Eine große Ladung Sand für den Golfplatz T-Club Poniente hat am Mittwoch (24.5.) auf Mallorca einen großen Sturm der Entrüstung ausgelöst. Der mit mehreren tausend Tonnen beladene Frachter „Southwestern" kam am frühen Morgen im Hafen von Palma an und wurde gleich von einer - zwar kleinen, aber doch hochrangig besetzten - Demonstration in Empfang genommen. Zusammen mit den knapp 30 Aktivisten der NGO Associació d'Amics del Poble Sahrauí de Baleares (Vereinigung der Freunde des Sahrauis auf den Baleaeren) protestierte niemand Geringeres als der balearische Umweltminister Vicenç Vidal mit mehreren vor allem linksgerichteten Abgeordneten von Regionalparlament und Inselrat.

Hintergrund der Aufregung: Das Schiff importierte die für Bauarbeiten bestimmte Ladung aus El Aaiún, der Hauptstadt der von Marokko besetzten ehemaligen spanischen Kolonie Westsahara. Marokkos Handel mit Waren aus der Region ist völkerrechtlich umstritten und gilt bei vielen als politisch völlig unkorrekte „Plünderung der Ressourcen" des von Marokko als südliche Provinz beanspruchten Gebiets.

Auch aus schlechtem Kolonial­gewissen ist die tatkräftige Solidarität mit den Sahrauis bei spanischen Bildungsbürgern und Linken weit verbreitet. Viele Mallorquiner nehmen jeden Sommer vertriebene Kinder aus der Westsahara bei sich zu Hause auf, um ihnen die heißen Monate in den einfachen Flüchtlingscamps zu ersparen.

Sand, an dem Blut klebt, zum Touri-Vergnügen auf Mallorca? Die Landesregierung stieg sofort auf die Barrikaden. Zunächst schloss Umweltminister Vidal „kategorisch aus", dass der Sand - wie zunächst vermutet - zum Aufschütten mallorquinischer Strände genutzt werde. Anschließend forderte er die Zentralregierung auf, gegen den mutmaßlich illegalen Handel mit Sahara-Sand vorzugehen.

Die Guardia Civil wurde eingeschaltet, prüfte die Unterlagen für den Sandimport und kam zu dem Ergebnis, dass es keine Grundlage gebe, das Löschen der Ladung zu verhindern: „Die Unternehmen verfügen über alle notwendigen Unterlagen und Genehmigungen für die Einfuhr", bestätigte ein Sprecher der Guardia Civil der MZ.

Entsprechend überrascht reagierte auch einer der Empfänger des Sands auf die bohrenden Fragen: „Ich weiß nicht, woher der Streit um den Sand kommt", versicherte der Direktor des Golfclubs, Borja Ochoa, der MZ telefonisch am Mittwochabend. Er habe den Sand - 3.000 Tonnen - wie üblich bei seinem mallorquinischen Großhändler bestellt und Qualität und Herkunft geprüft. Er stamme aus einem marokkanischen Steinbruch. Dass dies zu einem Aufschrei der Entrüstung führen könnte, sei ihm unverständlich. Der Besuch der Guardia Civil habe ihn entsprechend verwundert. Und die habe schließlich festgestellt, dass alles in Ordnung sei.

Ganz anders sieht das der balearische Freundesverband der Sahrauis, der gegen den Import Anzeige erstattete und sich dabei auf europäisches Recht beruft. Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hatte erst im Dezember 2016 den Sonderstatus des von Marokko beanspruchten Gebiets Westsahara bekräftigt. Das Handelsabkommen der EU mit Marokko gilt deswegen zum Beispiel nicht für Waren aus dem seit 1975 besetzten Gebiet, dessen Bevölkerung die Unabhängigkeit fordert. Bei dem Streit geht es wirtschaftlich nicht nur um Sand, sondern vor allem auch um Fischerei und den Abbau von Bodenschätzen wie insbesondere Phosphat.