufs Geschäft dürfte sich der im Gebäude gegenüber geplante Supermarkt auswirken. Den Palomas zufolge soll hinter dem Vorhaben ebenfalls ein deutscher Geschäftsmann stecken. „Der macht da irgendwas Hochwertiges, mit Delikatessen und so." Caterina Sitjar von der Bar s´Oli 13 hingegen will gehört haben, dass der künftige Ladeninhaber Mallorquiner ist und eine Filiale der auf Expansionskurs befindlichen Supermarkt-Kette Coaliment eröffnen wird.

Es tut sich also einiges auf dem Platz, auf dem in ferner Vergangenheit, im 16. Jahrhundert, mit Olivenöl gehandelt wurde (daher der Name). „Jetzt müsste die Stadt den Platz nur noch autofrei machen und die hässlichen Müllcontainer entfernen", sagt Paloma. Vor allem mit dem zweiten Wunsch spricht sie auch Susanne Wernli aus der Seele. Die Schweizerin betreibt an der Plaça seit 2013 das Restaurant Gustar und ärgert sich seit ebenso langer Zeit über die seit Jahren nicht mehr funktionierenden Müll­schlucker direkt vor ihrer Terrasse.