Ende November haben die Fischer auf den Balearen ihren neuen Verbandsvorsitzenden gewählt. Das Amt wird wie in den vergangenen acht Jahren auch die nächsten vier Jahre Joan Cànaves ausüben. Der Fischer aus Portocolom will künftig nicht nur die Interessen der balearenweit 16 Fischerzünfte vertreten, sondern zusammen mit Fischern vom spanischen Festland und aus anderen Mittelmeeran­rainer­staaten für ein besseres Standing bei den Behörden in Madrid und Brüssel sorgen.

Herr Cànaves, welchen Sinn hat diese Allianz - haben Fischer in Andalusien oder gar Italien wirklich die gleichen Sorgen wie ihre Kollegen auf Mallorca?

Die Probleme sind tatsächlich nicht allzu verschieden. Vor der Verabschiedung der europäischen Fischerei­verordnung fürs Mittelmeer im Jahr 2006 wurden wir als Sektor schlichtweg übergangen. Und nun ist es Vorschrift, dass beispielsweise die Fäden unserer Schleppnetze viel dünner sein müssen als früher, was zur Folge hat, dass sie ständig reißen. Da sieht man, dass die Verordnung an einem Schreibtisch in Brüssel entstanden ist, ohne sie in der Praxis zu testen. Unser Ziel ist deshalb, dass wir künftig mehr Mitspracherecht bekommen, wenn auf EU-Ebene Entscheidungen getroffen werden. Ein erster Schritt hierzu ist ein regionen­übergreifender Verband, unter anderem mit Katalonien, Valencia und Andalusien, der bereits im Entstehen ist.

Bei „llampuga" (Goldmakrele) und „jonquillo" (Glasgrundeln)gibt es keine EU-Vorschriften, denn die werden nur auf Mallorca gefischt - trotzdem wünschen Sie sich gerade für diese beiden Arten striktere Fangbestimmungen?

Ja, beim jonquillo sind die Fangmengen bereits im Detail geregelt. Für die llampuga dagegen fehlt so ein Detailplan noch. Bisher ist nur festgelegt, dass pro Schiff und Tag nicht mehr als 200 Kilo rausgeholt werden dürfen - wobei das nicht die Behörden vorschreiben, das haben vielmehr die Fischer freiwillig vereinbart. Dieses Limit hat uns bereits zu deutlich besseren Preisen verholfen. Aber wir bräuchten

darüber hinaus Vorgaben, wie hoch das Fangvolumen etwa aufs ganze Jahr gesehen sein darf.

Setzen Sie sich nur für solche Limits ein, um mehr Geld zu verdienen, oder auch, um die Fisch­bestände zu schonen?

Die Zeiten, in denen man so viel aus dem Meer rausholte, wie irgendwie ging, sind vorbei. Wir wissen inzwischen, dass der Ertrag nur so hoch sein darf, dass die Fischerei noch nachhaltig ist. Das heißt, dass wir den Beständen genug Zeit geben müssen, um sich zu erholen.

Derzeit werden auch die Rufe immer lauter, die Steilküste im Norden der Insel in ein Schutzgebiet zu verwandeln. Was halten Sie davon?

Das ist ein dringend notwendiger Schritt. Um die Fischbestände an der Nordküste ist es mit Abstand am schlechtesten bestellt, das Meer am Fuß der Tramuntana ist leer gefischt. Die Fischer von Sóller und die Gemeinde fordern das seit Langem, in den Augen des Verbandes sollte das Reservat aber über die Küste von Sóller hinausgehen. Es könnte von Banyalbufar bis nach Pollença reichen. Das Ziel, das wir damit verfolgen, lautet in erster Linie: mehr Kontrolle und klare Regeln sowie Limits für alle Arten von Fischern. Die Umsetzung wird natürlich Geld kosten, aber ich denke, in einigen Jahren ist so ein Projekt realisierbar. Es gibt schließlich niemanden, der dagegen ist.

Anders ist es bei der Ausweitung des Meeres-Nationalparks um das Cabrera-Archipel. Warum finden Sie das nicht genauso gut?

Das Problem im Fall von Cabrera ist, dass sich das Schutzgebiet um das Zehnfache vergrößern würde und in diesem Gebiet aktuell vier Boote mit Schleppnetzen fischen, die durch ein Verbot ihre Lebensgrundlage verlieren würden. Man muss deshalb eine Lösung finden, die es diesen vier Fischern erlaubt, trotz einer Ausweitung weiterhin ihre Arbeit auszuüben. Ich persönlich bin davon überzeugt, dass beides problemlos vereinbar wäre - zumal die Fischbestände rund um Cabrera top in Schuss sind.

Der Geschäftsführer Ihres Verbands forderte kürzlich ein restriktiveres Vorgehen gegen die Hobby-Angler der Insel. Richten die tatsächlich so viel Schaden an?

Wer mit seinem Boot am Wochenende rausfährt, um sich sein Mittagessen zu angeln, der richtet ­keinen Schaden an. Das Problem ist aber, dass unter dem Deckmantel des Hobby­fischens im großen Stil Fischwilderei betrieben wird. Der Fang wird dann schwarz verkauft, etwa an Restaurants, das gibt es in allen Häfen. Diese Leute haben teils potente Motorboote oder fischen mit professionellen Methoden, was absolut verboten ist. Ich habe diese Woche in Portocolom jeden Tag ein Boot beobachtet, das mit Licht nach Tintenfischen jagte. Das dürfen aber nur Berufsfischer.

Warum geht keiner dagegen vor, wenn es so offensichtlich ist?

Die Guardia Civil schreitet manchmal ein, dann kommt ein Presse­bericht - und das Thema wird wieder vergessen. Solange aber Polizei und Verwaltung nicht vehement dagegen vorgehen, wird sich nichts ändern.

Kann man heutzutage wieder bedenkenlos Roten Thun essen?

Ja, die Bestände haben sich in den vergangenen Jahren sehr gut erholt. Allerdings würden wir ihn angesichts dieser Tatsache auch gerne selbst fischen. Bislang dürfen wir nur knapp 8.000 Kilo pro Jahr als Beifang herausholen. Die richtigen Fangrechte haben dagegen Fischer vom Festland und sogar aus Frankreich. Unser Wunsch wäre es, dass sich zumindest ein paar traditionelle Fischer von hier im Juni und Juli ausschließlich dem Thunfisch-Fang widmen könnten. Damit die Erträge vor Ort bleiben.