Anfang Juni wurden plötzlich die Blätter braun. Jetzt im September ragen nur noch nackte Äste in den Himmel. Die Plantage mit Mandel- und Johannisbrotbäumen bei Santa Margalida gehört dem Fondsmanager Hans Brauwers aus Düsseldorf. „Die Mandeln wurden von Jahr zu Jahr kleiner und die Ernte immer spärlicher", sagt er. Im Jahr 2000 hatte der Düsseldorfer die Finca Castellet mit gesundem Baumbestand erworben. Dieses Jahr ließ er von den 140 alten Mandelbäumen zehn bereits abgestorbene fällen. Ein Beamter der Landesregierung, der im Dorf wohnt, nannte ihm die Diagnose, seither ist sich der Fincabesitzer sicher, dass seine Bäume vom Feuerbakterium Xylella fastidiosa befallen und nicht mehr zu retten sind.

Die Diagnose

„Einen eindeutigen Befund liefert ausschließlich eine Untersuchung im Labor", sagt Andreu Joan, der beim balearischen Landwirtschaftsministerium für das Bakterium zuständig ist. Die Xylella bewirkt in Gehölzen, dass der Wasser- und Nährstoffhaushalt einer Pflanze blockiert wird, die Blätter der infizierten Pflanze verfärben sich gelb, die Früchte fallen klein aus und nach zwei, drei Jahren stirbt der Baum völlig ab.

Ein wirksames Mittel gegen den Erreger gibt es bisher nicht. Untersuchungen des Befalls von US-amerikanischen Plantagen sowie in Olivenhainen Italiens bewiesen, dass Zikaden die Überträger (Vektoren) des Bakteriums sind. Da sie jedoch nur in kleinem Radius aktiv sind, und die Krankheit auch nicht durch Schnittwerkzeuge übertragen wird, steht fest, dass das Feuerbakterium mit kommerziell versandten Gewächsen auf die Inseln kam. Es ist zu vermuten, dass die Pflanzenkrankheit schon seit Langem auf der Insel wütet, öffentlich wurde sie erst im Oktober 2016 in Porto Cristo. Der Naturschutzbund Gob wirft deshalb der Regierung Nachlässigkeit vor und fordert eine Biokonzept für die Inseln.

Die Überträger

Immer mehr Mandelbäume zeigen jetzt Äste mit abgestorbenen Blättern. „In den nächsten Wochen werden die Inspektoren auf der gesamten Insel Laborproben sammeln", sagt Miquel Angel Miranda von der Balearen-Universität, der seit Februar 2017 in der zoologischen Fakultät die - für die Übertragung der Bakterien verantwortlichen - Insekten erforscht. „In einem Monat werden wir wissen, ob die Wiesenschaumzikade (Philaenus spumarius) wirklich die Hauptverantwortliche für den Befall ist", sagt Miranda. Dieses Insekt zähle von jeher zur Fauna der Balearen, es bewege sich in einem Radiusvon 100 Metern. Deshalb mussten Plantagen- und Gartenbesitzer bisher eine Abholzung in dieser Größenordnung befürchten. Nach der neuesten EU-Entscheidung­ muss lediglich das erkrankte Gewächs entfernt werden. „Ergibt die Laboranalyse einen positiven Befund, muss der Baum gefällt, die Wurzel entfernt und direkt vor Ort verbrannt werden", sagt Andreu Joan.

Das Landwirtschaftsministerium hält Schädlingsbekämpfungsmittel gegen die Larven mehrerer Zikadenarten bereit. Diese schlüpfen im Mai und Juni aus. Mit diesen Mitteln könnte man gesunde Pflanzen in der Umgebung erkrankter schützen, in dem man die Überträger ausmerzt.

Ähnliche Befunde

Doch der Ast eines Mandelbaums, dessen Blätter sich vom Grünen ins Braune verfärben, muss nicht unbedingt vom Feuerbakterium befallen sein. Da gibt es noch die von den Mallorquinern brot sec (Trockener Trieb) genannte Krankheit, die von einem Pilz ausgelöst wird und durch gute Pflege kuriert werden kann. Tödlich für die almendros ist dagegen der fong de la fuster, ein weiterer Holzpilz, dessen Sporen sich von den Baumsäften nähren. Doch im Gegensatz zum Feuerbakterium geben sich diese Holzschädlinge mit Mandelbäumen zufrieden. Im Labor des Landwirtschaftsministeriums untersucht man den Pilzbefall schon seit Längerem. Auf den Xylella-Erreger stieß man seltsamerweise in diesem Zusammenhang nicht.

Befallen oder gefährdet

Da Zikaden mit ihrer Ernährung nicht wählerisch sind, gelten mittlerweile über 300 Pflanzen auf den Balearen als gefährdet. Da die Ausfuhr der Pflanzen verboten ist, hängt sie auch an den Flughäfen aus.

Mittlerweile ist das Feuerbakterium bei 14 Pflanzensorten auf den Balearen festgestellt worden. Beispielsweise bei Mandel-, Pflaumen-, Kirsch-, Feigen- und Oliven­bäumen sowie Wildolive, Rebstöcken, Rosmarin und Oleander. Ganz neu sind jedoch die positiven Befunde folgender Ziergewächse: Weidenblatt-Akazie, Montpellier-Zistrose, Lavendel, Schmalblättrige Esche und Kreuzblume. Im Garten bei Santa Margalida wachsen einige der zuletzt genannten Pflanzen. Vielleicht sind sie nicht in Gefahr, denn die Finca Castellet wird regelmäßig gepflügt, es wächst kein Unkraut zwischen den Bäumen, das Nistplätze für die Zikaden bieten könnte. Wenn Hans Brauwers die Ergebnisse der Laborproben in Händen hält, wird er wissen, ob er das Feuerbakterium im Garten hat und er auch mit der ­Erkrankung anderer Sorten ­rechnen muss.

Download: Diese Pflanzenarten sind gefährdet