Das Geld stammte aus einer Erbschaft: 70.000 Euro hatte die alleinerziehende Berlinerin zur Verfügung, um sie möglichst gewinnbringend anzulegen. Auf der Suche nach einem lohnenden Zinssatz stieß sie auf einer seriös wirkenden Website auf ein Angebot zum Daytrading - der Begriff steht für den kurzfristigen spekulativen Handel mit Wertpapieren - und zahlte im Jahr 2013 in der Hoffnung auf Renditen von bis zu zehn Prozent den gesamten Betrag auf ein Konto ein.

Im Februar 2014 war der Konto­stand bereits auf knapp die Hälfte geschrumpft, nach einem guten Jahr schließlich auf null. Trotzdem trudelten Monat für Monat Rechnungen mit Daytrading-Gebühren von bis zu 700 Euro ein. Die Berlinerin wandte sich an eine Anwaltskanzlei, und weil es sich bei der Firma um eine auf Mallorca eingetragene S.L. handelte, landete der Fall auf dem Tisch eines deutschen Privatermittlers in Palma. Er hat den verdächtigen Geschäftsmann schließlich in einer Urlauberhochburg auf der Insel ausgemacht und Strafanzeige bei Gericht wegen Betrug und Veruntreuung gestellt. Inzwischen wurde auch ein Aktenzeichen vergeben.

Jetzt ist der Ermittler auf der Suche nach weiteren Geschädigten, in diesem sowie in weiteren Fällen - denn der alte Trick mit den hohen Renditen funktioniert derzeit besonders gut. „Bei mir häufen sich die Fälle von Anlegern, die innerhalb kürzester Zeit den Totalverlust ihrer Investition hinnehmen mussten", so der Ermittler, der aus beruflichen Gründen seinen Namen nicht in der Zeitung lesen will. Den Grund für den derzeitigen Boom bei den Betrügern sieht er vor allem in den niedrigen Zinsen von Kreditinstituten. „Banken geben keine Zinsen auf Einlagen, und auch konventionelle Börsenanlagen versprechen keine hohen Erträge. Da steigt die Risikobereitschaft." Dieser Umstand bereite den Boden für selbst ernannte Vermögensverwalter und Day Trader, die zum Teil astronomische Zinserträge in kürzester Zeit versprächen. Solche Aussichten auf hohe Gewinne zerstreuten erfahrungsgemäß die Bedenken zahlreicher Anleger.

Überweisung nach Spanien

Die verschiedenen Fälle haben viele Gemeinsamkeiten: Die mutmaßlichen Betrüger stellen sich deutschen Opfern im Internet mit professionell erstellten, seriös wirkenden Websites sowie wohlklingenden Namen vor. Die Korrespondenzbank befindet sich in Spanien, hier ist die Strafverfolgung wegen der nötigen Amtshilfe schwieriger. „Aus Kostengründen verzichten die deutschen Behörden oft auf eine Rechtsverfolgung nach Spanien."

Im jetzt zur Anzeige gebrachten Fall war eine vom verdächtigen Anbieter eingetragene S.L. nach Recherchen des Privatermittlers zwischenzeitlich vom spanischen Finanzamt geschlossen worden. Anschließend dachte sich der Verdächtige einen neuen Namen aus, über den er Abrechnungen stellte. Es bestehe wenig Hoffnung, dass die Geschädigte ihr Geld wiedersehe. „Meine Erfahrung ist, dass man da an absolute Grenzen stößt."

Virtuelle Währung als Köder

Bereits zur Anzeige gebracht ist auch ein zweiter Fall. Auch hier fiel das Opfer auf einen vermeintlich seriösen Online-Auftritt herein, als Anlage wurde der Handel mit virtuellen Währungen angepriesen. Der Anbieter saß dabei nur vermeintlich in Irland - auch hier wurde der Betrag von 12.000 Euro auf eine Korrespondenzbank auf Mallorca eingezahlt. Die Kontoverwalterin hat der Privatermittler in einer Siedlung auf der Insel ausgemacht. Nach einer ersten Kontaktaufnahme ging sie auf Tauchstation.

7 Millionen Euro Schaden

In einem dritten Fall liegt der Gesamtschaden der mehr als hundert Anleger bei rund 7 Millionen Euro. Versprochen wurden acht bis zwölf Prozent Zinsen, der Anbieter saß diesmal in Schweden, die Korres­pondenzbank aber wieder auf Mallorca. Als der Betrug aufflog, war nichts mehr zu holen. „Die Konten waren auf null gesetzt", so der Ermittler. Auch wenn der Fall in Deutschland bereits gerichtlich ­aufgearbeitet wurde - die Verdächtigen wurden zu Gefängnisstrafen verurteilt -, ist die Sache auf Mallorca noch nicht ausgestanden. Denn die Opfer in Spanien werfen der Bank, auf der das Geld für die Anlage eingezahlt wurde - einer ehemaligen Sparkasse -, die Verletzung ihrer gesetzlichen Aufsichtspflicht vor. Wie sich bei den Ermittlungen herausstellte, hatte eine andere Bank zuvor ein erstes Konto des Anbieters wegen Betrugsverdachts geschlossen.

Privatbank in Afrika

Und dann gibt es noch einen weiteren Fall, auf den der Privatermittler gestoßen ist. „Das ist eigentlich noch kein richtiger Fall, aber das wird mit Sicherheit einer werden." Hier tritt der Anbieter als Unternehmensgruppe auf, zu der auch eine Privatbank gehört, und arbeitet zudem mit Empfehlungsmarketing. Die Bank ist in einem afrikanischen Land eröffnet, „eine Lizenz bekommen Sie dort für 1.500 Euro", so der Ermittler, „die haben dort auch mit Sicherheit keine Büroräume." Stattdessen gibt es wieder eine S.L. in Spanien, in diesem Fall auch mit Büroräumen auf Mallorca. Im Angebot sind sogenannte binäre Optionen, spezielle Termingeschäfte an der Börse. Im Affiliate-Programm verspricht der Anbieter für Empfehlungen bis zu zehn Prozent Provision sowie Gewinnbeteiligungen. In Deutschland betrieben die Anbieter nach Recherchen der Ermittlers ähnliche Geschäfte - und legten Pleiten hin.

Wie verbreitet die Masche derzeit ist, bekam der Ermittler unlängst selbst zu spüren. Auch er wurde im Bekanntenkreis angesprochen, ob er nicht beim Anlegen und Weiterempfehlen mitmachen wolle. Aus 300.000 Euro könnten in einem Jahr so 3 bis 6 Millionen werden. Das Angebot war Grund genug, ein bisschen zu recherchieren. Der Ermittler stieß so schnell auf einen öffentlichen Warnhinweis der spanischen Wertpapierkommission (CNMV) aus dem Jahr 2010. Für den Anbieter liege keine Registrierung vor, heißt es darin, er sei nicht autorisiert zum Wertpapierhandel.

Betroffene können sich direkt an den Ermittler wenden (E-Mail: info@vsspanien.info).