Pünktlich zum Klimagipfel in Paris am 30. November kann die Balearen-­Regierung ein neues Strategie­papier vorweisen. Energie- und Verkehrsminister Joan Boned reiste Anfang November nach Valencia, wo er an einer Tagung teilnahm. Vertreter der Regionen Valencia, Katalonien, Andalusien und der Balearen beschlossen dort, Maßnahmen zu koordinieren, um den „ökologischen, sozialen und wirtschaftlichen Herausforderungen des Klimawandels entgegenzutreten".

Damià Gomis hat davon nichts mitbekommen, er misst dem Papier aber auch nicht viel Bedeutung zu. Der Klimaforscher, der an der Balearen-Universität und dem Meeresforschungsinstitut Imedea arbeitet, sieht statt den Regionen in erster Linie die Zentralregierung in der Pflicht. Schließlich hat sie die Zuständigkeiten, etwa in der Energiepolitik. Doch statt etwa die Solarenergie zu fördern und Subventionen für Kohle abzubauen, habe für die Regierung die Wirtschaftspolitik Vorrang gehabt.

Dass sich die Bilanz der ausgestoßenen Treibhausgase dennoch deutlich gebessert hat und Spanien für den Zeitraum 2008-2012 die Vorgaben des Kyoto-Protokolls erfüllt, liege vorwiegend an der Wirtschaftskrise, erklärt Gomis - „die Kurve der CO2-Emissionen läuft genau entgegengesetzt zur Kurve der Arbeitslosenzahl".

Umweltschützer kritisieren zudem den Kauf von Emissionsrechten - Spanien habe auf diese Weise eine Milliarde Tonne CO2 mehr ausgestoßen als geplant und letztendlich keine eigentliche Klimaschutzpolitik betrieben. Dabei sah das Kyoto-Protokoll im Fall von Spanien - im Gegensatz zu anderen Ländern - keine Reduzierung der Werte auf das Niveau von 1990 vor, sondern eine ­maximale Steigerung von 15 Prozent.

Gerade Mallorca ist dabei ein Klimasünder. Das liegt in erster Linie an der Stromerzeugung, bei der auf fossile Brennstoffe wie Kohle gesetzt wird und nachhaltige Energien fast keine Rolle spielen. Die Energieerzeugung verursacht mehr als die Hälfte der Treibstoff­emissionen. Dahinter folgt der Transport mit knapp 30 Prozent, die Industrie macht nur zehn Prozent aus.

Andererseits dürfte aber gerade Mallorca die globalen Effekte des Klimawandels stärker zu spüren bekommen. „Das Mittelmeerklima ist besonders anfällig", erklärt Gomis. Da es im Übergangs­gebiet zwischen europäisch gemäßigtem und afrikanisch heißem Klima liege, könnten schon kleine Verschiebungen schwerwiegende Folgen haben. Darüber hinaus ist die Insel mit ihrer teils stark bebauten Küste vom prognostizierten Anstieg des Meeresspiegels direkt betroffen.

Das sei weniger ein Problem für Naturstrände wie Es Trenc - hier verschiebe sich die Meereslinie, und das Dünensystem passe sich an, so Gomis -, als vielmehr für Stadtstrände. Paradebeispiel ist die Playa de Palma - die direkt hinter der Promenade gebauten Hotels können schließlich nicht einfach versetzt werden, wenn der Meeeresspiegel nach derzeitiger Einschätzung im Laufe eines Jahrhunderts um 70 Zentimeter steigen könnte. Das Forschungsinstitut Imedea hat das im Fall der Playa de Palma bereits vor Jahren im Auftrag des Playa-Konsortiums erforscht, „unser Bericht schlummert aber in irgendeiner Schublade", so Gomis. Ein Problem dürfte der Anstieg des Meeresspiegel zudem für so einige Kaimauern werden.

Und auch der Temperaturanstieg trifft die Balearen mit voller Breitseite: längere Hitzewellen, höhere Maximaltemperaturen, mehr tropische Nächte. Je nach Modell wird mit einem Anstieg von 0,5 Grad alle zehn Jahre gerechnet. Als Beispiel für die Folgen nennt Klima­forscher Gomis die ökologisch so wichtigen Seegras-Wiesen. „Ab einer Wassertemperatur von 28 Grad beginnen sie abzusterben." Solche Werte würden zwar auch jetzt schon erreicht, allerdings nur kurze Zeit. Generell könnten sich Ökosysteme bei einer Temperatursteigerung von bis zu zwei Grad noch anpassen - bei mehr werde es kritisch.

Die Hausaufgaben in Sachen Klimawandel umfassen nicht nur eine Minderung der Emissionen, sondern auch Maßnahmen für die Befestigung der Küste. Einen langen Katalog mit Vorschlägen hat das spanische Infrastrukturministerium vorliegen, eine Entscheidung ist aber noch nicht gefallen.

Zunächst steht der Pariser Klimagipfel an - und Gomis ist zuversichtlich, dass diesmal mehr herauskommt als bei früheren Ausgaben und sich auch die großen Klimasünder USA und China bewegen. Zum einen seien die Erkenntnisse der Klimaforscher inzwischen mehrheitlich akzeptiert. Zum anderen sei die Erwartungshaltung so hoch wie nie zuvor.

Damià Gomis hält am Donnerstag (26.11.) um 20 Uhr einen Vortrag über den Klimawandel bei den Umweltschützern des Gob, C/. Manuel Sanchis Guarner, 10, Palma.

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