Martin Köhler ist immer noch aufgebracht. Er hatte kurz nach dem Jahreswechsel eine Woche im neuen Fünf-Sterne-Hotel Llaut Palace an der Playa de Palma verbracht. „Es entstand der Eindruck, dass das Hotel nicht fertig ist", sagt der Österreicher der MZ am Telefon. „In unserem Zimmer haben Nachttischlampen und ein Telefon gefehlt. Zudem war die Bedienung für die Klimaanlage aus der Wand gefallen." Wie ihm erging es auch zahlreichen weiteren Gästen, die kurz nach der Eröffnung in der Luxus-Unterkunft Urlaub machten. Auf den einschlägigen Internetportalen sind zahlreiche schlechte Bewertungen zu finden, die sich über unfähiges Personal, undichte Duschkabinen und Baustaub auslassen.

Hoteldirektor Pepe Frau empfängt die MZ am Dienstag (7.2.). Von großen Baustellen ist mittlerweile nichts mehr zu sehen. Im Garten hinter dem Gebäude bastelt ein einzelner Handwerker an der Technik. „Die Lampen müssen noch angebracht werden", sagt der Direktor. Von außerhalb des Hotelgeländes ist Arbeitslärm zu hören. Doch kaum passiert man die Eingangstür sind nur noch die sanften Klänge der Lounge-Musik zu vernehmen. Insgesamt geht es im Llaut Palace sehr ruhig zu. „Wir sind aktuell nur zu 35 Prozent belegt", sagt Pepe Frau. „Das ist normal, wenn nicht sogar gut, für ein neues Hotel zu dieser Jahreszeit."

Die Eröffnung des Llaut Palace war für den 21. Dezember geplant. „Aufgrund des Unwetters in den Tagen zuvor konnten wir den Termin aber nicht einhalten. Die Straßen waren überflutet, die ­Baumaterialen wurden nicht geliefert." Etwa zehn der 186 Doppelzimmer waren gebucht. Die Gäste schickte der Direktor für die ersten Nächte in die anliegenden Hotels der Ketten Iberostar, Rio und Melilla. Eine Konkurrenz gäbe es nicht. „Wir sind alle befreundet. Wenn ich irgendwas brauche, dann kann ich auf sie zählen." Zu Weihnachten konnten die Gäste in das Llaut Palace zurückkehren. Mit dem Jahreswechsel gab es bei fast voller Bettenbelegung den ersten großen Belastungstest - mit bekanntem Ausgang.

„Normalerweise führen die Hotels vor der Eröffnung ein Soft Opening durch", sagt Daniel Monserrat. Er ist Projektleiter bei The Hotel Factory. Das Unternehmen in Palma steht den Hotels in beratender Funktion zur Seite. „Hierbei lädt das Hotel Freunde, Pressevertreter oder Reiseveranstalter zum Probeschlafen ein. Bei niedriger Auslastung können dann Mängel festgestellt und behoben werden."

Diesen Test hatte auch das Llaut Palace geplant. Pepe Frau hatte bereits Gäste eingeladen, musste ihnen aber aufgrund der Verzögerung im Bau absagen. „Das Soft Opening sollte mindestens zwei Wochen vor der Eröffnung über die Bühne gehen", sagt Monserrat. So wäre genügend Zeit gewesen, um die beanstandeten Fehler auszumerzen. „Ich kenne einen Fall, wo das Hotel nicht behindertengerecht war. Das haben die Gäste beim Soft Opening bemerkt. Die Rollstuhlrampen konnten dann noch installiert werden."

Die meisten Testschläfer würden laut dem Experten Kleinigkeiten bemängeln. Fehlende Einrichtungsgegenstände zum Beispiel, wie sie Martin Köhler beklagt, zählen dazu. Der Österreicher war sozusagen als realer Kunde Probegast. „Das ist absolut nicht ratsam", sagt Monserrat, der den vorgefundenen Zustand des Hotels aber für normal hält. „Das passiert bei allen Eröffnungen." Jedes kleinste Teil kann versagen. Pepe Frau vergleicht das mit einem Hausbau. „Egal ob fünf Sterne oder ein Eigenheim. Jedes Küchengerät oder Telefon kann beim ersten Gebrauch einen Defekt aufweisen", sagt er. „Der Unterschied ist, dass Sie das beim Llaut Palace mit 186 Zimmern multiplizieren müssen." Auf die undichten Duschen angesprochen, meint der Hoteldirektor, dass nur zwei Zimmer davon betroffen waren. „Wir haben den Gästen natürlich umgehend ein anderes Zimmer angeboten und sie zum Essen eingeladen."

Mehrere Probleme bei einer Hoteleröffnung gibt es auch beim Personal, da sind sich der Direktor und der Experte einig. „Für die meisten Mitarbeiter ist es der erste Arbeitstag", sagt Pepe Frau. „Es dauert seine Zeit, bis Routine eingekehrt ist." Er hat schon viele Eröffnungen mitgemacht. Den Start vom Llaut Palace bewertet er demzufolge als normal. „Es ist zu Beginn immer wie eine schwere Grippe. In Spanien gibt es keine perfekte Eröffnung. Wie das in Deutschland aussieht, weiß ich nicht."

Durch das ausgefallene Soft Opening muss das Llaut Palace nun mit den schlechten Bewertungen in den Onlineportalen klarkommen. „Die sind in heutiger Zeit lebenswichtig für jedes Hotel", sagt Monserrat. Um ein besseres Bild abzugeben, hat das Fünf-Sterne-Hotel daher unter jedem Kommentar Stellung bezogen und Besserung gelobt. Dass das keine leeren Phrasen sind, zeigen die Bewertungen im Februar, die durchweg positiv sind. Dennoch liegt der Durchschnitt noch im mittleren Bereich. „Das liegt daran, dass 95 Prozent der unzufriedenen Gäste sofort was schreiben, während nur fünf Prozent der zufriedenen Kunden einen Kommentar im Internet hinterlassen", sagt der Direktor.

Auch Martin Köhler hat seinem Ärger in einem Portal ausgelassen. „Damit ich etwas Positives schreibe, muss der Eindruck schon äußerst gut sein", sagt er. Wiederkommen oder das Hotel empfehlen will er nicht. Dabei ist es mittlerweile eigentlich ganz schön dort.