Die Pfützen auf den Äckern rund um Sa Pobla waren noch nicht verschwunden, als der Regen erneut einsetzte. So willkommen die Niederschläge sind, damit sich die im vergangenen Jahr stark reduzierten Grundwasservorkommen Mallorcas wieder auffüllen, so sehr schaden sie der Ernte. „Wir werden beim Export der Frühkartoffeln sicherlich zwei bis drei Wochen verlieren", meint Joan Simonet, Geschäftsführer der Bauernvereinigung Asaja.

Vor allem die ganz frühe Kartoffel erzielt normalerweise die besten Gewinnmargen - dann, wenn es in den nordeuropäischen Ländern noch keine heimische Konkurrenz auf dem Acker gibt. „Wenn wir nicht bald liefern können, schnappen uns die ägyptischen und israelischen Bauern den europäischen Kartoffelmarkt weg", befürchtet Simonet. Er beziffert die Schäden allein der Bauern seiner Vereinigung mit rund 2 Millionen Euro. Die Gemeinde Sa Pobla hat der balearischen Landesregierung noch einmal 2,2 Millionen Euro Schaden bei der Kartoffelernte gemeldet.

Der harte Winter und die Wetterkapriolen der vergangenen Woche in Südeuropa haben den gesamten Obst- und Gemüsehandel in Europa durcheinandergeschüttelt. Da Länder wie Spanien, Italien oder Griechenland dank milderer Temperaturen gewöhnlich schon ernten, während in Deutschland noch Bodenfrost herrscht, haben die Ernteausfälle im Süden direkte Folgen für das Angebot im Supermarkt im Norden. Verbraucher in Deutschland müssen für Salatköpfe, Gurken und sonstiges Gemüse deutlich tiefer in die Tasche greifen. In Großbritannien rationierten Supermarkthändler sogar die Frischware.

Teure Zukäufe auf Mallorca

Mit den Wetterkapriolen kämpft auch das landwirtschaftliche Unternehmen Agroilla, das auf Mallorca rund 700 Hektar bewirtschaftet, in erster Linie die Insel versorgt und rund 75 Prozent der verkauften Produkte selbst anbaut. Einbußen durch die ­Witterung kämen immer wieder vor, so Generaldirektor Jaume Julià gegenüber der MZ. Doch diesmal seien zu viele Dinge zusammengekommen: die Trockenheit des vergangenen Sommers, dann die Überschwemmungen, Hagel, Sturm, erneuter Regen. Und da gleichzeitig der Anbau auf dem spanischen Festland und in weiteren Ländern in Mitleidenschaft gezogen worden sei, habe man nun teuer zukaufen müssen. „Wir mussten als Großhändler zum Teil bis zu 100 Prozent mehr zahlen", so Julià, „da können Sie sich vorstellen, wie sich das auf den Preis beim Endkunden auswirkt." Besonders groß seien die Ausfälle bei Zucchini, Auberginen oder Kohl gewesen.

Was die Witterung bei den Kartoffeln anrichtete, erklärt Simonet von Asaja: Während die Felder unter Wasser standen, wurden die Knollen nicht ausreichend mit Sauerstoff versorgt und wuchsen ­langsamer. Dort, wo das Wasser gar nicht abfloss, dürften zahlreiche Kartoffeln ganz verfault sein. Und dann kamen die starken Windböen von bis zu 87 Stundenkilometern in Sa Pobla hinzu, die das Blattwerk ausrissen. Folge: Ebenfalls zu wenig Sauerstoff, langsameres Wachstum und damit eine geringere Ernte.

Die Sturmböen beschädigten auf Mallorca nicht nur Gewächshäuser, sie wurden insbesondere auch den Orangenbauern von Sóller zum Verhängnis. Rund ein Fünftel der Früchte sei zu Boden gefallen, heißt es in der Kooperative Sant Barteomeu - wobei die Schäden sehr unterschiedlich ausfallen und vor allem die bereits reifen Orangen der Sorten nável und navelate sowie auch ältere Bäume betrafen, die weniger gut gepflegt sind.

Während manche Plantagen den Sturm gut überstanden, seien auf anderen Fincas 80 Prozent der Früchte von den Ästen gerissen worden, erklärt Unternehmer und Exporteur Franz Kraus (Fet a Sóller). Diese seien zwar für den privaten Gebrauch bedenkenlos verwendbar, solange sie nicht aufgeplatzt seien, dürften aber nicht mehr industriell verarbeitet werden.

Die Folgen der Witterung sind von der jeweiligen Orangensorte sowie auch der Behandlung der Bäume abhängig. Der Mix aus starken Regenfällen, anschließender Wärme und heftigem Wind setzt einen chemischen Prozess an den Bäumen in Gang, der die Früchte vom Baum fallen lässt. Dem lasse sich jedoch vorbeugen, indem die Bäume mit einem Schutzmittel behandelt werden, erklärt Kraus.

Späte Pflanzung, späte Ernte

Die Wetterkapriolen haben noch weitergehende Folgen, vor allem für frühe Gemüsesorten, deren Setzlinge im Treibhaus gezogen wurden und jetzt eingesetzt werden müssten - wenn denn die Äcker nicht zu schlammig wären, um sie mit dem Traktor zu bestellen. Beispielsweise sei schon jetzt abzusehen, dass sich die Ernte der Wassermelonen verzögern werde, so Simonet. Werden sie normalerweise im Januar gepflanzt und ab Mai geerntet, dürfte es dieses Jahr bis Juni oder Juli dauern. „Dann wird es auf einen Schlag ein großes Angebot geben, und die Preise geben wieder deutlich nach", fürchtet Julià von Agroilla.

Nun hoffen Mallorcas Bauern auf das Verständnis der Konsumenten für höhere Preise am Obst- und Gemüsestand sowie auf Hilfen von der Landesregierung. Und natürlich auf die Witterung. „Das Schlimmste wäre jetzt Nachtfrost", meint Joan Simonet. Zum Glück soll es vorerst mild bleiben.