Eben noch in der Seniorenresidenz Es Castellot in Santa Ponça, jetzt in Mallorcas Inselrat: Regina Moll Kammerich ist seit Freitag (18.3.) im Sozialinstitut IMAS verantwortlich für die Versorgung Pflege­bedürftiger. Kümmerte sich die Tochter des mallorquinischen Politikers, Sprachlehrers und Journalisten Josep Moll und seiner deutschen Frau Karen in den vergangenen drei Jahren um deutschsprachige Senioren in der Privatresidenz, ist die studierte Psychologin nun für öffentliche mallorquinische Altersheime zuständig. Auch die Kompetenz für Anträge zur Pflegeversicherung soll vom Sozialministerium an den Inselrat übergehen.

Wie kam der Wechsel zustande?

Ich hatte schon einmal einige Monate im IMAS gearbeitet, der jetzige Vizepräsident Javier de Juan kannte mich und hat mich angerufen, als die Stelle jetzt frei wurde. Die Entscheidung ist mir sehr schwergefallen, ich habe mich in der Seniorenresidenz sehr wohl­gefühlt. Die Frage war, ob ich diese Komfortzone verlasse und die Herausforderung annehme. Aber es hat mich gereizt, etwas in der öffentlichen Verwaltung zu machen.

Die mallorquinische Stiftung Amadip Esment übernahm Es Castellot 2011 von der Norddeutschen Gesellschaft für Diakonie, eine Phase des Übergangs begann. Gehen Sie mit dem Gefühl, ein Kapitel abgeschlossen zu haben?

Für mich war es ein langfristiges Projekt, das jetzige Angebot kam sehr überraschend. Durch den Übergang zur spanischen Leitung hatte sich gar nicht so viel verändert, ich brachte wie mein Vorgänger Uwe Daude die deutsche wie auch die spanische Mentalität mit. Und gerade jetzt fängt es an, in Es Castellot gut zu laufen - diesen Weg geht die Residenz jetzt ohne mich.

Wie hat sich die Auslastung entwickelt?

Inzwischen sind die Kosten abgedeckt. Als ich ging, waren wir bei 58 Bewohnern. Bis Jahresende wäre ich gerne auf 65 gekommen. Platz ist für bis zu 80 Bewohner.

Also noch viel Luft nach oben?

Auf jeden Fall. Aber andererseits wurde entschieden, sechs Apartments komplett zu renovieren, die schon 20 Jahre alt waren. Damit möchte Amadip die Residenz aufwerten.

Leser schreiben auf der MZ-Website, dass in Es Castellot weniger Deutsch gesprochen werde.

Meine Nachfolgerin Antonia Bayona ist Spanierin, das ist richtig. Sie ist Sozialarbeiterin und Psychologin und hat über ein Jahr in Deutschland gearbeitet, spricht also auch Deutsch. Ich habe mich auch deswegen für die neue Stelle entschieden, weil ich überzeugt bin, dass Frau Bayona das sehr gut kann. Sie hat auch schon mehrere Monate bei uns gearbeitet. Für die Bewohner ist das Kontinuität, auch wenn ihre Mentalität nicht so deutsch ist wie meine. Aber das wird mit der Neubesetzung der Sozialarbeiterstelle auch wieder ausgeglichen. Es ist nicht so, dass man nur noch den spanischen Weg gehen will.

Welche Erfahrung bringen Sie aus der deutschen Seniorenresidenz in Ihren neuen Job mit ein?

Wir wollen stärker die Personen in den Vordergrund stellen und flexibler werden, das heißt, unsere Leistungen den Bedürfnissen der Personen anpassen. Ein solches Modell wird mehr in deutschen Residenzen angewandt. Ich kenne beide Mentalitäten und bin offener für viele Sachen. Das habe ich auch an meinem Vater bewundert.

Wie lange müssen Antragsteller auf einen Altersheimplatz warten?

Derzeit sind es leider zwei Jahre. Wir haben nur noch eine einzige Warteliste für alle Residenzen, und auf dieser stehen derzeit rund 800 Personen. Die Verkürzung der Wartelisten hat für mich Priorität.

Der Vorschlag, einen Teil der Einnahmen aus der Touristensteuer für den Bau von Seniorenresidenzen zu verwenden, wurde abgelehnt. Wie finden Sie das?

Schade. Die Abgabe ist für die Umwelt gedacht, aber man könnte auch einen kleinen Teil für andere Dinge nutzen. Viele Deutsche, die hier wohnen, würden ja auch davon profitieren, wenn man zum Beispiel eine Kurzzeitpflege braucht.

In Spanien werden Senioren länger von der Familie gepflegt als in Deutschland. Wie schätzen Sie den Bedarf an Altersheimen für die kommenden Jahre ein?

Die Menschen werden natürlich immer älter. Auch wenn das Sozial­netz auf Mallorca weiterhin stark ist, sind immer mehr Kinder von Pflegebedürftigen arbeitstätig. Wir hoffen, in Zukunft mehr andere Leistungen wie zum Beispiel mobile Pflegedienste anbieten zu können.

Worin unterscheiden sich deutsche und spanische Altersheime?

Ich kann nur Vergleiche bei den privaten Residenzen ziehen. In den spanischen gibt es nur wenige Bewohner, die keine fremde Hilfe brauchen. In Es Castellot dagegen sind gut 30 Prozent noch voll fit. Viele Deutsche wollen noch selbst entscheiden, wo sie hingehen. Es gibt auch mehr Apartments.

Haben Sie nach Ihrer Zeit in Es Castellot eine Erklärung, warum sich deutsche Seniorenresidenzen auf Mallorca so schwertun?

Viele deutsche Senioren gehen zurück, weil die Pflegeleistungen in Deutschland höher sind. Viele haben auch ihre Kinder in Deutschland. Am Preis liegt es, denke ich, nicht. Wir hatten umgekehrt viele deutsche Familien, die nach ­Mallorca gezogen sind und bereits hilfsbedürftige Eltern mitbrachten. Aber auch die Wirtschaftskrise hatte Folgen - vielleicht ändert sich jetzt die Tendenz, wenn man sich in Spanien wieder finanziell sicherer fühlt.

Kommen mallorquinische Altersheime auch für Deutsche in Frage?

Man muss zunächst fünf Jahre Resident sein und die Pflegestufe zwei beantragen, dann hat man Anspruch auf die Warteliste. Außerdem gibt es Unterstützung in privaten Residenzen, bis eine Stelle in einer öffentlichen Residenz frei ist. Um an den Aktivitäten teilzunehmen, muss man natürlich Spanisch können.

Mit deutschen Senioren haben Sie also erst einmal wenig zu tun ?

Ich habe ein politisches Amt - wenn die Regierung wechselt, wird die Stelle neu besetzt. Und dann würde ich wieder bei Amadip anklopfen.