Nicht bei allen stieß die Kunde vom künftigen Naturschutzgebiet Es Trenc auf Begeisterung. „Wir sind dagegen, den Naturschutz weiter auszudehnen. Wir hätten uns vielmehr einen Schritt zurück gewünscht", schreibt Sebastià Sagreras, Bürgermeister der Gemeinde Campos, auf Facebook. Mit dieser Meinung wisse er den Großteil der Bevölkerung hinter sich. Der Politiker der konservativen Volkspartei (PP) kündigte Eingaben gegen das Gesetzesprojekt der balearischen Linksregierung an.

Das Vorhaben, das Umweltminister Vicenç Vidal am ersten Arbeitstag nach Ostern am Dienstag (29.3.) vorstellte, ist ein Meilenstein in der balearischen Naturschutzpolitik. Das Projekt, den Naturstrand und das dahinter liegende Dünensystem zum Naturschutzgebiet zu erklären, kommt mit großer Verzögerung - schon vor 25 Jahren war dies im balearischen Naturschutzgesetz (LEN) vorgesehen gewesen, wie Minister Vidal auch im MZ-Interview vergangener Woche betonte.

Jetzt ist es so weit, Vidal sprach von einem „historischen Tag": Das künftige Schutzgebiet Es Trenc-­Salobrar soll insgesamt 1.448 Hektar zu Land und 2.225 Hektar zu Wasser umfassen. Neben einem umfassenden Konzept zum Schutz von Flora und Fauna sowie zur Renaturierung des Dünensystems wird es vor allem neue Auflagen für den Zugang zum knapp drei Kilometer langen Strand zwischen Sa Ràpita und Colònia de Sant Jordi an der Südküste Mallorcas geben. Die Zahl der Parkplätze wird auf 1.500 beschränkt, das sind rund 500 weniger als bislang: 300 in Ses Covetes selbst, 800 an der Zufahrtsstraße zu dem Ort sowie 400 an der Zufahrtsstraße nach Es Salobrar, im zentralen Bereich des Strands.

Das Limit von 1.500 Parkplätzen sei in Abhängigkeit von der Belastbarkeit des Strands errechnet worden, so Vidal - mehr Besucher verkrafte das Ökosystem nicht. Die Folgen des jahrelangen Laisser-faire hat das Ministerium in einem ausführlichen Dossier dokumentiert: Mitte der 80er-Jahre begann die Erosion. Allein zwischen 1997 und 2002 schrumpfte der Strand um rund 20 Meter, streckenweise sogar um bis zu 30 Meter, wie Satellitenbilder belegen. Waren die aus dem Spanischen Bürgerkrieg (1936-1939) übrig gebliebenen Bunker am Strand früher einmal zur Hälfte von Dünen begraben, ist heute ihre gesamte Struktur sichtbar.

Dabei ist es nicht so, dass für Es Trenc keinerlei Schutzauflagen gelten. Bereits seit dem Jahr 1984 ist das Gebiet ANEI, was allerdings vor allem baurechtliche Auflagen zur Folge hat und den Bauherren jener Apartmentsiedlung in Ses Covetes zum Verhängnis wurde, die nach einem 20-jährigen Gerichtsstreit vor drei Jahren abgerissen werden musste. Hinzu kommen Auflagen im Rahmen der europäischen Fauna-Flora-Habitat- sowie der Vogelschutz-Richtlinie, die im Spanischen mit LIC oder mit ZEPA abgekürzt werden. Zu diesem Abkürzungsgemenge kommen nun noch ein PORN (Pla d´Ordenació de Recursos Naturals) hinzu - dieser regelt landwirtschaftliche und sonstige Aktivitäten - sowie ein PRUG (Pla Rector de Ús i Gestió), der in Zukunft die erlaubten Freizeit- und Sportaktivitäten regeln soll.

Bislang ist das sensible Dünensystem nur durch ein lose gespanntes Seil vom Strand abgetrennt, und so mancher Badegast breitet sein Badetuch lieber dahinter aus, wo er ungestört ist - nicht umsonst verbergen die Dünen auch eine Cruising-Zone. Schuld an der Erosion sind neben den Massen von Badegästen aber auch Allradfahrzeuge, die die Dünen platt fahren, eine unsachgemäße Strandreinigung - das Poseidongras, das viele Strandbesucher für Algen halten, stabilisiert den Sand - sowie fehlende Renaturierungsmaßnahmen, wie es in dem Dossier heißt.

Die konkreten Auflagen, die in Zukunft gelten sollen, müssen noch ausgearbeitet werden. Klar ist aber schon jetzt, dass sie das Aus für die bislang privat betriebenen Parkplätze bedeuten. Die hundertfach zwischen den Kiefern geparkten Pkw hatten den Finca-Besitzern fette Gewinne beschert, bis der Inselrat Ende 2014 die Zufahrt wegen fehlender Genehmigungen versiegelte. Laut dem neuen Gesetzesprojekt handelt es sich um Grundstücke, „die nicht für eine entsprechende Nutzung ausgewiesen und Gegenstand eines Enteignungsverfahrens sind". Die künftigen Parkplätze an den Zufahrtsstraßen sollen stattdessen „in die Landschaft integriert" werden - und zwar am Rande des Schutzgebiets, in größerer Entfernung vom Strand, wie einer Karte im Dossier zu entnehmen ist. Von dort könnte es laut Überlegungen im Landesministerium einen Bus-Shuttle geben.

Nicht betroffen vom künftigen Park ist das Grundstück für das Hotelprojekt von Sa Ràpita, es liegt außerhalb - doch dem hatte der Inselrat ohnehin einen Riegel vorgeschoben. Nur vage äußert sich das balearische Umweltministerium zudem zur Zukunft der Strandbars. Ihre Genehmigung fällt in die Zuständigkeit der Küstenbehörde, die wiederum der spanischen Zentralregierung untersteht. Fest steht nur, dass die genutzte Fläche nicht erweitert werden darf.

Die Konzessionen für die Chiringuitos sind eine wichtige Einnahmequelle für die Gemeinde Campos - in diesem Jahr etwa dürfte sie dank der öffentlichen Ausschreibung insgesamt mindestens 1,2 Millionen Euro einnehmen. Der Bürgermeister fürchtet durch die Naturschutzpläne denn auch in erster Linie finan­zielle Folgen: „Wenn die Touristen direkt an den Strand fahren können, beleben sie die lokale Wirtschaft und schaffen Jobs", so Sagreras auf Facebook. Die Zahl der geplanten Parkplätze sei völlig unzureichend, zudem wolle man an den eingenommenen Parkgebühren beteiligt werden. Die kritisierte Erosion des Strands werde völlig übertrieben. „Um die balearische Küste außerhalb der Gemeinde steht es deutlich schlimmer."

Im Umweltministerium hält man solche Argumente für kurzsichtig. Ein Naturschutzgebiet sei eine Qualitätsmarke, die immer mehr wertgeschätzt werde, Investitionen und Subventionen zur Folge habe sowie neue Vermarktungsmöglichkeiten für landwirtschaftliche Produkte aus der Region eröffne. Die Besucher profitierten zudem von erhöhten Sicherheits- und Brandschutzauflagen.

Nun wird das Projekt zunächst zwei Wochen öffentlich ausgelegt, im Mai soll dann der von der Landesregierung beschlossene Gesetzentwurf dem Balearen-Parlament vorgelegt werden. Auch wenn das Naturschutzgebiet jetzt auf dem Weg ist und ein Zeitplan steht - in diesem Jahr dürfte es am Es Trenc weiterhin ungeordnet zugehen.